Nierenkrebs: Neue Leitlinienempfehlungen zu erblichen Tumoren

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Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Nierenzellkarzinom überarbeitet und neue Empfehlungen zu erblichen Tumoren integriert, deren Diagnostik und Behandlung eine besondere Fachexpertise erfordern.

Laut dem Robert Koch-Institut erkranken jährlich etwa 14.000 Personen an Nierenkrebs – Männer sind fast doppelt so häufig betroffen wie Frauen, heißt es in der Pressemitteilung. Die Prognose sei vergleichsweise günstig, das relative 5-Jahres-Überleben von Erkrankten liegt bei 79 Prozent für Frauen und bei 77 Prozent für Männer. 2020 verstarben etwa 5100 Personen an Nierenkrebs. Bei der Entstehung können unter anderem erbliche Faktoren eine Rolle spielen. Die Betreuung dieser Patientengruppe und deren Angehörigen sei äußerst komplex und geht weit über die urologische Versorgung hinaus, heißt es weiter. Die S3-Leitlinie wurde daher nun um das Kapitel „erbliche Tumoren“ ergänzt.

Kapitel „erbliche Tumore“ ergänzt

„Wir gehen davon aus, dass fünf bis acht Prozent aller Fälle durch vererbte Genveränderungen bedingt sind. Es gibt Kriterien, die auf eine erbliche Variante hinweisen können, unter anderem das Erkrankungsalter vor dem 47. Lebensjahr und die Erkrankung naher Familienangehöriger. Für das Erkrankungsmanagement und die gezielte Therapieauswahl ist die Identifikation von erblichen Nierentumoren äußerst wichtig. Daher soll Betroffenen bei Verdacht auf einen erblichen Tumor eine genetische Beratung und eine molekulargenetische Analyse angeboten werden“, erklärt Prof. Christian Doehn, Urologikum Lübeck. Zusammen mit Prof. Susanne Krege, Kliniken Essen-Mitte, hat er die S3-Leitlinie koordiniert. Auch den Angehörigen soll laut der Leitlinie eine genetische Beratung angeboten werden.

„Das therapeutische Vorgehen bei erblichen Tumoren kann je nach Syndrom sehr unterschiedlich sein“, ergänzt Krege. Und weiter sagt sie: „Bei der Therapieauswahl spielen die Tumorgröße, die Wachstumsgeschwindigkeit und ein multifokales Auftreten eine wichtige Rolle. So kann in bestimmten Fällen die sogenannte aktive Überwachung angebracht sein. In anderen Fällen ist wiederum eine Operation oder eine gezielte fokale Therapie vonnöten.“ Zur fokalen Therapie zählt unter anderem die Radiofrequenzablation zur lokalen Zerstörung von Tumorgewebe durch Hitze. Bei erblichen Nierentumoren soll die Nachsorge zeitlich unbegrenzt fortgeführt werden.

Zum Hintergrund des Leitlinienprogramms

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 34 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen.