Neuer Therapieansatz für aggressive Hirntumorart31. Dezember 2024 CT-Scans vom Gehirn (Foto: © piai – stock.adobe.com) Das diffuse hemisphärische Gliom ist eine Gehirntumorerkrankung mit einer Überlebensprognose von durchschnittlich weniger als zwei Jahren und eingeschränkten Therapieoptionen. Ein Forschungsteam von MedUni Wien und AKH Wien, Österreich, hat nun einen vielversprechenden Therapieansatz identifiziert. Die dem diffusen hemisphärischen Gliom (DHG) zugrundeliegenden molekularen Mechanismen wurden erstmals vor gut zehn Jahren charakterisiert und führten dazu, dass das DHG mittlerweile als eigenständige Hirntumorart gelistet wird. Bisher konnte dieses Wissen aber nicht in effizientere Therapiemöglichkeiten umgesetzt werden. Die aktuelle Forschungsarbeit unter der Leitung von Johannes Gojo (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde) und Walter Berger (Zentrum für Krebsforschung) konnte zeigen, dass die Tumorzellen einen speziellen Mechanismus nutzen, um „unsterblich“ zu werden. Dieser Mechanismus geht aber mit erhöhtem Stress aufgrund von vermehrten DNA-Schäden einher. Und genau diese „Verletzlichkeit“ identifizierte die Forschungsgruppe als neuen therapeutischen Ansatz und zeigte, dass das gezielte Auslösen weiterer DNA-Schäden unter gleichzeitiger Hemmung der DNA-Reparatur einen vielversprechenden Therapieansatz für diese aggressive Tumorart des Gehirns darstellt. Die Studie wurde im Rahmen eines TRANSCAN-2 EU-Projektes durchgeführt, in dem das Potenzial von PARP-Inhibitoren für pädiatrische solide Tumoren untersucht wird. PARP-Inhibitoren haben die Behandlung von Brust-, Eierstock- und Prostatakrebs mit defekten DNA-Strangbruch-Reparaturmechanismen, auch als Breast Cancer(BRCA)-Gen-mutierte Tumoren bekannt, revolutioniert. Das europaweite Projekt knüpft an internationale Vorstudien an, die zeigten, dass bestimmte pädiatrische Tumoren Mutationen in Genen aufweisen, die zu einer defekten Reparatur von DNA-Schäden führen können, also ähnlich wie bei BRCA-mutierten Tumoren bei Erwachsenen. Kombinationstherapie erhöht den Stressdruck der Tumorzellen Histone sind Eiweißmoleküle, die Lage und Funktion der DNA strukturieren und somit an der Funktionalität und der Regulation der Genexpression beteiligt sind. In Zusammenarbeit mit Christian Lehmann in der Gruppe von Jürgen Knoblich (MedUni Wien/AKH Wien/IMBA) veränderten die Forschenden Stammzellen so, dass sie die gleichen Mutationen aufweisen wie beim seltenen DHG. Dadurch zeigte sich, dass typische molekulare Veränderungen dieses Hirntumors einen Mechanismus zur Verlängerung der Telomere auslösen. Dies führt bei den Tumorzellen zu einer Art „Unsterblichkeit“, aber auch zu vermehrten DNA-Schäden. „Die Tumorzellen hängen von einer Kombination aus Mutationen ab, die ihnen das Überleben ermöglicht, gleichzeitig aber Angriffspunkte für Therapien schafft“, erklärt Studienleiter Berger. Mit internationalen Partnern konnten die Wiener Forschenden zeigen, dass Tumorzellen auf eine Kombinationstherapie mit PARP-Inhibitoren ansprechen. „Diese Medikamente blockieren die Reparatur von DNA-Schäden – ein Mechanismus auf den die Tumoren angewiesen sind. Zusätzlich wurde ein sogenannter Topoisomerase-Inhibitor eingesetzt, ein Wirkstoff, der DNA-Brüche verursacht und den Stress auf die Tumorzellen verstärkt. Diese Kombination führt zu irreparablen Schäden, sodass Tumorzellen absterben oder ihr Wachstum gestoppt wird“, erklärt Erstautorin Anna Lämmerer den essenziellen Teil der Therapie. Die hier entwickelte Therapiestrategie wurde bereits bei einer Patientin mit einem besonders aggressiven DHG erfolgreich angewendet. „Der Tumor, der zuvor resistent gegenüber einer Bestrahlung war, hat auf diese neue Therapie angesprochen. Unsere Erkenntnisse liefern die Grundlage für weitere internationale Studien zu PARP-Inhibitor-Kombinationen bei kindlichen Gehirntumoren“, ergänzt Studienleiter Gojo.
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