Neues neurologisches Syndrom bei Kindern identifiziert

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Genetischer Defekt führt zu verzögerter Sprachentwicklung und motorischen Beeinträchtigungen.

WissenschaftlerInnen aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und weiteren beteiligten Einrichtungen haben ein neues neurologisches Syndrom bei Kindern identifiziert.

Dem Syndrom liegen Veränderungen in der RNA-Interferenz zugrunde. „Dieser Mechanismus reguliert die Expression von Genen in den Zellen, er steuert also, wie genetische Informationen im Organismus zum Ausdruck kommen und in Erscheinung treten“, sagt Prof. Hans-Jürgen Kreienkamp aus dem Institut für Humangenetik des UKE. Für die Entdeckung des Mechanismus wurden die beiden US-Wissenschaftler Andrew Z. Fire und Craig C. Mello 2006 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet.

In einer multidisziplinären Studie konnten die WissenschaftlerInnen des UKE durch klinische, genetische, neurobiologische und biochemische Untersuchungen sowie durch Computersimulationen erstmals zeigen, dass minimale Veränderungen in einer zentralen Komponente der RNA-Interferenz, dem Argonaute-2-Protein, zu einer schweren neuronalen Entwicklungsverzögerung führen. Alle der 21 untersuchten Patienten weisen eine Intelligenzminderung sowie verzögerte Sprachentwicklung und motorische Beeinträchtigungen auf. „Die Studie zeigt erstmals die zentrale Bedeutung der RNA-Interferenz und der damit verbundenen Regulation der Genexpression für die Entwicklung des menschlichen Gehirns“, erklärt Dr. Davor Lessel, der die Studie gemeinsam mit Kreienkamp geleitet hat.

An dem Forschungsprojekt beteiligt waren neben dem Institut für Humangenetik auch die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKE, der Fachbereich Chemie der Universität Hamburg sowie weitere Arbeitsgruppen aus acht Ländern.

Originalpublikation:
Lessel D et al. Germline AGO2 mutations impair RNA interference and human neurological development. Nature Communication 2020;11:5797.