Neues Computermodell des menschlichen Ohrs

Pavel Jungwirth, Leiter der Forschungsgruppe Molecular Modelling. Foto: IOCB Prague

Ein neu entwickeltes Computermodel des Ohrs, simuliert das Gehör von der Ohrmuschel bis zum Hörnerv. Es soll künftige Forschung erleichtern und die Anpassung von Hörhilfen und Cochlea-Implantaten verbessern.

Das detaillierte Computermodell des Ohrs, entwickelt von Prof. Pavel Jungwirth und seinem Team vom Institute of Organic Chemistry and Biochemistry der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag (Tschechien) und dem österreichischen Medizintechnikunternehmen MED-EL beruht auf den neuesten Erkenntnissen über die Physiologie und die molekularen Prinzipien des Hörens. Es soll es ermöglichen, Hörstörungen zu untersuchen, unabhängig davon, ob sie durch genetische oder äußere Faktoren verursacht werden. Es soll auch mehr Erkenntnisse über die detaillierten Mechanismen der verschiedenen Formen von Hörstörungen liefern und könnte Wege zur Verbesserung von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten eröffnen. Mit dem Computermodell können Daten gewonnen werden, die auf experimentellem Wege nur schwer zu ermitteln sind. Denn invasiver Messungen am menschlichen Ohr sind kaum möglich, die einzige Alternative sind Tiermodelle.

Das neue Computermodell des peripheren auditorischen Systems, das in der Programmiersprache und numerischen Rechenumgebung MATLAB implementiert ist, bildet detailliert ab, wie Schall im Mittel- und Innenohr in mechanische Schwingungen umgewandelt wird. Es simuliert dann, wie diese Schwingungen elektrische Signale in äußeren und inneren Haarzellen in der Cochlea auslösen und wie diese Signale durch die Wirkung von Neurotransmittern in elektrische Impulse im Hörnerv umgewandelt werden.

Auf den ersten Blick passt das Projekt thematisch nicht zum wissenschaftlichen Fokus von Jungwirths Arbeitsgruppe. Eine Mischung aus „Verrücktheit und persönlichen Gründen“ habe dazu geführt, dass er sich mit dem Thema auseinandersetzen wollte, so Jungwirth: „Mein jüngerer Sohn Matěj ist stark hörgeschädigt und ich wollte die Grundlagen des Hörens besser verstehen. Außerdem wurde mir klar, dass die Informationsübertragung im Ohr durch den Fluss von Kalzium- und Kaliumionen vermittelt wird, und das ist genau das, woran meine Forschungsgruppe arbeitet.“