„Nicht jeder Player wird für sich das Optimum herausholen”19. April 2024 Gut besucht: Der Kongress des Westens im Kölner Gürzenich (Foto: WISO/Schmidt-Dominé) Vom 17. bis 18. April fand in Köln der Gesundheitskongress des Westens statt, auf dem auch viele gesundheitspolitische Themen diskutiert wurden. Eine Bilanz des Veranstalters. Die Krankenhausreform war eines der Schwerpunkte auf der Agenda des Kongresses. Während Bund und Länder nach wie vor große Schwierigkeiten haben, zu einem Konsens zu kommen, appellierte Prof. Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, an alle Beteiligte, sich so schnell wie möglich zu einigen. „Nicht jeder Player wird für sich persönlich das Optimum herausholen, aber am Ende muss es für die Gesellschaft funktionieren“, sagte er auf dem Gesundheitskongress des Westens. „Wir werden nur vorwärtskommen, wenn wir das Ganze mit einer entsprechenden Geschwindigkeit machen.“ Aber ohne diese tiefgreifende Strukturveränderung werde es nicht gehen. „Wir sollten nicht vergessen, dass in den kommenden Jahren große Gesundheitskrisen auf uns zukommen werden, die wir im Moment verdrängen“, warnte Karagiannidis. Die Überalterung der Pflege sei eines der größten Probleme. „Wir werden Alzheimer-Krankenhäuser erleben: Da steht die Fassade, aber innen drin werden wir keine Leute haben, die Versorgung machen“, machte er den Ernst der Lage deutlich. Auch steigende Ausgaben in der GKV vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage bereitete ihm Sorgen. In diesem und nächsten Jahr sei aus seiner Sicht Zeit, noch echte Veränderungen zu schaffen. Um eine qualitativ hochwertige und zugleich wirtschaftliche Behandlung zu ermöglichen, setzt der Gesetzgeber immer mehr auf die Ambulantisierung. „Wir werden mit keinem Geld der Welt dieses hohe Maß an Krankenhausdichte und Krankenhausbehandlungen, wie wir sie heute haben, durchhalten können“, betonte Prof. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission am Bundesministerium für Gesundheit. „Bisher ist unser System nur dann stabil, wenn wir von Jahr zu Jahr überproportional mehr Geld reinstecken. Das kann so nicht weitergehen.“ Tagesstationären Behandlungen, Hybrid-DRG für ambulante Operationen und die sogenannten Level 1i-Krankenhäuser gehören bisher zu den Maßnahmen, die der Ambulantisierung Rückenwind geben sollen. Weitere Überlegungen zur Überwindung der Sektorengrenzen sollen in einer Stellungnahme der Regierungskommission folgen, die am 30. April veröffentlicht werden soll, kündigte Bschor an. „Wir wissen, wo das Problem ist, wir haben den Umbau allerdings noch nicht geschafft“, bedauerte Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der AOK Rheinland/Hamburg. Das gehe nur „im Geiste der Kooperation“. Dr. Michael Weber, Präsident des Verbandes leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte e.V., zeigte sich optimistisch, dass die Ambulantisierung auf dem richtigen Weg ist. So sei die Zahl der ambulanten Operationen im niedergelassenen Bereich im vergangenen Jahr um sechs Prozent gestiegen, im stationären Bereich waren es nach seinen Angaben satte 27,5 Prozent. Insgesamt wurde eine Million mehr ambulante Operationen in 2023 durchgeführt. „Ein erstaunliches Ergebnis“, betonte er. Für dieses Jahr erwartet er aufgrund von Hybrid-DRG ein sogar noch besseres Ergebnis. Die Streichung der zentralen Punkte im Gesundheitsversorgungsverbesserungsgesetz (GVSG) stieß bei vielen Kongressteilnehmerinnen und Teilnehmern auf Unverständnis. „Mit den noch nicht kastrierten Entwurfsfassungen, den Gesundheitskiosken, den Gesundheitsregionen und den Primärversorgungszentren hätten wir zumindest einen Ansatzpunkt für die Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft gehabt“, machte Dr. h. c. Helmut Hildebrandt, Vorstandsvorsitzender der Optimedis AG. Denn nur mit der Verringerung der Anzahl chronischer Erkrankungen und ihrer Verschiebung in die höheren Altersstufen werde die Krankheitslast der nächsten Jahre mit den dann vorhandenen Fachkräften zu bewältigen sein. Das Denken in Einzelakteuren erschwere die notwendige Transformation, machte Hildebrandt deutlich. „Wenn wir Versorgungsprozesse insgesamt organisieren wollen, dann brauchen wir eine Infrastruktur dazu, die oberhalb der Einzelakteure denken, planen und investieren kann“, ergänzte er. Dann könne eine patientenzentrierte Sichtweise zum Tragen kommen. Über 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Klinik und Praxis, aus Gesundheitspolitik und -wirtschaft, aus der Forschung und Wissenschaft sowie der Pflege diskutierten an den zwei Tagen unter dem Motto „Bereit zur Veränderung – nutzen wir die Chance!“ über die Themen, die das Gesundheitswesen bewegen. Über 500 Menschen haben ausgewählte Sessions im Livestream verfolgt. „Unglaublich inspirierend, vom ersten Moment an“, beschrieb die Kongressleiterin Claudia Küng die Stimmung im Kölner Gürzenich, wo der Gesundheitskongress des Westens seit Jahren stattfindet. „Es ist toll, dass immer mehr kluge, engagierte Menschen mit anderen klugen, engagierten Menschen zusammenarbeiten wollen.“ Diese Zusammenarbeit sei wichtig. „Denn es kommen richtige Tsunami-Themen auf uns zu, denen wir uns nur gemeinsam stellen können“, zog sie Bilanz.
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