Nipah Virus in Südindien: CRM schätzt Risiko für Touristen als gering ein

Baumfrüchte, aus denen Säfte hergestellt oder die als Obst verzehrt werden, können in Südindien mit Ausscheidungen von Pteropus-Fledermäusen kontaminiert sein. Die Flughunde sind ein natürlicher Wirt des Nipah-Virus (Foto: © chamnan phanthong/Fotolia)

Seit Mitte Mai sind in Südindien erstmals Infektionen mit dem Nipah-Virus aufgetreten, zehn Menschen sind verstorben. Die Infektion erfolgt überwiegend über Baumfrüchte und daraus hergestellten Säften.

Das CRM Centrum für Reisemedizin rät Touristen in Indien auf rohe Fruchtsäfte und ungewaschene, angebissene Baumfrüchte vollständig zu verzichten, schätzt das Risiko einer Infektion mit dem Nipah-Virus (NiV) für Reisende aber derzeit als gering ein.

Seit 1998 gab es mehrere Nipah-Ausbrüche in Malaysia, Singapur und im indischen Bundesstaat Westbengalen. Der zu den Henipaviren aus der Familie der Paramyxoviridae gehörende Erreger Nipah gilt am Golf von Bengalen als endemisch. Im südindischen Distrikt Kozhikode im Bundesstaat Karela wurden im Mai 18 Verdachtsfälle einer Infektion mit dem NiV gemeldet. Bei zwölf Betroffenen konnte der Erreger bestätigt werden, zehn Menschen sind bislang verstorben. Es handelt sich um den ersten Ausbruch in Südindien.

Natürlicher Wirt des Erregers in Indien sind fruchtfressende Fledermäuse. „Die Infektion erfolgt vorwiegend oral über Baumfrüchte oder daraus hergestellten Säften, die mit Ausscheidungen derartiger Pteropus-Fledermäuse, auch Flughunde genannt, kontaminiert sind,“ erklärt der wissenschaftliche Leiter des CRM Professor Tomas Jelinek. „Wir raten Reisenden daher, rohe Säfte wie Dattelpalmensaft und Baumfrüchte, die ungewaschen und angebissen sind, generell zu vermeiden. Die Gefahr einer Infektion ist dann äußerst gering.“ Touristen sollten sich vor Abflug zusätzlich aktuelle reisemedizinische Informationen einholen, wie bei sonstigen Reisen auch.

In Südinden werden derzeit rund 100 Personen medizinisch überwacht, die mit den Erkrankten in Kontakt standen. „Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme, denn das NiV kann im begrenztem Umfang auch von Mensch zu Mensch übertragen werden“, so der Experte für Reisemedizin. „Dies kommt in der Regel aber nur bei engem persönlichen Kontakt vor, also unter Angehörigen und weiteren Menschen, die in einem Haushalt zusammenleben. Die Übertragung erfolgt wahrscheinlich durch den engen Kontakt mit Sekreten und Ausscheidungen von Erkrankten.“

Das NiV hat seinen Namen von Nipah in Malaysia, wo 1998 der erste Ausbruch der Erkrankung beschrieben worden ist. Von diesem waren Haustiere und Menschen betroffen: Schweine waren infiziert, mit denen die ersten erkrankten Menschen, Schweinehalter, Kontakt hatten. „Neben der Übertragung durch Fledermäuse in Indien kommen also auch Haustiere wie Schweine als Überträger in Betracht, was in Malaysia der Fall war, für Indien aber bislang nicht berichtet wurde“, so Jelinek.

Die Nipah-Krankheit führt bei einer Infektion zu grippeähnlichen Symptomen mit hohem Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und Erbrechen. Bei schwerem Verlauf kann es zu einer Enzephalitis, einer Gehirnentzündung kommen, ebenso zu akuten Atemwegserkrankungen oder atypischen Lungenentzündungen. Derzeit gibt es keine Impfstoffe oder spezifischen Medikamente gegen die Nipah-Krankheit, nur eine unterstützende Behandlung. Das NiV und weitere durch Henipaviren verursachte Krankheiten stehen auf der F&E Blueprint-Liste der World Health Organisation (WHO). Auf diese setzt die WHO Krankheiten und Erreger, die sie für die Forschung und Entwicklung als vorrangig betrachtet, weil sie aufgrund ihres Endemiepotenzials und keiner oder nur unzureichender Gegenmaßnahmen ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen.