Nierenkrankheiten: Neue Leitlinie zu Glomerulonephritiden veröffentlicht

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Um die Versorgung von Patienten mit Glomerulonephritiden (GN) zu verbessern, liegt nun erstmals eine S3-Leitlinie mit strukturierten, evidenzbasierten Empfehlungen vor.

Die S3-Leitlinie wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften sowie Patientenvertretern entwickelt. „Die einzelnen Formen der GN sind für sich genommen selten“, erklärt Prof. Julia Weinmann-Menke, Direktorin der I. Medizinischen Klinik (Nephrologie, Rheumatologie und Nierentransplantation) am Universitätsklinikum Mainz und Koordinatorin der Leitlinie. Sie ergänzt: „Aber in ihrer Summe sind die GN hochrelevant.“ Zu den Formen der GN zählen unter anderem: Immunglobulin-A-Nephropathie (IgAN), membranöse Glomerulonephritis (MGN), membranoproliferativen GNs, das Goodpasture Syndrom, Lupus-Nephritis und ANCA-assoziierte Vaskulitis.

Klare Standards für Diagnose und Nierenschutz

Die Leitlinie enthält erstmals klare, praxistaugliche Empfehlungen für Diagnostik und Therapie, die auf das deutsche Gesundheitssystem abgestimmt sind. Zunächst wird ein allgemeines diagnostisches Vorgehen bei glomerulären Erkrankungen sowie generelle Prinzipien zur Behandlung der CKD empfohlen. Dazu gehören die Abschätzung der Nierenfunktion anhand des Kreatininwerts im Blut, eine Urindiagnostik zur Proteinbestimmung und eine Ultraschalluntersuchung. Eine Nierenbiopsie gilt als Standard, kann in Einzelfällen aber durch klinische Befunde ersetzt werden. Die Diagnosesicherung erfolgt häufig im Zusammenspiel mit weiteren Laborwerten, etwa Antikörpern.

Im nächsten Schritt empfiehlt die Leitlinie eine Basistherapie zum Nierenschutz, die CKD-Therapie. Dazu gehören beispielsweise RAS-Inhibition sowie SGLT2-Inhibitoren und gegebenenfalls entwässernde Pharmazeutika. Darauf basierend werden spezifische Behandlungsstrategien für die wichtigsten Unterformen vorgeschlagen.

Besonderer Schwerpunkt: Kinder und Jugendliche

Die Leitlinie berücksichtigt im Besonderen auch die bei Kindern und Jugendlichen auftretenden Formen des nephrotischen Syndroms. Auf Biopsien wird hierbei möglichst verzichtet. Die Behandlung beginnt in der Regel mit Glukokortikoiden. Falls nötig, kommen auch steroidsparende Medikamente oder moderne Antikörpertherapien, wie beispielsweise Rituximab, in Betracht. Kinder, die an einem nephrotischen Syndrom erkranken, sollten frühzeitig von spezialisierten Kindernephrologen behandelt werden.

Lebensstil, Prävention – und der Blick in die Zukunft

Neben Medikamenten betont die Leitlinie auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie eine salzarme Ernährung, Rauchverzicht, Bewegung sowie Impfungen gegen Pneumokokken, Influenza und Herpes Zoster für immungeschwächte Patienten. Gleichzeitig mahnt die DGfN mehr Forschung an, denn in vielen Bereichen, insbesondere zu genetischen Varianten und Biomarkern, bleibt die Studienlage begrenzt. „Wir brauchen ein Deutsches Zentrum für Nierengesundheit (DZNG)”, fordert Dr. Nicole Helmbold, Generalsekretärin der DGfN. „So können wir die Forschung zu diesem Thema durch Vernetzung vorantreiben, Lebenserwartung und -qualität der betroffenen Menschen weiter verbessern und Kosten im Gesundheitswesen senken.“

„Eine GN kann man noch nicht für immer heilen. Man kann sie aber weitgehend zum Stillstand bringen“, sagt Weinmann-Menke. „Unser Ziel ist es, die Diagnostik und Therapie von GN auf hohem Niveau zu vereinheitlichen und damit die Prognose der Betroffenen zu verbessern. Denn die volkswirtschaftliche Bedeutung der GN ist groß. Die Veröffentlichung der S3-Leitlinie markiert deshalb einen Meilenstein für die nephrologische Versorgung in Deutschland und setzt neue Standards für die Diagnostik und Therapie von GN.“