„Nicht von anderen postviralen Syndromen zu unterscheiden“: Soll Long-COVID nicht mehr Long-COVID heißen?15. März 2024 Foto: © Anucha/stock.adobe.com Die Autoren einer neuen Untersuchung aus Australien sind der Ansicht, dass der Begriff „Long-COVID“ nicht mehr verwendet werden sollte. Er erwecke den Eindruck, dass die mit SARS-CoV-2 verbundenen längerfristigen Symptome spezifisch und außergewöhnlich seien – das sei aber nicht der Fall. Long-COVID scheint sich den Forschenden zufolge als postvirales Syndrom zu manifestieren, das in seinen Folgen nicht von der saisonalen Grippe und anderen Atemwegserkrankungen zu unterscheiden ist. Auch gebe es keine Hinweise auf eine höhere Rate von Funktionseinschränkungen mittelschweren bis schweren Ausmaßes ein Jahr nach der Infektion, berichtet die Autorengruppe. Sie werden ihrer Forschungsergebnisse auf dem diesjährigen European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID 2024) vorstellten, der vom 27. bis 30. April in Barcelona (Spanien) stattfinden wird. Die Studie aus der Feder von Mitarbeitern der Gesundheitsbehörde im australischen Bundesstaat Queensland (Queensland Health) deutet an, dass in der hochgradig durchgeimpften Bevölkerung von Queensland unter Exposition gegenüber der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 die Auswirkungen von Long-COVID auf das Gesundheitssystem wahrscheinlich lediglich auf die schiere Zahl der mit SARS-CoV-2 infizierten Menschen innerhalb eines Jahres und über einen kurzen Zeitraum zurückzuführen sind – und nicht auf den Schweregrad von Long-COVID-Symptomen oder funktionelle Beeinträchtigungen in diesem Kontext. Die Ergebnisse der Studienautoren – zu denen auch der Chief Health Officer von Queensland Health, Dr. John Gerrard, gehört – bekräftigen frühere Untersuchungen derselben Verfasser, die im vergangenen Jahr in „BMJ Public Health“ publiziert wurden. Demnach fanden die Wissenschaftler bei einem Vergleich von COVID-19 und Influenza zwölf Wochen nach der Infektion keinen Unterschied bezüglich persistierender Symptome und funktioneller Beeinträchtigungen. Die Long-COVID-Raten in Australien sind aufgrund der hohen Impfraten nach der Lockerung von COVID-Beschränkungen und der anschließenden Exposition der Bevölkerung gegenüber der Omikron-Variante niedrig. Zu den im Zusammenhang mit der Erkrankung berichteten Symptomen gehören Müdigkeit, „Brain Fog“, Husten, Kurzatmigkeit, Veränderungen von Geruchs- und Geschmacksempfinden, Schwindel sowie Arrhythmie und Tachykardie. Um mehr über die Auswirkungen von Long-COVID in Queensland zu erfahren, befragten die Forschenden 5112 symptomatische Personen im Alter von 18 Jahren und älter, darunter Personen mit mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bestätigter SARS-CoV-2-Infektion (2399 Erwachsene) und Personen, bei denen die PCR für COVID-19 negativ ausfiel (2713 Erwachsene: 995 Influenza-positiv und 1718 PCR-negativ für COVID-19 und Influenza, aber symptomatisch im Zusammenhang mit einer Atemwegserkrankung). Der Untersuchungszeitraum lag zwischen dem 29. Mai und dem 25. Juni 2022. Ein Jahr nach ihrem PCR-Test, im Mai und Juni 2023, wurden die Probanden mithilfe eines per SMS-Link zugestellten Fragebogens zu anhaltenden Symptomen und dem Grad der Funktionsbeeinträchtigung befragt. Insgesamt berichteten 16 Prozent (834/5112) aller Befragten zu diesem Zeitpunkt über anhaltende Symptome, wobei 3,6 Prozent (184) angaben, im Alltag an mittelschweren bis schweren Funktionseinschränkungen zu leiden. Nach Kontrolle von Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht und Zugehörigkeit zur indigenen Bevölkerungsgruppe ergab die Analyse keine Hinweise darauf, dass COVID-19-positive Erwachsene ein Jahr nach ihrer Diagnose mit höherer Wahrscheinlichkeit mittelschwere bis schwere Funktionseinschränkungen aufwiesen als symptomatische Erwachsene, die negativ auf COVID-19 getestet worden waren (3,0% vs. 4,1%). Darüber hinaus waren die Ergebnisse im Vergleich zu den 995 symptomatischen Erwachsenen, die an Grippe erkrankt waren, ähnlich (3,0 % vs. 3,4 %). Interessanterweise ergab die Analyse auch, dass Personen ab einem Alter von 50 Jahren sowie diejenigen, die Symptome wie Schwindel, Muskelschmerzen, Kurzatmigkeit, Unwohlsein nach Anstrengung und Fatigue aufwiesen, häufiger über eine mittelschwere bis schwere Funktionsbeeinträchtigung berichteten. „In Gesundheitssystemen mit hochgradig durchgeimpften Bevölkerungsgruppen ist Long-COVID aufgrund der hohen Zahl an COVID-19-Fällen während der Pandemie möglicherweise als spezifische und schwere Erkrankung erschienen“, formuliert Gerrard. „Wir haben jedoch festgestellt, dass die Häufigkeit anhaltender Symptome und Funktionsbeeinträchtigungen nicht von anderen postviralen Zuständen zu unterscheiden ist“, sagt Gerrard. „Diese Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Outcomes nach COVID-19 mit denen nach anderen Atemwegsinfektionen zu vergleichen und postvirale Syndrome weiter zu erforschen.“ Er ergänzt: „Darüber hinaus glauben wir, dass es an der Zeit ist, Begriffe wie ‚Long-COVID‘ nicht mehr zu verwenden. Sie vermitteln fälschlicherweise, dass die mit diesem Virus verbundenen längerfristigen Symptome etwas Spezifisches und Außergewöhnliches haben. Diese Terminologie kann unnötige Ängste hervorrufen und in manchen Fällen zu einer Hypervigilanz bezüglich länger anhaltender Symptome, die die Genesung behindern kann.“ Die Autoren weisen darauf hin, dass es sich bei den Ergebnissen um Assoziationen handelt, die keine Prävalenz darstellen. Sie weisen auch auf eine Reihe von Einschränkungen hin – unter anderem darauf, dass Umfrageteilnehmer, die hospitalisiert waren oder bereits an einer Erkrankung litten, innerhalb der Kohorte nicht identifizierbar waren. Die Studienautoren merken außerdem an, dass das Risiko für Long-COVID während der Omikron-Welle im Vergleich zu den von anderen SARS-CoV-2-Varianten dominierten Pandemiephasen geringer war und dass 90 Prozent der Menschen in Queensland zum Zeitpunkt des ersten Auftretens der Omikron-Variant geimpft waren. Der in dieser Zeit beobachtete geringere Schweregrad von Long-COVID könne daher mit den Impfungen und/oder der Virusvariante zusammenhängen.
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