Nierenkrankheiten: Wie ein natürlich vorkommendes RNA-Molekül eine schwere Autoimmunerkrankung auslösen kann

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Wie ein natürlich vorkommendes RNA-Molekül in der Niere einen mutierten Immunrezeptor aktiviert und damit eine Kettenreaktion auslöst, haben Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB) in einem Mausmodell herausgefunden.

Die neue Studie liefert laut den Autoren eine Erklärung dafür, wie eine Punktmutation in dem Immunrezeptor RIG-I das Abwehrsystem des Körpers in eine selbstzerstörerische Kraft verwandelt und eine schwere organspezifische Autoimmunerkrankungen verursacht.

Mutationen in RIG-I wurden mit seltenen Erbkrankheiten wie dem Singleton-Merten-Syndrom und dem systemischen Lupus erythematodes in Verbindung gebracht. Das Forschungsteam fand heraus, dass Mäuse, die eine mit Patienten assoziierte RIG-I-E373A-Mutation aufwiesen, spontan eine lupusähnliche Nephritis entwickelten. Im Gegensatz zum klassischen Lupus, bei dem es aufgrund von Ablagerungen von Immunkomplexen zu Entzündungen kommt, entstand die Erkrankung bei diesen Mäusen durch eine direkte Nierenentzündung, die durch das mutierte RIG-I ausgelöst wurde.

Die neuen Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science Immunology“ veröffentlicht.

Versteckter, gewebsspezifischer Aktivator

Die Untersuchungen zeigten im Einzelnen, dass eine kurze, nicht-kodierende RNA, bekannt als Y-RNA, die in der Niere stark gebildet wird, direkt an das mutierte RIG-I bindet und dessen abnormale Aktivierung auslöst. „Wir haben entdeckt, dass Y-RNA wie ein Fehlalarm für den mutierten RIG-I-Rezeptor wirkt, insbesondere in Nierenzellen“, erklärt Co-Autor Prof. Hiroki Kato vom UKB. „Diese lokale Fehlfunktion des Immunsystems löst eine schwere Entzündung aus, die der menschlichen Lupusnephritis ähnelt“, fügt er hinzu.

„Mithilfe fortschrittlicher molekularer und struktureller Analysen konnten wir zeigen, dass die RIG-I-E373A-Mutante auf ungewöhnliche Weise an Y-RNA bindet, was selbst ohne Virusinfektion zur Aktivierung des Rezeptors führt“, berichtet Erstautorin Saya Satoh und fährt fort: „Diese abnorme Aktivierung veranlasste die Nierenzellen, große Mengen an Interferonen und Chemokinen zu produzieren, wodurch Immunzellen angezogen und Entzündungen ausgelöst wurden.“

Gezielte Therapien im Fokus

Die Forschenden konnten auch ein potenzielles therapeutisches Ziel aufspüren: Eine Blockierung des CCR2-Signalwegs reduziert die Nierenentzündung bei den betroffenen Mäusen erheblich. Diese Erkenntnisse könnten laut den Autoren somit den Weg für die Entwicklung gezielter Therapien ebnen, welche die Aktivierung von mutiertem RIG-I oder dessen interagierenden Y-RNAs blockieren.

Beteiligte Institutionen und Förderung: Neben dem UKB und der Universität Bonn waren folgende Einrichtungen an der Studie beteiligt: Nanyang Technological University, Singapur, Universitätsklinikum Würzburg, Deutschland, Okayama-Universität, Japan, Kyoto University, Japan. Das Projekt wurde unterstützt von der DFG, der deutschen Exzellenzstrategie EXC 2151 „Nukleinsäureimmunität – Sonderforschungsbereich TRR237“, von Open Philanthropy im Rahmen der PANDEMIC ANTIVIRAL DISCOVERY PARTNERSHIP und vom singapurischen Bildungsministerium MOE AcRF Tier 1 Award.