Neuigkeiten vom Innovationsforum der DGS 2025

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Rund 300 Fachärzte aus ganz Deutschland trafen sich beim Innovationsforum der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) in München, um sich über neueste Erkenntnisse und innovative Therapieansätze auszutauschen.

Das Innovationsforum stand unter dem Motto „konservativ, invasiv und neuromodulativ“. Das selbst gesteckte Ziel der DGS ist es, die Versorgung von chronischen Schmerzpatienten durch eine bessere Vernetzung und interdisziplinäre Zusammenarbeit weiter zu verbessern.

Die DGS baut derzeit bundesweit Landeszentren auf, um die bisher regionalen Versorgungsstrukturen besser zu vernetzen und zu stärken. Aktuell existieren 13 Landeszentren, ergänzt durch zwei Exzellenzzentren in Schleswig-Holstein und Bayern. „Die Versorgung von Schmerzpatienten ist bundesweit weiterhin inhomogen, mit teils gravierenden regionalen Unterschieden“, erklärte DGS-Präsident Dr. Richard Ibrahim. „Wir setzen daher auf neue Versorgungsstrukturen, inklusive ambulanter Therapieangebote und digitaler Anwendungen, um mehr Patienten optimal zu erreichen.“

Spendenübergabe: Hospizhaus Tecklenburger Land und Deutsche Schmerzliga

Zu Beginn des Forums wurden zwei Spendenschecks in Höhe von jeweils 3000 Euro übergeben: an das Hospizhaus Tecklenburger Land und die Deutsche Schmerzliga. Andrea Lüttmann, Geschäftsführerin des Hospizhauses, betonte die Bedeutung der ganzheitlichen und würdevollen Begleitung in der letzten Lebensphase, bei der Schmerzmedizin eine zentrale Rolle spielt: „Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“

Aileen Müller, Geschäftsstellenleiterin der Deutschen Schmerzliga, unterstrich die Unterstützung für Menschen mit chronischen Schmerzen, die oft auch unter psychischen Belastungen leiden: „Wir helfen diesen Menschen, ihre Krankheit besser zu bewältigen und ihre Lebensfreude zurückzugewinnen.“

Opioide und Cannabinoide – Chancen und Herausforderungen

Die Behandlung chronischer Schmerzen mit Opioiden bleibt ein zentrales Thema. Die S3-Leitlinie „LONTS“ dient als Orientierung für den verantwortungsvollen Einsatz dieser Wirkstoffe und warnt vor Risiken, insbesondere bei längerfristiger Anwendung. Ein Vortrag im Rahmen des Innovationsforums widmete sich dem Thema Opioid-induzierte Obstipation (OIC). In diesem Zusammenhang verweist die DGS auf ihre PraxisLeitlinie zur OIC. Die LONTS-Leitlinie wird – gefördert vom Innovationsausschuss des G-BA – derzeit überarbeitet, um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen zur Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen, nicht tumorbedingten Schmerzen einzubeziehen.

Parallel dazu stand die Rolle von Cannabinoiden im Fokus. Neue klinische Studien zu THC-dominanten Arzneien sollen im Frühsommer 2026 zur Markteinführung kommen, berichtet die DGS. Laut Fachgesellschaft bilden die Cannabinoide eine interessante Alternative zu Opioide, da sie schneller in ihrer Wirkung beurteilt und gegebenenfalls abgesetzt werden könnten. Dennoch bestünden weiterhin Bürokratie- und Regulierungsfragen, die die DGS aktiv angehe, um Ärzten und Patientinnen den Zugang zu erleichtern.

Rückenschmerzen digital und multimodal behandeln

Rückenschmerzen sind die häufigsten chronischen Schmerzen. Auf dem Innovationsforum wurden digitale Therapiekonzepte vorgestellt, die ergänzend zur klassischen multimodalen Schmerztherapie eingesetzt werden, zum Beispiel Rückenschmerz-DiGA. Das sind Apps, die personalisierte Bewegungstrainings, Wissensvermittlung und Entspannungstechniken miteinander kombinieren.

Studien, darunter eine große Langzeitstudie mit 10.000 Teilnehmern, bestätigen, dass solche digitalen Anwendungen die Schmerzintensität spürbar senken, die Lebensqualität der Betroffenen verbessern und gleichzeitig Kosten reduzieren können. Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz ermöglicht eine individuelle Anpassung der Übungen und korrigiert Bewegungen in Echtzeit, wodurch die Therapieeffizienz gesteigert wird.

