O & U in Zeiten der Sparpolitik: Wie viel Qualität ist noch möglich?

Andrea Meurer (Foto: Biermann Medizin, hr)

Prof. Andrea Meurer hat auf dem DKOU eindringlich vor Qualitätseinbußen beim Hüftgelenkersatz sowie der Wirbelsäulentherapie gewarnt. Hintergrund sind die Anfang des Jahres erfolgten DRG-Abwertungen.

Zum ersten Januar 2017 wurden die Pauschalen für den Hüftgelenksersatz und für zahlreiche Maßnahmen bei der Wirbelsäulentherapie gesenkt. Diese Kürzungen bei der Leistungsvergütung gefährden die Patientensicherheit und die hohen Qualitätsstandards in der orthopädischen Versorgung. Meurer wies darauf hin, dass vor allem spezialisierte Fachkliniken mit einem hohen Qualitätsniveau und Therapiekonzepten für schwierige Fälle mit der aktuellen DRG-Abwertung empfindlich getroffen werden. „Für eine einfache Hüfttotalendoprothese erhalten Kliniken 5,75 Prozent weniger Vergütung als bisher. Wenn eine Klinik sich auf diese Art von Fällen spezialisiert hat, kommt es zu einem dramatischen Einkommensverlust“, berichtete Meurer. „Und dann sparen sie nicht nur mehr bei den Tupfern“, so Meurer weiter.

Die Krankenhäuser würden Einsparungen an andere Stelle vornehmen und zum Beispiel Kosten der Liegezeiten, der Implantate und der Sachkosten senken müssen. „Dies bedeutet schließlich, dass hochwertige Prothesen mit zum Beispiel einer hochwertigen Keramik-Keramik-Gleitpaarung kostendeckend nicht mehr eingesetzt werden können. Es werden folglich preiswertere Implantate ausgewählt werden. Dies hat jedoch zur Konsequenz, dass die Verweildauer der Implantate im Körper sinkt und in letzter Konsequenz eine höhere Rate an früheren Revisionsoperationen zur Folge hat“, berichtete Meurer.

Des Weiteren werde natürlich am Personal gespart. „Das führt wiederum zu einer noch stärkeren Belastung des verbleibenden Team“, kritisierte die DGOOC-Präsidentin. Und für das nächste Jahr sind schon weitere Einsparungen geplant. „Dieses System stellt einen völligen Fehlanreiz dar.“ Hinzu komme ja auch, dass, um die Mindereinnahmen ausgleichen zu können, vermutlich mehr operiert werde. „Das kann ja wohl nicht gewünscht sein”, so Meurer.

Auch die Entscheidung zur DRG-Abwertung für die Therapien von Erkrankungen der Wirbelsäule sind für die Expertin widersprüchlich. Denn zukünftig sollen nicht nur die Vollpauschalen für operative Eingriffe schlechter vergütet werden, sondern auch die konservativen stationären Behandlungen würden erschwert. Denn Kliniken, die mehr Patienten als der Bundesdurchschnitt konservativ therapieren, sollen weniger Behandlungskosten erstattet bekommen. „Die konservative Therapie ist bereits heute dramatisch und chronisch unterfinanziert“, kritisierte Meurer.

Begründet wurden die Abwertungen mit dem Verdacht auf wirtschaftlich begründbare Fallzahlsteigerungen. „Das stimmt so nicht, denn die Daten des Endoprothesenregisters Deutschland zeigen, dass die Endoprothesen-Implantationszahlen seit 2009 stabil geblieben sind“, konstatierte Meurer. Um Aufgrund der DRG-Abwertung nicht Fehlanreize mit gesteigerten Implantationen zu schaffen, um mehr Einnahmen zu generieren, müsse dringend diesem widersinnigen System gegengesteuert werden. „Die Abwärtsspirale in der DRG-Preispolitik wird ohne Qualitätseinbußen nicht zu kompensieren sein. Dies  zu verhindern, ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe“, betonte Meurer. „Wenn wir weiterhin gute Qualität haben wollen, benötigen wir auch das Geld dafür.“

(hr)