OSA-Umfrage: Viele italienische Fernfahrer sind betroffen

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Eine Umfrage unter 905 italienischen LKW-Fahrern hat ergeben, dass ungefähr die Hälfte an mindestens einem schlafbezogenen Atemproblem leidet, das dazu führen kann, dass der Fahrer am Steuer einschläft. In einem Vortrag1 anlässlich des internationalen Kongresses der European Respiratory Society (ERS) in der vergangenen Woche1 forderte Luca Roberti, Präsident von Apnoici Italiani (der italienischen Vereinigung für Schlafapnoe-Patienten), dass europäische Transportunternehmen verpflichtet werden sollten, Fahrer auf schlafbezogene Atemprobleme hin zu untersuchen.

„In Anbetracht der Tatsache, dass die Fahrer für tonnenschwere Transportfahrzeuge verantwortlich sind, tragen die Unternehmen eine große moralische und bürgerliche Verantwortung dafür, dass ihre Mitarbeiter sicher fahren und nicht Gefahr laufen, plötzlich am Steuer einzuschlafen. Dies würde auch im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union stehen, die die Erneuerung der Fahrerlaubnis für Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe regeln“, sagte er.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Personen, die aufgrund einer Obstruktiven Schlafapnoe (OSA) an Schlafmangel leiden, mit bis zu 12-mal höherer Wahrscheinlichkeit  in Verkehrsunfälle verwickelt sind. Infolgedessen fordert die Richtlinie 2014/85/EU, die zur Begrenzung von Unfällen im Zusammenhang mit einer OSA erstellt wurde, Fahrer mit mittelschweren oder schweren OSA auf, ärztlichen Rat einzuholen, bevor ihre Lizenzen ausgestellt oder erneuert werden können. So wird einem Fahrer möglicherweise geraten, sich nicht hinter ein Steuer zu setzen, bevor eine entsprechende Diagnose gestellt ist und Schritte zur Therapie eingeleitet worden sind.

Einer der Hauptrisikofaktoren für die OSA ist Übergewicht. Roberti und Kollegen starteten ihre Studie im Jahr 2018, nachdem sie seitens der italienischen LKW-Fahrer-Berufsgenossenschaft Federtrasporti gebeten worden waren, eine Gesundheitsumfrage unter LKW-Fahrern durchzuführen. An 44 Tagen zwischen März und Dezember führten Patienten mit entsprechender Expertise sowie Ärzte und Krankenschwestern Befragungen von LKW-Fahrern durch. Diese erfolgten bei Lkw-Händlern sowie bei 50 Federtrasporti angeschlossenen Unternehmen, bei LKW-Fahrerschulungen und auf einer LKW-Fahrerschau. Die Studienautoren maßen Körpergröße und -gewicht sowie Taillenumfang der Befragten, sammelten Angaben zu Erkrankungen wie Diabetes und zum Lebensstils etwa dem Konsum von Nikotin oder Drogen. Die Wissenschaftler erkundigten sich zudem danach, wie lange die Befragten bereits als Fernfahrer arbeiteten, nach den zurückgelegten Strecken und ob sie nationale oder internationale Strecken fuhren sowie nach der Art der transportierten Güter.

Fragen zum Schlaf befragten bezogen sich auf nächtliche Atemaussetzer beziehungsweise Schlafapnoe, auf Schnarchen, auf nächtliches Aufwachen und häufigem Harndrang, Unzufriedenheit mit der Schlafqualität und häufiger Müdigkeit oder häufigem Schlafbedürfnis am Tag (außer nach einem Mittagessen). Gefragt wurde außerdem nach der Einnahme von Blutdrucksenkern.

Von den 905 Befragten waren 887 Männer und 17 Frauen, die zwischen 19 und 78 Jahren alt waren. Das Durchschnittsalter lag bei 46 Jahren. Die Forscher fanden heraus, dass 77 Prozent der Umfrageteilnehmer übergewichtig oder adipös waren und einen Body-Mass-Index (BMI) von 25 kg/m oder mehr aufwiesen (23% hatten einen BMI unter 25, 43% einen BMI von 25-30, 23% einen BMI von 30-35, 9% einen BMI von 35-40 und 2% einen BMI über 40).

Fast zehn Prozent der Fahrer (n=90) gaben an, dass ihre Partner bemerkten, dass sie manchmal aufhörten zu atmen, wenn sie schliefen. 55 Prozent bezeichneten sich selbst als Gewohnheitsschnarcher (n=508). 43 Prozent beantworteten mindestens zwei der Fragen zu ihren Schlafgewohnheiten mit „Ja“ und besaßen damit ein erhöhtes OSA-Risiko (n=387). 17 Prozent hatten hohen Blutdruck und sechs Prozent litten an Diabetes. Bei den 508 Gewohnheitsschnarchern stellten die Forscher fest, dass 15 Prozent (n=78) ebenfalls an einer OSA litten, was darauf hindeutet, dass der Anteil der Fahrer mit OSA in der gesamten Gruppe höher sein könnte als die zehn Prozent, die bekanntermaßen daran litten. Darüber hinaus gaben 35 Prozent der gewohnheitsmäßigen Schnarcher an, mit ihrem Schlaf nicht zufrieden zu sein, und 21 Prozent klagten über Müdigkeit am Tag.

Obwohl kein Zusammenhang zwischen zunehmendem Alter und einer OSA beobachtet wurde, stellten die Forscher fest, dass die Anzahl der schnarchenden Menschen mit dem Alter zunahm: 43 Prozent bei den unter 35-Jährigen, 53 Prozent bei den Personen im Alter zwischen 35 und 49 Jahren und 64 Prozent bei den über 50-Jährigen.

Roberti sagte: „Diese Beobachtungsstudie hat die hohe OSA-Prävalenz unter Lastwagenfahrern unterstrichen, die größer ist als die Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung. Dies ist auf einen Lebensstil zurückzuführen, der die Fahrer zwingt, mehrere Stunden am Tag zu sitzen, wenig körperlich aktiv zu sein und sich schlecht zu ernähren, was zu einem höheren Risiko für übermäßige Tagesmüdigkeit und unerwartetem Einschlafen während der Fahrt führt.“

Die OSA-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung wird auf sechs bis 17 Prozent geschätzt, wobei bestimmte Gruppen ein höheres Risiko aufweisen2, wie Übergewichtige, ältere Menschen und einige ethnische Minderheiten.

„Speditionen sollten es für ihre Fahrer zur Pflicht machen, Untersuchungen zur Diagnose schlafbedingter Atemprobleme durchführen zu lassen. Sowohl sie als auch ihre Fahrer sollten die Ernährung letzterer achten“, erklärte Roberti abschließend.

Die Forscher haben ihre Studie ausgeweitet, um den Atemfluss, den Sauerstoffgehalt im Blut während des Schlafes, Schnarchen und die Schlafposition bei fünf Prozent der 905 Fahrer zu untersuchen. Anhand der daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen die in Mailand vorgestellten Ergebnisse überprüft beziehungsweise bestätigt werden.