Neuronaler Pfad für Wahrnehmung kühler Temperaturen entschlüsselt18. August 2025 © contrastwerkstatt – stock.adobe.com (Symbolbild) Forschende der University of Michigan, USA, haben einen vollständigen Signalweg beschrieben, über den die Haut kühle Temperaturen ihrer Umgebung ans Gehirn meldet. Die Entdeckung zeigt, dass kühle Temperaturen einen eigenen sensorischen Pfad besitzen. Offenbar hat die Evolution verschiedene neuronale Schaltkreise für Hitze- und Kältewahrnehmung entwickelt – eine elegante Lösung, um eine präzise Temperaturwahrnehmung und angemessene Reaktionen auf Umweltveränderungen zu ermöglichen, so Bo Duan, außerordentlicher Professor für Molekular-, Zell- und Entwicklungsbiologie an der University of Michigan und Seniorautor der Studie. „Die Haut ist das größte Organ des Körpers. Sie hilft uns dabei, unsere Umgebung wahrzunehmen und unterschiedliche Reize voneinander zu unterscheiden“, erklärt Duan. „Es gibt noch viele spannende Fragen dazu, wie das funktioniert, aber nun haben wir erstmals einen kompletten Signalweg zur Erkennung kühler Temperaturen identifiziert. Es ist der erste neural vermittelte Temperaturpfad, der von der Haut bis ins Gehirn vollständig kartiert ist.“ Anderer Signalweg verursacht Schmerzen durch Kältereiz nach Chemotherapie Die Arbeit vertieft das grundlegende Verständnis der Biologie und bringt auch Erkenntnisse darüber, wie sich der Mensch evolutionär an sichere Temperaturen angepasst und extreme Bedingungen gemieden hat, so Duan. Ebenso ergeben sich medizinische Implikationen, die künftig die Lebensqualität Betroffener verbessern könnten. Ein Beispiel: Über 70 Prozent der Patienten nach Chemotherapie leiden an Schmerzen, die durch Kältereize ausgelöst werden. Die aktuelle Studie fand heraus, dass der Signalweg für das Empfinden von ungefährlicher Kühle an diesem Schmerzgeschehen nicht beteiligt ist. Versteht man jedoch, wie diese kühlespezifische Verschaltung unter normalen Bedingungen funktioniert, können Forschende künftig leichter erkennen, was bei Krankheit oder Schädigung schiefgeht – und gezielte Therapien entwickeln, die eine gesunde Temperaturwahrnehmung wiederherstellen, ohne die normale Funktion zu beeinträchtigen. Verstärker im Rückenmark für Temperaturen von 15 bis 25 Grad Celsius Für ihre im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlichte Studie nutzten Duan und sein Team fortschrittliche Bildgebung und Elektrophysiologie, um bei Mäusen zu beobachten, wie das Empfinden von Kälte über die Haut zum Gehirn übertragen wird. „Mit diesen Methoden konnten wir zuvor bereits die Signalwege für chemischen und mechanischen Juckreiz aufklären“, so Duan. „Gemeinsam haben wir jetzt diesen sehr spezifischen, spezialisierten Pfad für Kühleindruck identifiziert.“ Das Signal beginnt in der Haut, wo Temperatursensoren ein Temperaturfenster von etwa 15–25 °C erkennen können. Werden diese Rezeptoren aktiviert, erregen sie primäre sensorische Neuronen, die das Signal Richtung Rückenmark leiten. Hier fanden die Wissenschaftler, dass das Signal von spezialisierten Interneuronen verstärkt wird, bevor nun Projektionsneurone die Information zum Gehirn weiterleiten. Während die Thermorezeptoren der Haut bereits bekannt waren und 2021 mit dem Nobelpreis in Medizin ausgezeichnet wurden, war der Verstärker im Rückenmark bislang ein unbekanntes Schlüsselelement. Wird dieser Verstärker ausgeschaltet, geht das kühle Signal im allgemeinen „Rauschen“ unter. Verarbeitung von Hautsignalen beim Menschen Zwar wurde die Studie an Mäusen durchgeführt, doch ist jeder Bestandteil des Signalwegs laut Duan auch beim Menschen durch Genanalysen nachgewiesen. Wahrscheinlich verdanken wir also demselben Pfad das angenehm erfrischende Gefühl, wenn wir etwa an einem heißen Tag einen klimatisierten Raum betreten. Das Team will künftig herausfinden, welche Signalwege beim akuten Kälteschmerz eine Rolle spielen. „Ich denke, schmerzhafte Kältereize werden komplexer sein“, sagt Duan. „Unter risikoreichen Bedingungen könnten mehrere Signalwege beteiligt sein.“ Weiterhin erforscht das Team, wie das Gehirn die verschiedenen Hautsignale verarbeitet und wie wir nicht nur zwischen ihnen unterscheiden, sondern sie auch mit Gefühlen verknüpfen, um uns zu schützen. Diese Fragen sind für Duan auch Forschungsantrieb – besonders deutlich wird ihm das an seinem Wohnort Michigan: „Im Sommer liebe ich es, an den Michigansee zu gehen und zu spüren, wie eine sanfte Brise mein Gesicht streichelt. Das fühlt sich sehr kühl und angenehm an. Aber die Winter sind für mich wirklich schrecklich.“
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