Optimales Zeitfenster für probiotische Aknetherapie in der frühen Adoleszenz

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Während der frühen Teenagerjahre besiedeln viele neue Stämme von C. acnes die Gesichtshaut. Dies könnte ein optimaler Zeitpunkt für eine probiotische Behandlung sein.

Die Zusammensetzung der bakteriellen Populationen auf unserer Gesichtshaut spielt eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Akne und anderen Hauterkrankungen wie Ekzemen. Bei den meisten Menschen dominieren zwei Bakterienarten, doch wie sie miteinander interagieren und inwieweit diese Interaktionen zur Krankheitsentstehung beitragen, war bislang schwer zu untersuchen.

Forschende am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA, haben nun die Dynamik dieser Interaktionen detaillierter als bisher möglich aufgeklärt und damit beleuchtet, wann und wie neue Bakterienstämme auf der Gesichtshaut entstehen. Ihre Erkenntnisse könnten die Entwicklung neuer Therapien gegen Akne und andere Erkrankungen unterstützen und zudem helfen, den optimalen Zeitpunkt für solche Behandlungen zu bestimmen.

Die Forschenden stellten fest, dass viele neue Stämme von Cutibacterium acnes während der frühen Teenagerjahre erworben werden. Danach bleibt die Zusammensetzung dieser Populationen sehr stabil und verändert sich auch bei Kontakt mit neuen Stämmen kaum. Dies deutet darauf hin, dass diese Übergangsphase das beste Zeitfenster für die Einführung probiotischer C.-acnes-Stämme sein könnte, erklärt Tami Lieberman vom MIT Institute for Medical Engineering and Science. „Wir haben einige überraschende Dynamiken festgestellt, die Hinweise darauf geben, wie probiotische Therapien gestaltet werden können“, sagt Lieberman. „Wenn wir einen Stamm hätten, von dem wir wissen, dass er Akne verhindern kann, legen diese Ergebnisse nahe, dass wir ihn früh während des Übergangs ins Erwachsenenalter anwenden sollten, um eine nachhaltige Etablierung zu erreichen.“

Unterschiedliche Dynamik bei C. acnes und S. epidermidis

Obwohl C. acnes mit der Entstehung von Akne in Verbindung gebracht wird, ist noch unklar, warum Akne bei manchen Menschen auftritt und bei anderen nicht – möglicherweise sind bestimmte Stämme stärker entzündungsfördernd, oder das Immunsystem reagiert unterschiedlich, so Lieberman. Es sind bereits probiotische C.-acnes-Stämme verfügbar, die Akne vorbeugen sollen, deren Nutzen jedoch nicht belegt ist.

Neben C. acnes ist Staphylococcus epidermidis der zweite dominante Hautkeim. Zusammen machen diese beiden Arten etwa 80 Prozent der Bakterien im adulten Gesichtshautmikrobiom aus. Beide Spezies existieren in unterschiedlichen Stämmen bzw. Linien, die sich durch wenige genetische Mutationen unterscheiden. Bisher war es jedoch nicht möglich, diese Diversität exakt zu messen oder ihre zeitliche Veränderung zu verfolgen. Ein besseres Verständnis dieser Dynamik könnte helfen, zentrale Fragen für die Entwicklung neuer probiotischer Aknetherapien zu beantworten: Wie leicht können sich neue Linien auf der Haut etablieren, und wann ist der beste Zeitpunkt für deren Einführung?

Langzeitbeobachtungen und genetische Charakterisierung

Zur Untersuchung dieser Populationsverschiebungen mussten die Forschenden verfolgen, wie sich einzelne Zellen im Zeitverlauf entwickeln. Dazu entnahmen sie Mikrobiomproben von 30 Kindern einer Schule im Raum Boston und von 27 ihrer Eltern. Die Untersuchung von Familienmitgliedern ermöglichte es, die Wahrscheinlichkeit der Übertragung verschiedener Linien zwischen Personen mit engem Kontakt zu analysieren.

