Nierenversagen: Umfunktioniertes Krebsmedikament könnte das Fortschreiten verhindern11. April 2025 Foto: © Aliaksandr-Marko/stock.adobe.com Eine neue Studie der University of California – Los Angeles Health Sciences (UCLA), USA, mit Mausmodellen und humangenetischen Daten hat einen entscheidenden Faktor aufgedeckt, der das Ausmaß der Narbenbildung nach einer Nierenschädigung bestimmt. Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“, beleuchtet die Rolle von Kollagen Typ 5 bei Nierenfibrose und zeigt laut den Autoren, wie eine experimentelle Therapie dazu beitragen könnte, Nierenversagen bei Hochrisikopatienten zu verhindern. „Fibrose bzw. Vernarbung ist einer der stärksten Prädiktoren für Nierenversagen, aber es ist unklar, warum manche Menschen eine stärkere Nierenvernarbung entwickeln als andere“, sagte Dr. Arjun Deb, leitender Autor der Studie und Mitglied des Eli and Edythe Broad Center of Regenerative Medicine and Stem Cell Research an der UCLA. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unterschiede in der Expression von Kollagen Typ 5 diese Variation erklären und dass die Untersuchung der Expression dieses Gens oder Proteins Personen mit erhöhtem Risiko identifizieren könnte“, fügt er hinzu. Kollagen Typ 5 bestimmt Schwere der Narbenbildung In einer früheren Studie zu Herzverletzungen stellte Deb bereits fest, dass Mäuse, die kein Kollagen Typ 5 produzieren konnten, nach einem Herzinfarkt eine stärkere Narbenbildung aufwiesen. Um herauszufinden, ob diese Mechanismen auch auf Nierenschäden übertragbar sind, analysierten Deb und sein Team Daten der UK Biobank, einer Langzeitstudie mit über 1,5 Millionen Teilnehmern. Sie entdeckten, dass die Expression von Col5a1, dem Gen, das für Kollagen Typ 5 kodiert, stark mit dem Risiko korrelierte, im Laufe eines Jahrzehnts eine chronische Nierenerkrankung zu entwickeln. „Dies gab uns einen Hinweis darauf, dass die Col5a1-Expression beim Menschen möglicherweise als Biomarker genutzt werden könnte, um Personen zu identifizieren, die ein höheres Risiko für Nierenversagen haben“, berichtete Deb. Eine Reihe von Experimenten an Mausmodellen bestätigte diese Ergebnisse: Mäuse mit niedrigem Col5a1-Spiegel entwickelten eine schwerere Fibrose und erlitten nach einer Nierenverletzung schneller ein Nierenversagen. Wie beim Menschen spielte Kollagen Typ 5 eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der Struktur und Funktion von Narbengewebe. Kollagenfasern, erklärte Deb, seien wie die Fäden, die ein Stück Stoff zusammenhalten. „Kollagene sind fibrillär und verleihen Narbengewebe Festigkeit“, erklärt Deb und fügt hinzu: „Die Anordnung der Fasern ist entscheidend. Kollagen Typ 5 sorgt dafür, dass das Narbengewebe nicht willkürlich verwebt, sondern strukturiert und stabil ist.“ Ohne Kollagen Typ 5 erkennt der Körper, dass sich das Narbengewebe schwächer und ungeordneter gebildet hat. Dies aktiviert αvβ3-Integrine – Rezeptoren in Fibroblastenzellen, die das geschwächte Gewebe erkennen und mit der Produktion von noch mehr Narbengewebe reagieren. Dieser Kreislauf übermäßiger Fibrose führt zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion und schließlich zu Nierenversagen. Blockierung von Integrin αvβ3 Das Team erkannte, dass übermäßige Integrinaktivität die Fibrose bei Tieren mit vermindertem Kollagen Typ 5 förderte, und suchte nach einer Möglichkeit, diesen Signalweg zu blockieren. Eine mögliche Lösung fand es in Cilengitid, einem Medikament, das die Integrin-Signalgebung unterbricht. Ursprünglich als Krebstherapie entwickelt, wurde Cilengitid in klinischen Studien als sicher, aber letztlich als nicht wirksam gegen Krebs eingestuft. Das Team stellte fest, dass die Behandlung von Tieren mit vermindertem Kollagen Typ 5 mit Cilengitid die Nierenfibrose signifikant reduzierte und den Krankheitsverlauf verlangsamte. Bemerkenswerterweise zeigte es bei Mäusen mit normaler Col5a1-Expression keine Wirkung, was laut den Autoren sein Potenzial als zielgerichtete Therapie für Personen mit dem Risiko eines schnellen Krankheitsverlaufs unterstreicht. „Dies bietet eine spannende Möglichkeit, dieses Medikament, das von der FDA bereits als sicher eingestuft wurde, für eine völlig andere Indikation einzusetzen“, sagte Deb. Ergebnisse in die klinische Anwendung übertragen Debs Team arbeitet derzeit an der Entwicklung eines Bluttests zur Messung des Col5a1-Spiegels bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung, um einen klinischen Schwellenwert für die Identifizierung gefährdeter Personen festzulegen. Nach der Validierung könnte dieser Biomarker nach Angaben der Wissenschaftler als Grundlage für Behandlungsentscheidungen dienen und Patienten identifizieren, die von diesem gezielten Ansatz zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs profitieren könnten. „Chronische Nierenerkrankungen bieten ein großes Zeitfenster für Interventionsmöglichkeiten. Um festzustellen, wer wahrscheinlich einen beschleunigten Krankheitsverlauf hat und Nierenersatztherapien benötigt, ist ein präzisionsmedizinischer Ansatz erforderlich“, sagte Deb. „Mit einem einfachen Bluttest können wir den Kollagen-Typ-5-Spiegel messen und Personen identifizieren, die möglicherweise von diesem Medikament profitieren könnten.“ Neben chronischen Nierenerkrankungen untersuchen die Forscher auch, ob dieselben Mechanismen zur Fibrosierung in Leber und Blutgefäßen beitragen, wo Vernarbung eine wesentliche Krankheitsursache darstellt.
Mehr erfahren zu: "Laparoskopischer Nephrektomie: Erhöhtes Risiko für nachfolgende Hodenoperation" Weiterlesen nach Anmeldung Laparoskopischer Nephrektomie: Erhöhtes Risiko für nachfolgende Hodenoperation Die laparoskopische Nephrektomie ist bei männlichen Lebendnierenspendern mit einem höheren Risiko für eine nachfolgende Hodenoperation verbunden. Das berichten Forscher der Western University (Kanada).
Mehr erfahren zu: "Neu an der Charité: Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin" Neu an der Charité: Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin Künstliche Intelligenz (KI) nimmt auch in der Medizin einen immer größeren Raum ein. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat die Charité in Berlin das Institut für Künstliche Intelligenz in […]
Mehr erfahren zu: "Nephronophthise: Hemmung des Hippo-Signalweges kann Fibrose im Gewebe unterdrücken" Weiterlesen nach Anmeldung Nephronophthise: Hemmung des Hippo-Signalweges kann Fibrose im Gewebe unterdrücken Mithilfe von Nierenorganoiden haben Forscher des Institute of Science Tokyo (Japan), entdeckt, wie eine abnorme Hippo-Signalübertragung die Fibrose bei Nephronophthise (NPHP), vorantreibt.