Neurologen und Patientenorganisationen warnen vor dritter Welle der Pandemie5. November 2020 Foto: ©Nuthawut – stock.adobe.com Patientenorganisationen warnen vor einer “dritten Welle” der Corona-Pandemie, die in den kommenden Jahren in Form von neurodegenerativen Folgeerkrankungen auftreten könnte. Sie fordern daher, die Erforschung dieser Erkrankungen und ihrer Behandlungsmöglichkeiten zu intensivieren. In der wissenschaftlichen Fachliteratur wird zunehmend über mögliche individuelle gesundheitliche Langzeitfolgen von Covid-19 diskutiert. Dabei standen lange die internistischen Spätfolgen wie Lungen- oder Herzkrankheiten im Mittelpunkt. Inzwischen berichten auch immer mehr Patienten von anhaltenden neurologischen Symptomen – wie Kopfschmerzen, anhaltenden Konzentrationsstörungen und Abgeschlagenheit (Fatigue). Eine der häufigsten neurologischen Symptome von Covid-19 in der Akutphase ist eine Riechstörung. Diese ließ sich in größeren Fallserien bei als mehr als zwei Dritteln der Covid-19-Patienten nachweisen. Erschreckend sei, so die Patientenorganisationen, dass die Riechstörung bei zehn bis 20 Prozent der Betroffenen auch zwei Monate nach Krankheitsbeginn noch fortbestehe. “Riechstörungen sind ein typisches Symptom der Parkinsonkrankheit. Oftmals tritt diese schon in den frühsten Krankheitsphasen auf. Sie können somit ein Hinweis sein, dass jemand in den nächsten Jahren motorische Symptome entwickeln wird”, erklärt Prof. Thomas Müller, Chefarzt für Neurologie am Alexianer Krankenhaus in Berlin-Weissensee. Prof. Susanne Schneider von der LMU in München ergänzt: “Es ist ungeklärt, ob eine Infektion mit Covid-19 das Risiko, im Verlauf an Parkinson oder einer anderen neurodegenerativen Krankheit wie einer Demenz zu erkranken, beeinflusst. Denkbar wäre es. So kam es nach der Pandemie der 1920er-Jahre zu einem um den Faktor zwei bis drei gehäuften Auftreten von Parkinson-ähnlichen Krankheitsbildern in der Gesellschaft – als Spätfolge der Spanischen Grippe. Die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit einem post-enzephalitischen Parkinsonismus zwischen 1925 und 1938 wird allein für die USA wird auf knapp 15.000 geschätzt.” “Wir brauchen massive internationale Anstrengungen und neue Anreizstrukturen, um in naher Zukunft nicht Opfer einer ‘dritten Welle’ von neurodegenerativen Folgeerkrankungen zu werden, falls sich die Befürchtungen der WissenschaftlerInnen bewahrheiten. Insbesondere müssen wir auch endlich die verschiedenen, vermutlich heterogenen, kausalen Ursachen von neurodegenerativen Erkrankungen entschlüsseln. Sollten sich die Befürchtungen nicht bestätigen, ist die entschlossene Investition in kausale Therapien für diese Erkrankungen dennoch unbedingt erforderlich”, sagt Dr. Jörg Karenfort, Alleinvorstand der YUVEDO Foundation. “Wichtig ist, dass die Forschung an der Wurzel ansetzt, also auf eine Heilung und nicht nur symptomatische Behandlung abzielt” fordert Dr. Friedrich-Wilhelm Mehrhoff, Geschäftsführer der DPV. Nadine Mattes vom Bundesverband Parkinson Youngsters ergänzt: “Neurodegenerative Erkrankungen sind eine massive Belastung für die Betroffenen, deren Familien und die ganze Gesellschaft. Dennoch ist der Fortschritt bei der Behandlung zu schleppend und für uns Betroffene schlicht nicht wirklich spürbar. Das muss sich ändern – erst recht, wenn uns eine dritte Welle als Folge von Covid-19 erwischen sollte.”
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