Neuer Therapieansatz zur Umkehr der Herzschwäche

Prof. Thomas Thum. Foto: © Cardior Pharmaceuticals GmbH

MHH-Forscher entwickeln Blockadeverbindung gegen regulatorischen Hauptschalter für Herzinsuffizienz / Veröffentlichung im Journal „Nature Communications“

Einen neuen Ansatz bei Herzinsuffizienz verfolgt Prof. Thomas Thum von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Gemeinsam mit seinem Team hat der Leiter des Instituts für Molekulare und Translationale Therapiestrategien einen Weg gefunden, den Baustein im menschlichen Erbgut auszuschalten, der die krankhafte Vergrößerung des Herzmuskels zu Beginn einer Herzinsuffizienz reguliert. Die Forschungsergebnisse hat jetzt die Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Bei der Suche nach nicht-kodierenden RNAs, die bestimmte Vorgänge in den Zellen steuern, ist das Team auf die microRNA-132 (MiR-132) gestoßen. „Sie wirkt wie ein regulatorischer Hauptschalter und ist sowohl bei Tieren als auch Menschen mit verschiedenen Herzerkrankungen deutlich häufiger in den Herzmuskelzellen zu finden als bei Gesunden“, erklärt Thum.

Um MiR-132 auszuschalten, hat das Team am IMTTS eine spezielle Substanz entwickelt. Die AntimiR-132-Verbindung ist als Antisense-Oligonukleotid wie ein Spiegelbild von MiR-132 aufgebaut und fängt das pathologisch erhöhte Vorkommen der mikroRNA ab. „Wir konnten in unseren Untersuchungen im Großtiermodell zeigen, dass die Anwendung von AntimiR-132 den miR-132-Spiegel in den Herzmuskelzellen senken und eine schwere Herzinsuffizienz umkehren kann“, sagt Thum.

Die AntimiR-132 ist unter dem Namen CDR bei Cardior Pharmaceuticals entwickelt worden, einem Biopharmaunternehmen, das als MHH-Ausgründung auf Grundlage der Forschungsarbeiten des Kardiologen Thum auf die Entwicklung innovativer Herztherapeutika spezialisiert ist.

„Wir haben unsere Leitsubstanz CDR auf Basis der Daten unserer Publikation bereits bei Patienten mit Herzinsuffizienz getestet“, sagt der Kardiologe. Bei den Patienten wird untersucht, ob bereits wenige Verabreichungen der Verbindung therapeutische Wirkungen zeigen, ohne dass Nebenwirkungen zu beobachten sind. Weitere klinische Studien sollen folgen, um die Wirksamkeit und Sicherheit des Präparates weiter zu testen.

In fünf Jahren, so hofft Thum, könnte die Next-Generation-Therapie bereits eine Marktzulassung erhalten. „Eine Infusion pro Monat wird vermutlich für eine effektive Behandlung genügen“, schätzt der Mediziner.

Publikation:

https://www.nature.com/articles/s41467-020-14349-2