Neurologische Autoimmunerkrankungen im Zentrum13. Juli 2023 Autoantikörper (rot) binden an Nervenzellen (blau) und stören deren Funktion. Bild: ©Isabel Bünger/Charité Charité Neurologische Erkrankungen, die durch Antikörper ausgelöst oder beeinflusst werden, untersucht die neue Klinische Forschungsgruppe „BecauseY“ unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Von einem innovativen Behandlungsangebot werden insbesondere Patienten profitieren, bei denen eine solche Erkrankung zunächst gar nicht vermutet wurde. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den Verbund mit 6,2 Mio. Euro für zunächst vier Jahre. Entzündliche neurologische Erkrankungen können durch Infektionserreger wie Viren, Bakterien oder Pilze verursacht werden oder durch Autoimmunprozesse, die körpereigenes Hirn- oder Nervengewebe schädigen. Hierbei können bei einer Reihe von Patienten neuronale Autoantikörper die Kommunikation zwischen den Nervenzellen beeinträchtigen und so Autoimmunerkrankungen des Nervensystems auslösen. Dass Antikörper Krankheiten wie Demenz, Epilepsie, Psychosen oder schwere Hirnentzündungen (Autoimmun-Enzephalitis) hervorrufen können, ist eine relativ neue Erkenntnis, die die Neurologie und Psychiatrie grundlegend verändert hat.„Die derzeitige Forschung legt nahe, dass noch viele weitere neurologische und psychiatrische Symptome mit fehlgeleiteten Immunprozessen, also Autoimmunität, zusammenhängen. Zudem könnten Autoantikörper bei einer Vielzahl von Erkrankungen zusätzliche krankheitsverändernde Auswirkungen haben“, erklärt Prof. Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité und Sprecher der Klinischen Forschungsgruppe. „Hier besteht ein riesiger Forschungsbedarf. Deshalb möchten wir mit unserem neuen Verbund das Entstehen und die Krankheitsmechanismen von Antikörper-vermittelten neurologischen Erkrankungen noch genauer untersuchen und so besser verstehen lernen.“Zentrum zur Erforschung und Behandlung Antikörper-vermittelter neurologischer ErkrankungenDie Klinische Forschungsgruppe wird entsprechend die Häufigkeit, die Angriffspunkte und die Funktionen von Autoantikörpern bei neurologischen Erkrankungen bestimmen, neue diagnostische Tests und bildgebende Verfahren für das Gehirn sowie innovative Therapien entwickeln. Struktureller Kern ist ein Zentrum, in dem grundlagenwissenschaftlich und klinisch tätige Forschende eng zusammenarbeiten: einerseits vor Ort in der Klinik für Neurologie am Campus Charité Mitte, andererseits auch in verschiedenen Laboren der Projektpartner. Proben der Patienten wie z. B. Blut oder Gehirnwasser werden unmittelbar in der Forschung verwendet und im Umkehrschluss werden Erkenntnisse aus dem Labor in Therapiestudien angewendet.„Ein solches Zentrum mit explizitem Fokus auf Antikörper-vermittelten Erkrankungen ist bislang nicht etabliert“, sagt Prof. Harald Prüß, ebenfalls von der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie und Koordinator der Klinischen Forschungsgruppe und ergänzt: „Hier setzen wir mit BecauseY an. Wir werden Patientinnen und Patienten nicht nur ganzheitlich unter einem personalisierten Ansatz durch den gesamten Krankheitsverlauf begleiten, sondern gleichzeitig die zugrundeliegenden Autoantikörper nachbauen, deren Funktionsweise verstehen und neue Therapien anwenden. Durch diese Schnittstelle zwischen experimenteller und klinischer Forschung werden unsere Ergebnisse Betroffenen unmittelbar zugutekommen.“ Die Wissenschaftler gehen aktuell außerdem davon aus, dass bestimmte Autoantikörper auch eine Rolle bei Erkrankungen spielen, die bis dato noch nicht im Zusammenhang mit Autoimmunität gesehen wurden, beispielsweise dem Schlaganfall, neurodegenerativen Demenzen oder Entwicklungsstörungen. Daraus ergeben sich wiederum gänzlich neue therapeutische Ansätze.Über die Klinische Forschungsgruppe „BecauseY“ Die Klinische Forschungsgruppe „BecauseY“ an der Charité und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) forscht zu Antikörper-vermittelten neurologischen Erkrankungen. Der Name leitet sich aus der für Antikörper charakteristischen Y-förmigen Struktur ab. An der Schnittstelle zwischen Autoimmunität und Neurowissenschaft wird es acht Teilprojekte zu den thematischen Schwerpunkten „Verständnis der Krankheitsmechanismen“, „Diagnostik“ und „Neue selektive Immuntherapien“ geben. Dabei stehen die Wissenschaftler in kontinuierlichem Austausch, insbesondere zu grundlegenden Erkenntnissen über Krankheitsmechanismen, Biobank-Proben, klinischen Daten, neuen Diagnoseverfahren sowie zu ersten Anwendungen von innovativen Immuntherapien. Die DFG fördert Klinische Forschungsgruppen (KFO) in der Regel bis zu acht Jahre, aufgeteilt in zwei Förderperioden von je vier Jahren.
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