Zusätzlich wurden VR-Brillen als innovatives Instrument vorgestellt: Ähnlich wie Wein im Urlaub besser schmeckt als zu Hause, können VR-Brillen das Schmerzerleben durch immersive, selbstgesteuerte Erlebnisse positiv beeinflussen und damit die Behandlung bereichern. Diese Entwicklungen unterstreichen die wachsende Bedeutung der Digitalisierung als wesentlichen Baustein für eine moderne, patientenorientierte Schmerzversorgung.

Migräne: Multidimensionale Therapie für alle Altersgruppen

Migräne ist die häufigste neurologische Erkrankung und tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern (15% zu 6%). Sie betrifft Menschen jeden Alters, von Kindern bis zu Senioren. Migräne nimmt auch bei Kindern und Jugendlichen zu. Vermehrter Handykonsum und schlechte Körperhaltung führen zu Verspannungen, die Migräne auslösen können.

Die medikamentöse Prophylaxe mit CGRP-Antikörpern, die in den USA bereits für jüngere Patienten zugelassen ist, bietet neue Behandlungsmöglichkeiten. Experten betonen, dass multimodale Therapieansätze aus Medikamenten und nicht medikamentösen Maßnahmen, wie Ausdauersport, Entspannung, Stressmanagement und kognitiver Verhaltenstherapie, die Lebensqualität verbessern und Migräneattacken reduzieren. Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist eine frühzeitige, altersgerechte Behandlung entscheidend, um die Krankheit gut zu kontrollieren.

Nur ein Drittel der Patienten mit chronischer Migräne erhält eine korrekte Diagnose. Die Akuttherapie umfasst Schmerzmittel und Triptane, deren richtige Einnahme wichtig ist. CGRP-Antikörper und neuere Medikamente wie Gepante bieten zusätzliche Therapieoptionen. Chronische Migräne wird durch verschiedene Risikofaktoren beeinflusst und erfordert eine multimodale Behandlung. Fazit der Experten: „Das Monster Migräne kann sich dem Leben in den Weg stellen, man kann es aber zähmen und damit leben lernen.“

Neuromodulation – Zukunft mit Technologien und Messbarkeit

Neuromodulationstechniken wie die Rückenmarksstimulation mittels Schmerzschrittmachern mit Closed-Loop-Systemen wurden diskutiert. Closed-Loop-Verfahren verbinden Stimulation, Wirkungsmessung und automatische Anpassung. Durch eine objektive Evaluierung im Sinne von „What you can measure, you can improve“ können Therapien individuell gesteuert und verbessert werden.

Künstliche Intelligenz unterstützt diese Prozesse, indem sie Stimulationen an den Bedarf der Patienten anpasst. Trotz der Fortschritte bleibt die Nachsorge, besonders im ländlichen Raum, eine Herausforderung. Telemedizinische Modelle und Technikersprechstunden, bei denen speziell ausgebildete Pflegekräfte assistieren, sind erste Ansätze zur besseren Betreuung.

Schlaf und Schmerz – eng verknüpft

Guter Schlaf ist wichtiger Bestandteil der Schmerztherapie, da chronische Schmerzen und schlechte Schlafqualität sich wechselseitig verstärken können. Studien zeigen, dass eine Schlafdauer von etwa 7,5 bis 8,5 Stunden ideal ist; weniger als sechs oder mehr als neun Stunden können die Schmerzempfindlichkeit erhöhen. Der Schlaf verläuft in verschiedenen Phasen, und insbesondere die Tiefschlafphase spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung der Schmerzempfindlichkeit.

Ein gestörter Schlafrhythmus, etwa durch unregelmäßige Schlafzeiten oder Schlafmangel, kann die Schmerzempfindlichkeit erhöhen und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Faktoren wie Licht, Ernährung, Stress und Schichtarbeit beeinflussen den biologischen Schlaf-Wach-Rhythmus. Ältere Menschen und chronisch Schmerzkranke sind besonders häufig von Schlafstörungen betroffen, von leichten Einschlafproblemen bis hin zu chronischer Insomnie.

Therapieansätze bei Schlafstörungen umfassen verhaltenstherapeutische Maßnahmen wie Schlafhygiene, Entspannungstechniken und kognitive Verhaltenstherapie. Zudem werden pflanzliche Mittel wie Baldrian und, in kontrollierter Dosierung, Melatonin eingesetzt. Schlafmedikamente sollten jedoch nur kurzfristig verwendet werden, da langanhaltender Einsatz abhängig machen kann. Eine verbesserte Schlafqualität wirkt sich positiv auf Schmerzintensität, Stimmung und Lebensqualität aus, weshalb die gezielte Behandlung von Schlafproblemen als integraler Bestandteil der Schmerztherapie gilt