Öffnung der Blut-Hirn-Schranke mittels fokussiertem Ultraschall zuverlässig messen

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US-Wissenschaftler haben die nach eigenen Angaben erste technische Beschreibung für die zuverlässige Öffnung der Blut-Hirn-Schranke mittels fokussiertem Ultraschall vorgelegt.

Die kürzlich in „Device“ veröffentlichten Ergebnisse ebnen den Weg für eine Ausweitung des Einsatzes eines experimentellen Gerätes zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke, um die Behandlung und Diagnostik von Patienten mit Hirntumoren und anderen neurologischen Erkrankungen zu verbessern. Beteiligt waren Wissenschaftler der University of Maryland School of Medicine (UMSOM) in Baltimore, des Brigham and Women’s Hospital in Boston (beide USA) und anderer nordamerikanischer Einrichtungen.

Um die effektivste Anwendung von fokussiertem Ultraschall zur zuverlässigen Öffnung der Blut-Hirn-Schranke zu ermitteln, erfassten Ärzte, Wissenschaftler und Ingenieure unter der Leitung von Prof. Graeme Woodworth die Daten von 34 Glioblastom-Patienten. Diese hatten jeweils bis zu sechs monatliche Behandlungszyklen mit insgesamt 972 individuellen Behandlungen mit fokussiertem Ultraschall erhalten.

Prof. Graeme Woodworth. Bildquelle: © University of Maryland School of Medicine

Woodworth ist Lehrstuhlinhaber für Neurochirurgie an der UMSOM und Leiter des Brain Tumor Treatment and Research Program am University of Maryland Marlene and Stewart Greenebaum Comprehensive Cancer Center (UMGCCC).

Das Team fand heraus, dass widerhallende Schallwellen, die als akustische Emissionssignale von zirkulierenden Mikrobläschen erfasst werden, ein zuverlässiges Maß zur Vorhersage der Öffnung der Blut-Hirn-Schranke bei Patienten darstellen. Die in der Studie beschriebenen Methoden und Analysen ermöglichen es Forschern und Klinikern künftig, Behandlungen zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke Patienten- und Setting-übergreifend zu überwachen, zu vergleichen und zu verschreiben. Dies trägt dazu bei, den Einsatz von Medikamenten im Gehirn zu erleichtern und einzugrenzen.

Einheitliches Konzept beim fokussierten Ultraschall wird möglich

„Angesichts der zunehmenden Verfügbarkeit verschiedener Geräte zur Abgabe von Ultraschall-Energie, unterschiedlicher Behandlungsparameter und verschiedener Ansätze zur Überwachung und Kontrolle in Echtzeit besteht ein erheblicher, ungedeckter Bedarf an der Definition und Standardisierung von Behandlungen zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke mit fokussiertem Ultraschall“, so Woodworth.

„Die Überwachung akustischer Emissionen und daraus abgeleitete Dosierungsschemata eröffnen die Möglichkeit für ein einheitliches Konzept beim fokussierten Ultraschall“, fügte er hinzu. „Die in dieser Studie bereitgestellten Daten und Analysen dienen der Weiterentwicklung dieses methodischen Paradigmas und des Einsatzgebietes des fokussierten Ultraschalls.“

Öffnung der Blut-Hirn-Schranke über aktivierte Gasbläschen

Um die Blut-Hirn-Schranke mit fokussiertem Ultraschall zu öffnen, werden mikroskopisch kleine, mit inertem Gas gefüllte Bläschen in den Blutkreislauf des Patienten injiziert und durch Ultraschallenergie im Zielbereich aktiviert. Die Wirksamkeit wird dabei mittels MRT überwacht.

„Bei Anregung mit Ultraschallwellen geringer Intensität schwingen die Mikrobläschen im Energiefeld und verursachen vorübergehende mechanische Störungen in den Wänden der Hirnblutgefäße“, erklärt Dr. Pavlos Anastasiadis, Assistenzprofessor für Neurochirurgie an der UMSOM und Co-Autor dieser Studie.

„Unsere Studie baut auf grundlegenden Arbeiten auf, die in den 1990er Jahren im Labor für fokussierten Ultraschall am Brigham and Women’s Hospital begannen, als Mikrobläschen erstmals zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke eingesetzt wurden“, erklärt die leitende Autorin Alexandra J. Golby, Leiterin der bildgeführten Neurochirurgie am Brigham and Women’s Hospital. „Unsere Arbeit baut auf diesen Erkenntnissen auf und hat eine sichere und praktikable Technik entwickelt, die es uns ermöglicht, die Blut-Hirn-Schranke bei Patienten mit Glioblastom vor der Chemotherapie wiederholt zu öffnen.“

Ergebnisse der klinischen Studie sollen bald publiziert werden

Die Daten dieser Studie wurden bei einer Untergruppe von Glioblastom-Patienten erhoben, die an einer von Woodworth geleiteten klinischen Studie teilnahmen, in der fokussierter Ultraschall zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke eingesetzt wurde, um eine Standardchemotherapie zu verabreichen. Die Forscher planen, die Ergebnisse dieser neuen Studie in Kürze zu veröffentlichen.

Derzeit läuft eine größere, diagnostisch ausgerichtete, zulassungsrelevante Studie zum fokussierten Ultraschall bei Glioblastom-Patienten namens LIBERATE. Sie wird von Woodworth gemeinsam mit dem Research Consortium for Transcranial Focused UltraSound-Enhanced Drug Delivery & Diagnostics (ReFOCUSED) geleitet. ReFOCUSED ist eine wachsende Forschergruppe an mehr als 20 Standorten in Nordamerika, deren Ziel es ist, die neuen Möglichkeiten des MRT-gesteuerten fokussierten Ultraschalls zu nutzen, um die klinischen Ergebnisse von Hirnerkrankungen zu verbessern.

Diese Studie wurde vom Gerätehersteller Insightec Inc. (Miami, USA) und der Focused Ultrasound Foundation finanziert. (sf)