OCT: Makulaverdickung bei älteren Patienten zeigt höheres Risiko für postoperatives Delirium

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Eine aktuelle chinesische Studie konnte belegen, dass eine Verdickung der Makula bei geriatrischen Patienten, die sich einer Operation unter Vollnarkose unterziehen, mit einem höheren Risiko und Schweregrad für ein postoperatives Delirium einhergeht.

Das postoperative Delirium ist eine der häufigsten Komplikationen bei älteren Patienten nach einer Operation. Es kann tiefgreifende Auswirkungen auf die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Patienten, die an einem postoperativen Delirium leiden, benötigen längere Krankenhausaufenthalte. Zudem haben Betroffene eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie zu Hause Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben wie Waschen, Anziehen und Essen benötigen oder in ein Pflegeheim entlassen werden. Auch besteht ein höheres Risiko für einen kognitiven Abbau und Demenz.

Es gibt keine einfachen Tests zur Identifikation von Patienten mit erhöhtem Risiko für ein postoperatives Delirium. Ein Risikofaktor ist aber eine Beeinträchtigung des Sehvermögens. Deshalb untersuchten die Autoren, ob eine verdickte Makula ein potenzieller Biomarker für diesen Zustand sein könnte.

Studiendesign

An der Studie nahmen 169 Patienten im Alter von mindestens 65 Jahren teil, bei denen im Shanghai 10th People’s Hospital, Shanghai, China, ein Hüft- oder Kniegelenkersatz, eine Nieren- oder Prostataoperation unter Vollnarkose geplant war. Im Rahmen ihrer präoperativen Untersuchung wurde bei diesen Patienten eine optische Kohärenztomographie (OCT) zur Messung der Makuladicke durchgeführt. Die Patienten wurden in den ersten drei Tagen nach der Operation täglich mit dem Algorithmus der Confusion Assessment Method (CAM) auf Delirium untersucht.

Der Schweregrad eines Delirs wurde anhand des CAM-Severity (CAM-S)-Ratings von zehn Delirium-Merkmalen gemessen, darunter Unaufmerksamkeit, desorganisiertes Denken, Desorientierung, verminderte Schlafqualität und -menge, Unfähigkeit, still zu sitzen, begleitet von Angst oder verlangsamten Bewegungen und Denkprozessen.

Größere präoperative Makuladicke des rechten Auges erhöht Wahrscheinlichkeit für postoperatives Delirium

Die Forscher stellten bei 40 Patienten (24 %) ein postoperatives Delirium fest. Diese Patienten wiesen bei der präoperativen Untersuchung eine größere mittlere Makuladicke (283,35 µm) des rechten Auges im Vergleich zu Patienten, die kein postoperatives Delirium erlitten (273,84 µm) auf. Nach Anpassung an Alter, Geschlecht und Geisteszustand ermittelten die Wissenschaftler für eine größere präoperative Makuladicke des rechten Auges eine um 1,593 höhere Wahrscheinlichkeit ein postoperatives Delirium zu entwickeln. Zudem war das erlebte Delirium schwerer. Für eine Verdickung der Makula am linken Auge konnten die Forscher jedoch kein höheres Risiko für ein postoperatives Delirium ableiten. Die Ergebnisse wurde online in der Open-Access-Zeitschrift „General Psychiatry“ veröffentlicht.

Frühere Studien zeigen asymmetrische Neurodegeneration

Die Autoren haben keine Erklärung für die Unterschiede in der Assoziation zwischen dem rechten und dem linken Auge. Jedoch stimmen diese den Forschern zufolge mit den Ergebnissen früherer Studien überein. In Studien mit gesunden Personen wurde festgestellt, dass die durchschnittliche Makuladicke des rechten Auges dicker ist als die des linken Auges. Zudem wurde in Studien zu Neurodegeneration über eine asymmetrische Neurodegeneration sowohl der Netzhaut als auch des Gehirns berichtet.

Die Autoren weisen darauf hin, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, weshalb keine eindeutigen Schlussfolgerungen über Ursache und Wirkung gezogen werden können. Auch sie räumen ein, dass die Studie einige Einschränkungen aufweist wie die geringe Größe und die Tatsache, dass potenzielle Störfaktoren, wie zum Beispiel eine vorbestehende Augendominanz, nicht untersucht wurden.

Die Autoren kommen zu folgendem Schluss: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die mittels OCT gemessene Makuladicke als nichtinvasiver Marker dienen und Personen identifizieren kann, die bei geriatrischen Patienten anfällig für ein postoperatives Delirium nach Anästhesie und Operation sind.“ Sie fügen hinzu: „Weitere groß angelegte Validierungsstudien sollten durchgeführt werden, um diese Ergebnisse zu bestätigen.“

(sas)