Offener Brief an Krankenkasse: Regresse bei TAV-Präparaten zurücknehmen

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In einem offenen Brief haben sich drei betroffene Ärzteverbände an die Krankenkasse Viactiv gewandt und fordern, die von der Kasse im Februar angestoßenen Regressverfahren zu verordneten Therapieallergenen zurückzunehmen.

Bereits im Mitte Februar hatte der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte die Regressforderungen der Krankenkasse Vivactiv kritisiert. Jetzt hat der Verband gemeinsam mit dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen e.V. und der Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner e.V. einen offenen Brief verfasst.

Die unterzeichnenden Verbände sehen die Voraussetzungen für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung sowohl medizinisch als auch juristisch nicht gegeben und haben ihren Mitgliedern empfohlen, den Anträgen zu widersprechen. „Gleichzeitig fordern wir Sie auf, die Regressforderung in Gänze zurückzunehmen“, heißt es in dem Schreiben.

Sie begründen ihre Forderung mit Verweise auf die Rechtslage. Demnach seien Therapieallergene grundsätzlich zulassungsfrei, es sei denn sie fallen unter die Therapieallergeneverordnung (TAV). Für diese Allergene gelte jedoch eine Übergangsregelung, konkret schreiben die Verbände: „Ausweislich § 3 TAV dürfen Therapieallergene weiterhin ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden, sofern sie bei Inkrafttreten der TAV hergestellt wurden und unter Berücksichtigung der Vorgaben eine entsprechende Anzeige erfolgte und ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Diese verkehrsfähigen Therapieallergene sind damit auch zu Lasten der Krankenkasse verordnungsfähig.“

Mit dieser Übergangsregelung habe der Gesetzgeber bewusst eine Regelung getroffen, um Versorgungsengpässe zu vermeiden. „Die Annahme, dass Therapieallergene nur bei bestehender Zulassung erstattungsfähig seien, würde die bestehende Übergangsregelung ad absurdum führen“, heißt es weiter. Nach Ansicht der Verbände würde eine fehlende Erstattungsfähigkeit dieser verkehrsfähigen Therapieallergene dem Zweck der Regelung und dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen.

Die unterzeichnenden Ärzteverbände sehen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Verordnung von verkehrsfähigen Therapieallergenen erfüllt und betonen den Anspruch der Versicherten auf die Versorgung mit diesen Arzneimitteln.

„Abgesehen von der enormen Verunsicherung und dem großen individuellen Ärger, den die Viactiv mit ihrem Vorgehen bei den allergologisch tätigen Ärztinnen und Ärzten verursacht habe, sei ein immenser Kollateralschaden für die allergologische Versorgung der Patientinnen und Patienten entstanden”, kritisieren HNO-Ärzte, Dermatologen und Lungenfachärzte. „Es steht zu befürchten, dass die sich nun mit Regressforderungen konfrontiert sehenden Kolleginnen und Kollegen in Zukunft keine Hyposensibilisierungen mehr durchführen werden.“

Hinsichtlich der ohnehin sehr großen Zahl an unbehandelten Allergiepatienten in Deutschland sei davon auszugehen, dass das Vorgehen der Viactiv das bestehende Versorgungsdefizit noch vergrößern werde, so die Befürchtung der Ärzteverbände.

In einer Mitte Februar veröffentlichten Stellungnahme zum Thema hatte sich die Viactiv darauf berufen, dass Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der in der angesprochenen Allergen-Medikamente behördlicherseits nicht nachgewiesen seien und verkehrsfähig (im Handel) eben nicht zugelassen bedeute. Die geltende Rechtlage legt die Krankenkasse anders aus. Dazu heißt es in der Stellungnahme: „Therapieallergene, die laut TAV über keine gültige Zulassung verfügen, können daher nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden.“ (ja)