Neuer Therapieansatz für Otitis media?

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US-amerikanische Forschende berichten über die Entwicklung einer neuen Methode im Nanomaßstab zur Therapie von Otitis media. Im Tierversuch war die Methode erfolgreich gegen durch Streptococcus pneumoniae ausgelöste Infektionen.

US-amerikanische Forschende berichten in einer aktuellen Studie von einem neuen System im Nanomaßstab zur Therapie von Otitis media. Eine einmalige Anwendung soll genügen, Resistenzbildung sei unwahrscheinlich, so die Autoren der Studie, die ihre Ergebnisse auf dem Jahreskongress der American Chemical Society (ACS) Mitte August präsentiert haben.

Wie Hauptautor Ron Yang, PhD, ausführt seien sie auf die Idee zu der neuen Entwicklung gekommen, indem sie den Haushaltsreiniger Bleich unter die Lupe genommen hätte. Bleiche werde seit dem 19. Jahrhundert verwendet, trotzdem hätten Bakterien keine weitverbreitenden Resistenzen dagegen gebildet, so Yan weiter.

Nachdem sie erkannt hatten, dass das aktive Reagenz von Bleiche – hypochlorige Säure – antibiotische Resistenzbildung umgehen konnte, nahm das Team der Cornell Universität den Erreger von Mittelohrenzündungen in den Focus, die viele Kinder betreffen und oft mit Antibiotika therapiert werden.

Hypochlorige Säure gehört zu den hypohalogenen Säuren, gegen die Bakterien noch keine Resistenzen entwickelt haben. Allerdings werden die Substanzen schnell abgebaut. Yang und ihr Team suchten nach einem Weg, um die Substanz zu generieren, wenn sie gebraucht wird. Als Inspiration diente ein Enzym aus dem Riesentang, das Wasserstoffperoxid (H2O2) zu hypobromiger Säure (HOBr) umwandeln kann, die ebenfalls zu den hypohalogenen Säuren gehört.

Das Bakterium Streptococcus pneumoniae – häufiger Auslöser von Mittelohrentzündungen – produziert Wasserstoffperoxid, um andere Bakterien abzuwehren. Angelehnt an das Enyzm aus Riesentang, das Vanadium enthält, entwickelten Yang und ihre Team Nanodrähte aus Vanadiumpentoxid. Diese produzieren HOBr nur in Anwesenheit H2O2-produzierender Bakterien und ihre Stäbchenform hilft dabei zu verhindern, dass sie Körperflüssigkeiten diffundieren.

Yang und ihr Team testeten die Methode an Chinchillas, bei denen Mittelohrentzündungen von denselben Pathogenen ausgelöst werden, wie bei Menschen. Sie konnten einen Großteil von S. pneumoniae eliminieren. Nach der Behandlung mit den Nanodrähte, normalisierte sich der Zustand der entzündeten Trommelfelle. Versuche an gesunden Tieren legen nahe, dass durch die Behandlung das Gehör nicht beeinträchtigt wird.

Für ihre Experimente injizierten die Forschenden die Nanodrähte direkt in das Mittelohr der Tiere.  Inzwischen haben sie eine weniger invasive Methode entwickelt, um die Nanodrähte an Ort und Stelle zu bringen. Sie haben die Nanodrähte mit Peptiden ummantelt, die dafür bekannt sind, kleine Partikel durch das Trommelfell zu transportieren, was eine topische Therapie ermöglichte – als Gel, dass in den Gehörgang eingebracht wird. Nach Applikation des Gels, wanderten die Nanodrähte durch das Gewebe. Aktuelle untersucht die Gruppe auch andere Ansätze, um die Nanodrähte durch das Trommelfell zu bringen. Da andere Bakterien, die Mittelohrentzündungen auslösen, kein Wasserstoffperoxid produzieren, untersucht das Team auch, ob das System hier auch funktioniert, beziehungsweise wie es an andere Mikroben angepasst werden könnte.

Noch nicht untersucht ist, wie lange das System im Mittelohr verbleibt, auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Nanodrähte abfließen, nachdem die Entzündung abgeklungen ist. Trotzdem vermutet Yang, dass die Nanodrähte so angepasst werden könnten, dass sie weiter an Ort und Stelle bleiben. So könnte weiteren Mittelohrentzündungen möglicherweise vorgebeugt werden, hofft Yang.  (ja)