Bei etwa der Hälfte der Probanden konnten die Forschenden Proben zu mehreren Zeitpunkten entnehmen, bei den übrigen nur einmalig. Für jede Probe isolierten sie Einzelzellen, züchteten daraus Kolonien und sequenzierten deren Genome. So konnten sie ermitteln, wie viele Linien bei jeder Person vorkamen, wie sie sich im Zeitverlauf veränderten und wie unterschiedlich Zellen derselben Linie waren. Aus diesen Daten konnten die Forschenden ableiten, was mit den Linien in der jüngeren Vergangenheit geschehen war und wie lange sie bereits auf dem Individuum vorhanden waren.

Insgesamt identifizierten die Forschenden 89 C.-acnes-Linien und 78 S.-epidermidis-Linien, mit bis zu 11 Linien pro Person. Frühere Arbeiten hatten nahegelegt, dass die Linien dieser beiden Hautbakterien im Gesichtsmikrobiom über lange Zeiträume stabil bleiben, doch das MIT-Team stellte fest, dass diese Populationen tatsächlich dynamischer sind als bislang angenommen.

Adoleszenz als mikrobielles Übergangsfenster

„Wir wollten wissen, ob diese Gemeinschaften wirklich stabil sind und ob es Zeiten gibt, in denen sie das nicht sind. Insbesondere, ob der Übergang zu einem erwachsenenähnlichen Hautmikrobiom mit einer erhöhten Aufnahme neuer Linien einhergeht“, sagt Lieberman.

Während der frühen Teenagerjahre führt eine erhöhte Hormonproduktion zu mehr Hautfett, das ein guter Nährboden für Bakterien ist. Es ist bekannt, dass in dieser Zeit die Bakteriendichte auf der Gesichtshaut um etwa das 10.000-Fache ansteigt. In der aktuellen Studie zeigte sich, dass die Zusammensetzung der C.-acnes-Populationen zwar über die Zeit sehr stabil bleibt, die frühen Teenagerjahre jedoch eine Phase sind, in der viele neue Linien von C. acnes auftreten. „Für C. acnes konnten wir zeigen, dass Menschen im Laufe des Lebens zwar neue Stämme erhalten, aber sehr selten“, so Lieberman. „Die höchste Rate an Zuwachs sehen wir, wenn Teenager zu einem erwachseneren Hautmikrobiom übergehen.“

Die Ergebnisse legen nahe, dass für topische probiotische Aknetherapien der beste Zeitpunkt die frühen Teenagerjahre sind, da dann die Etablierung probiotischer Stämme am wahrscheinlichsten ist.

Populationsumsatz im Erwachsenenalte

Im späteren Erwachsenenalter findet ein gewisser Austausch von C.-acnes-Stämmen zwischen Eltern im selben Haushalt statt, aber die Austauschrate im individuellen Mikrobiom bleibt sehr niedrig, so Lieberman. Die Forschenden stellten fest, dass S. epidermidis eine deutlich höhere Austauschrate als C. acnes aufweist – jeder S.-epidermidis-Stamm verweilt im Schnitt weniger als zwei Jahre im Gesicht. Allerdings gab es wenig Überschneidung der S.-epidermidis-Linien zwischen Haushaltsmitgliedern, was darauf hindeutet, dass der hohe Umsatz nicht durch Übertragung zwischen Personen verursacht wird.

„Das deutet darauf hin, dass etwas die Homogenisierung zwischen Menschen verhindert“, sagt Lieberman. „Das könnten genetische oder verhaltensbedingte Unterschiede sein, unterschiedliche topische Produkte oder Feuchtigkeitscremes, oder eine aktive Abwehr neuer Bakterien durch die bereits vorhandenen.“

Nachdem nun gezeigt wurde, dass neue C.-acnes-Stämme während der frühen Teenagerjahre erworben werden können, wollen die Forschenden untersuchen, ob der Zeitpunkt dieses Erwerbs die Immunantwort beeinflusst. Zudem möchten sie herausfinden, wie Menschen trotz engem Kontakt mit Familienmitgliedern so unterschiedliche Mikrobiomzusammensetzungen aufrechterhalten.

„Wir wollen verstehen, warum jeder von uns einzigartige Stammpopulationen hat, obwohl es diese ständige Zugänglichkeit und hohe Austauschrate speziell bei S. epidermidis gibt“, sagt Lieberman. „Was treibt diesen ständigen Austausch bei S. epidermidis an, und welche Bedeutung haben diese neuen Kolonisierungen für Akne während der Adoleszenz?“