Neuer Wirkstoff gegen Gefäßverkalkung7. Februar 2020 Atherosklerotische Plaques zählen zu den möglichen Konsequenzen der vaskulären Kalzifizierung. Bild: © peterschreiber.media – Adobe/Stock Wenn im Körper Blutgefäße oder andere Weichteile verkalken, ist das ein Problem. Forschende der ETH Zürich und des ETH-Spin-offs Inositec fanden nun einen Wirkstoff, der diese Gefäßverkalkung verhindert. Von einer Gefäßverkalkung sind viele Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz betroffen. Bei ihnen ist der Stoffwechsel gestört, was dazu führen kann, dass sich Kalziumsalze in Weichteilen – zum Beispiel in Blutgefäßen oder sogar auf Herzklappen – ablagern und diese verhärten. Häufige Folgen davon sind schwere Herzkreislauferkrankungen, die mitunter tödlich enden können. Bevor Patienten vom Wirkstoff profitieren können, braucht es allerdings weitere Untersuchungen und Tests. «Bei der Verkalkung handelt es sich um ins Gewebe eingelagerte Kalziumphosphatkristalle», erklärt Jean-Christophe Leroux, Professor für Galenik an der ETH Zürich. «Der Wirkstoff lagert sich an Kalziumphosphatkristalle an und verhindert so, dass diese weiter wachsen können.» Abkömmling eines Naturstoffs Das neue Molekül ist strukturell verwandt mit der Phytinsäure. Diese kommt natürlicherweise in Hülsenfrüchten und Getreide vor und bindet Phosphat und verschiedene Mineralstoffe wie zum Beispiel Kalzium, Magnesium und Eisen. Die Pflanzen nutzen das Molekül in ihren Samen, damit den daraus sprießenden Keimlingen genügend dieser Stoffe zur Verfügung stehen. Dass Phytinsäure auch in der menschlichen Blutbahn eine Wirkung entfaltet, ist schon eine Weile bekannt. Das Molekül muss dazu injiziert werden, weil es über die Verdauung nicht in den Körper aufgenommen wird. Derzeit laufen klinische Studien, in welchen andere Wissenschaftler die Wirksamkeit von Phytinsäure gegen Gefäßverkalkung untersuchen. Molekülsammlung durchforstet «Das Problem ist allerdings, dass Phytinsäure nicht besonders stabil ist und in kurzer Zeit vom Körper abgebaut wird», sagt Antonia Schantl. Sie ist Doktorandin in Lerouxs Gruppe und Erstautorin der in der Fachzeitschrift “Nature Communications” veröffentlichten Arbeit. Leroux und seine Mitarbeitenden setzten sich daher zum Ziel, das Molekül durch gezielte chemische Veränderungen zu stabilisieren. Sie entwickelten eine Reihe von verwandten Molekülen, welche die ETH patentieren ließ. Um eines oder mehrere dieser Abkömmlinge dereinst als Medikament vermarkten zu können, gründete ETH-Professor Leroux gemeinsam mit weiteren Beteiligten das Spin-off Inositec, welches von der ETH die Lizenz erwarb, die Molekülfamilie nutzen und vermarkten zu dürfen. In einem von der Schweizer Innovationsförderagentur Innosuisse mitfinanzierten Projekt durchforstete Lerouxs Gruppe an der ETH nun gemeinsam mit Inositec sowie mit Forschenden weiterer Hochschulen diese Molekülsammlung. Die Wissenschaftler testeten die Moleküle im Reagenzglas auf ihr Vermögen, das Wachstum von Kalziumphosphatkristalle im Blut zu verhindern, sowie auf ihre Stabilität. Außerdem testeten sie die Wirksamkeit in einem Krankheitsmodell in Ratten. In diesen Studien erwies sich eines der Moleküle aus der Sammlung als besonders geeignet. Bevor für den Wirkstoff eine Zulassung als Medikament beantragt werden kann, werden die Wissenschaftler der ETH gemeinsam mit Inositec sowie Dritten in weiteren Tests unter anderem Fragen der Medikamentensicherheit und der optimalen Dosierung nachgehen. An dieser Arbeit waren neben den Forschenden der ETH Zürich und von Inositec solche des Universitätsspitals Lausanne, der Universitäten Antwerpen und Edinburgh sowie der McGill University in Montreal beteiligt. Literaturhinweis: Schantl AE et al.: Inhibition of vascular calcification by inositol phosphates derivatized with ethylene glycol oligomers. Nature Communications, 5. Februar 2020, https://doi.org/10.1038/s41467-019-14091-4
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