Orbita-3-D-Rekonstruktion: Schwere Verletzungen während der Pandemie unerwartet häufig21. Juli 2021 Foto (Symbolbild): © mari1408 – stock.adobe.com Experten der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) haben während der COVID-19-Pandemie eine unerwartet große Anzahl schwerer Gesichtsverletzungen mit Beteiligung der Augenhöhle behandelt. 3-D-Implantate ermöglichen in vielen Fällen eine patientenindividuelle Wiederherstellung. Weniger soziale Kontakte, Wegfall von Veranstaltungen und Arbeitswegen, dazu ein Verbot vieler Sportarten: Eigentlich hatte die DGMKG erwartet, dass die Zahl der schweren Gesichtsverletzungen während der Corona-Pandemie deutlich sinken würde. Doch eine neue Studie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zeigt, dass die Anzahl an Patienten mit schweren Gesichtsverletzungen in der Notaufnahme gleich blieb und deren proportionaler Anteil während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 in der MHH sogar größer war als im gleichen Zeitraum 2018 und 2019. Viele der schweren Verletzungen hatten sich im privaten Bereich und unter Alkoholeinfluss ereignet. Häufig traten starke Verletzungen der Augenhöhle auf, die mit patientenspezifischen 3-D-Implantaten in vielen Fällen individuell rekonstruiert werden konnten. „Den Erkenntnissen der aktuellen Studie zufolge hatte die Corona-Pandemie einen starken Einfluss auf den Anteil der schweren Verletzungen im Gesichtsbereich“, sagt Dr. Philippe Korn, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für MKG an der MHH. So habe der Anteil der Patienten mit Gesichtsverletzungen in der Notaufnahme der Hannoveraner Klinik – gemessen am Gesamtaufkommen der Patientenfälle in diesem Bereich – im Untersuchungszeitraum zwischen dem 23. März und dem 19. April 2020 bei mehr als 40 Prozent gelegen, während es 2019 und 2018 im gleichen Zeitabschnitt weniger als 20 Prozent gewesen seien. Gleichzeitig sei die Zahl der notfallmäßig eingelieferten Patienten mit 6,79 im täglichen Schnitt 2020 geringer gewesen als in 2019 (14,96) und 2018 (11,79). Verletzungsursache AlkoholeinflussIm Vergleich zu den Vorjahren ereigneten sich die schweren Gesichtsverletzungen vor allem im häuslichen Bereich – und wie auch in den Jahren 2018 und 2019 oftmals unter Alkoholeinfluss. Die MKG-Chirurgen mussten viele schwere Verletzungen der Augenhöhle behandeln, wobei Computer-assistierte Operationstechniken und patientenspezifische 3-D-Implantate zum Einsatz kamen. „Die Digitalisierung in der Medizin bietet Patienten deutliche Vorteile und Erleichterungen. Da die Implantate besser auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sind, kann eine Rekonstruktion sozusagen maßgeschneidert durchgeführt werden“, berichtet Korn. „Die Ergebnisse sind dadurch deutlich vorhersagbarer.“ Dank exakter virtueller Planung im Vorfeld der Operation und einer computergesteuerten Navigation während des Eingriffes können die Chirurgen den Patienten heute zudem oft weitere Operationen ersparen und Operationszeiten verkürzen. Darüber hinaus sind auch die intra- und postoperativen Qualitätskontrollen mittlerweile computergestützt. „So können wir überprüfen, inwieweit die präoperative Planung tatsächlich umgesetzt wurde und die Ergebnisse langfristig stabil bleiben“, erläutert Korn. Rückgang elektiver MKG-EingriffeEine weitere zentrale Erkenntnis war, dass im Frühjahr 2020 in der Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie der MHH vor allem elektive Eingriffe patientenseits verschoben beziehungsweise abgesagt wurden. „Die Ursache war hier wie auch in der Studie mutmaßlich vor allem die Sorge von Patienten vor einer COVID-19-Infektion“, so Korn. „Es bleibt abzuwarten, welche langfristigen Auswirkungen die Veränderungen während der Corona-Pandemie auf unser Fach haben werden.“ Link zur Studie: https://www.joms.org/article/S0278-2391(21)00526-7/fulltext
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