Neurofeedback bei ADHS möglicherweise nicht wirksam

Neurofeedbacke wird als nichtpharmakologische Therapie bei ADHS diskutiert. (Foto: © andreaobzerova – stock.adobe.com)

Es gibt kaum Belege dafür, dass Neurofeedback-Behandlungen bei Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) als einzige Behandlung nützlich sind, obwohl eine kleine Wirkung von Standard-Neurofeedback nachweisbar ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Übersichtsarbeit in „JAMA Psychiatry“.

Neurofeedback wird als Alternative zur Einnahme von Medikamenten vorgeschlagen, um Menschen zu helfen, die ADHS-bezogene Gehirnaktivität selbst zu regulieren und Verhaltenssymptome zu reduzieren. Doch können durch Neurofeedback tatsächlich ADHS-Symptome signifikant reduziert werden? Dieser Frage gingen Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim sowie vom King’s College London, der Universität Southampton, beides Großbritannien, sowie der Universität Zürich, Schweiz, in einer Übersichtsarbeit nach. Diese umfasste eine Metaanalyse von 38 randomisierten kontrollierten Studien, in denen die Ergebnisse der Neurofeedback-Behandlung bei Personen mit ADHS untersucht wurden.

Keine signifikante Verringerung von ADHS-Kernsymptomen

Die Metaanalyse ergab, dass Neurofeedback insgesamt keine signifikante Verringerung der ADHS-Kernsymptome wie Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität bewirkte, aber klassisches („Standard“)-Neurofeedback zu einer kleinen Verbesserung der Gesamtsymptomatik führte. Auch die kognitiven Leistungen hatten sich nicht verbessert, abgesehen von einem kleinen positiven Effekt auf die Geschwindigkeit, mit der die Teilnehmenden Informationen verarbeiteten.

„Neurofeedback nutzt Echtzeit-Feedback der Gehirnaktivität, um die Selbstregulierung dieser Aktivität zu trainieren. In den vergangenen Jahren hat diese Methode, die anstelle von Medikamenten oder begleitend zu diesen eingesetzt wird, zunehmend an Interesse gewonnen, doch war die Wirksamkeit dieser Intervention bei Menschen mit ADHS bisher unklar. Unsere Metaanalyse von 38 randomisierten, kontrollierten Studien ergab, dass die Beweise nicht ausreichen, um Neurofeedback als Erstbehandlung für ADHS zu empfehlen“, fasst Dr. Sam Westwood, Dozent für Psychoedukation am King’s College London und Erstautor der Studie, die Ergebnisse zusammen.

Keine Belege für den Nutzen neuerer Neurofeedback-Techniken

Die Forscherinnen und Forscher fanden auch keine Unterschiede zwischen Neurofeedback und anderen nichtpharmakologischen Behandlungen wie körperlicher Bewegung oder kognitivem Training – allerdings gab es auch nur wenige Studien, die diese Interventionen untersuchten beziehungsweise miteinander verglichen. Es gab keine Belege für den Nutzen neuerer Neurofeedback-Techniken wie funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) und funktionelle Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS).

„Sinnvoll wäre weitere Forschung, die sich damit beschäftigt, Patienten zu identifizieren, die eher auf Neurofeedback ansprechen und lernen“, erklärt Prof. Daniel Brandeis, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Neurophysiologie des Kindes- und Jugendalters am ZI und neben Prof. Edmund Sonuga-Barke (King’s College London) und Prof. Samuele Cortese (Universität Southampton) einer der Hauptautoren der Studie.

Neue Ansätze für die Behandlung entwickeln

„Trotz Fortschritte in unserem wissenschaftlichen Verständnis von ADHS hat sich in Bezug auf die Behandlung seit Jahrzehnten wenig geändert. Es fehlt nach wie vor an wirksamen Alternativen zur medikamentösen Behandlung der Kernsymptome. Die Entwicklung neuer, wissenschaftlich fundierter und wirksamerer nichtpharmakologischer Ansätze für die Behandlung von ADHS bleibt daher eine Priorität für unser Fachgebiet“, betont Sonuga-Barke, Professor für Entwicklungspsychologie, Psychiatrie und Neurowissenschaften am King’s College London.

„Auch wenn Neurofeedback nicht zu einer klinisch bedeutsamen Verringerung der ADHS-Gesamtsymptome führte, machen die Präzisionsmedizin und die Techniken der Bildgebung rasche Fortschritte. Dies könnte uns helfen, Personen mit ADHS zu identifizieren, die in Zukunft eher von Neurofeedback profitieren könnten“, ist Cortese, NIHR-Forschungsprofessor an der Universität von Southampton, optimistisch.