Normale und abnormale Röntgen-Thoraxaufnahmen lassen sich mittels Künstlicher Intelligenz exakt identifizieren

Aufnahmen eines 44-jährigen Patienten, der sich mit Brustschmerzen und Dyspnoe vorstellte. (A) Die Röntgen-Thoraxaufnahme zeigt sehr subtile knötchenförmige Trübungen, hauptsächlich in den unteren Lappen, die für eine Lungenentzündung repräsentativ sind, und ein diskretes Silhouettenzeichen der rechten Herzgrenze (Pfeil). Das KI-System interpretierte diese Röntgenaufnahme des Brustkorbs als normal. Es wurde auch im Bericht der Radiologen als normal interpretiert. (B) Der Computertomographie-Scan zeigt die Trübungen des unteren Lappens mit einer vagen Tree-in-Bud-Morphologie (Kasten) und einem Konsolidierungsbereich (Pfeil). Eine Lungenangiographie wurde fünf Stunden nach dem Röntgen durchgeführt. Dies war der einzige falsch-negative „kritische“ Befund des KI-Tools. (Quelle: © Radiological Society of North America)

Eine dänische Arbeitsgruppe hat kürzlich in der Zeitschrift „Radiology“ dargestellt, wie sich mit Künstlicher Intelligenz (KI) im klinischen Setting normale und abnormale Röntgenaufnahmen des Thorax identifizieren lassen.

„Es besteht eine exponenziell steigende Nachfrage nach medizinischer Bildgebung, insbesondere Querschnittsuntersuchungen wie der Computertomographie und der Magnetresonanztomographie“, erläutert Dr. Louis Lind Plesner von der Abteilung für Radiologie am Krankenhaus Herlev und Gentofte in Kopenhagen (Dänemark), Co-Autor der Studie. „Mittlerweile herrscht weltweit ein Mangel an ausgebildeten Radiologen. Künstliche Intelligenz hat sich als vielversprechend erwiesen, sollte aber vor jeder Implementierung immer gründlich getestet werden.“

Für diese retrospektive, multizentrische Studie wollten Plesner und seine Kollegen die Zuverlässigkeit der Verwendung eines KI-Tools bestimmen, das normale und abnormale Röntgen-Thoraxaufnahmen identifizieren kann.

Die Wissenschaftler verwendeten ein existierendes KI-Tool, um die Röntgenaufnahmen des Thorax von 1529 Patienten aus vier Krankenhäusern in der dänischen Hauptstadtregion zu analysieren. Dies schloss Scans von Patienten aus Notaufnahmen, stationär behandelte sowie ambulante Patienten ein. Die Röntgenbilder wurden vom KI-Tool entweder als „mit hoher Wahrscheinlichkeit normal“ (normal) oder „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht normal“ (abnormal) eingestuft. Zwei zertifizierte Thoraxradiologen dienten als Referenzstandard. Bei Meinungsverschiedenheiten wurde ein dritter Radiologe hinzugezogen; alle drei Ärzte waren gegenüber den KI-Ergebnissen verblindet.

Von den 429 Röntgen-Thoraxaufnahmen, die als normal eingeschätzt wurden, ergab bei 120 (28%) auch das KI-Tool eine Einstufung als normal. Diese Röntgenaufnahmen beziehungsweise 7,8 Prozent aller Röntgenaufnahmen könnten potenziell sicher durch ein KI-Tool automatische befundet werden. Das KI-Tool identifizierte abnormale Röntgen-Thoraxaufnahmen mit einer Sensitivität von 99,1 Prozent.

„Das überraschendste Ergebnis war, als wie empfindlich sich dieses KI-Tool für alle Arten thorakaler Erkrankungen erwiesen hat“, sagt Plesner. „Tatsächlich konnten wir in unserer Datenbank keine einzige Röntgen-Thoraxaufnahme finden, bei dem der Algorithmus einen großen Fehler gemacht hätte. Darüber hinaus bewies das KI-Tool insgesamt eine bessere Sensitivität als die zertifizierten Radiologen.“

Den Forschern zufolge könnte man in weiteren Untersuchungen auf eine stärkere prospektive Implementierung des KI-Tools abzielen, bei der die autonom gemeldeten Röntgenaufnahmen des Thorax noch von Radiologen überprüft werden.

Besonders gut schnitt das KI-Tool bei der Erkennung normaler Röntgenbilder in der ambulanten Patientengruppe ab, mit einer Rate von 11,6 Prozent. Dies deutet laut den Studienautoren darauf hin, dass sich das KI-Modell in ambulanten Einrichtungen mit einer hohen Prävalenz normaler Röntgenaufnahmen besonders eignen würde.

„Röntgenaufnahmen des Thorax gehören zu den weltweit am häufigsten durchgeführten bildgebenden Untersuchungen“, unterstreicht Plesner. „Selbst ein kleiner Prozentsatz der Automatisierung kann Radiologen zu Zeitersparnissen führen, die sie dann priorisiert für komplexere Aufgaben einsetzten können.“