Osteosarkom einer Maus erfolgreich mit radioaktiven Ionenstrahlen therapiert19. August 2025 RC-Grant-Empfänger Prof. Marco Durante mit einem Teil seines BARB-Team an der GSI/FAIR-Biophysik Bild: © J. Hosan, GSI/FAIR Das mit einem ERC Advanced Grant für Prof. Marco Durante geförderte Forschungsprojekt „BARB – Biomedical Applications of Radioactive ion Beams“ hat einen wichtigen Meilenstein erreicht: Die erste Behandlung eines Tumors bei einem Tier mit radioaktiven Ionenstrahlen wurde demonstriert und in „Nature Physics“ veröffentlicht. Durante ist Leiter der Abteilung Biophysik am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung. Die Studie markiert einen entscheidenden Fortschritt für die Weiterentwicklung der Teilchentherapie und basiert auf einer intensiven Zusammenarbeit verschiedener GSI-Abteilungen und FAIR-Forschungssäulen sowie dem Lehrstuhl für Medizinische Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die mit einem Team unter der Leitung von Prof. Katia Parodi als assoziierter Partner beiträgt. Im Zentrum von BARB und der nun veröffentlichten Arbeit steht die zukunftsweisende Idee, radioaktive Ionenstrahlen (RIB) gleichzeitig zur Behandlung und zur Bildgebung während der Therapie einzusetzen. Diese Herangehensweise könnte die sogenannte Reichweitenunsicherheit – eine der größten Herausforderungen in der Teilchentherapie – deutlich reduzieren. Machbarkeit und großes Potenzial einer alten Idee belegt Auch wenn die Idee bereits vor fast 50 Jahren am Lawrence Berkeley Laboratory vorgeschlagen wurde, wurde sie erst durch die intensiven Strahlen machbar, die bereits jetzt bei GSI/FAIR im laufenden Experimentierbetrieb „FAIR-Phase 0“ erzeugt werden können. Die nun vorgelegte Arbeit belegt erstmals die Machbarkeit und das große Potenzial des Konzepts unter realistischen Bedingungen. „Die Teilchentherapie ist stark im Wachstum begriffen und ist möglicherweise die wirksamste und präziseste Strahlentherapietechnik“, erklärt Durante. „Doch ihre Anwendung ist durch technische Grenzen wie unzureichende Bildführung noch eingeschränkt. Die neue Idee, denselben Strahl für die Behandlung und für die Bildgebung während der Behandlung zu verwenden, kann den Weg für noch präzisere und vielseitigere Anwendungen ebnen. Die Verbesserung der Genauigkeit ist der Schlüssel zur Erweiterung der Anwendbarkeit der Teilchentherapie.“ Metastasen oder Tumore nahe kritischen Strukturen im Visier Dies könnte auch eine bessere Behandlung von Metastasen oder Tumoren in der Nähe kritischer Strukturen und von kleinen Zielen bei nicht-krebsartigen Krankheiten, wie etwa ventrikulären Ablationen bei Herzrhythmusstörungen, erlauben. In ihrer Veröffentlichung „Image-guided treatment of mouse tumors with radioactive ion beams“ berichten die Forschenden über die erfolgreiche Behandlung eines Osteosarkoms der Maus mit einem radioaktiven Kohlenstoff-Ionenstrahl (11C, das ein Positron mit einer Halbwertszeit von etwa 20 Minuten emittiert). Der Tumor lag im Halsbereich in der Nähe des Rückenmarks, ein hoch sensibler Bereich, in dem bereits Abweichungen von wenigen Millimetern im Strahlbereich zu einer unbeabsichtigten Dosisabgabe in die Wirbelsäule und damit zu einer Schädigung des Rückenmarks führen können. Die Forschenden konnten eine vollständige und sehr präzise Tumorkontrolle mit der höchsten Strahlendosis von 20 Gray erreichen, ohne Lähmungen oder andere schwerwiegende neurologische Nebenwirkungen. Eine wichtige Rolle bei BARB spielt ein an der LMU München entwickelter Detektor, der die präzise Ortung des Ionenstrahls im Körper ermöglicht. Ein internationales und interdisziplinäres Team am Lehrstuhl für Medizinische Physik von Parodi hat in Zusammenarbeit mit dem Labor von Prof. Taiga Yamaya (QST-Chiba) einen hochauflösenden und hochempfindlichen In-Beam-Positronen-Emissions-Tomographie (PET)-Scanner für Kleintiere entwickelt. BARB-Experimentaufbau: Der an der LMU München entwickelte SIRMIO -PET-Detektor ermöglicht die präzise Ortung des Ionenstrahls im Körper. Bild: © GSI/FAIR Das System entstand ursprünglich im Rahmen des ERC Consolidator Grant „SIRMIO – Small animal proton irradiator for research in molecular image-guided radiation-oncology“ für Parodi zur Überwachung der strahleninduzierten Aktivität von Protonenstrahlen und wurde in den vergangenen Jahren im Rahmen des BARB-Projekts weiterentwickelt, um radioaktive Ionenstrahlbehandlungen in Echtzeit zu überwachen. BARB als wichtiger Meilenstein „Das BARB-Projekt war ein wichtiger Meilenstein für die erste In-vivo-Anwendung fortschrittlicher Instrumente, die wir in den letzten Jahren an der LMU entwickelt haben, um neue Grenzen in der hochpräzisen bildgesteuerten Strahlenforschung an Kleintieren zu erschließen,“ erläutert Parodi. „Unsere Arbeiten haben sich auf die In-Beam-PET-Datenerfassung in Echtzeit und die Bildrekonstruktion konzentriert. Damit trugen wir zur ersten erfolgreichen Demonstration der Tumorkontrolle mit bildgesteuerter radioaktiver Ionenstrahltherapie bei Mäusen bei”, erläutert Co-Erstautor Giulio Lovatti, der im Rahmen seiner Doktorarbeit in Physik an der LMU die PET-Daten für die Veröffentlichung in „Nature Physics“ analysierte. „BARB zeigt eindrucksvoll, wie angewandte Kernphysik direkte Impulse für medizinische Anwendungen liefern kann“, so Durante. „Die enge Zusammenarbeit zwischen den GSI/FAIR-Forschungssäulen APPA und NuSTAR sowie externen Partnern wie der LMU München ist ein Erfolgsmodell für zukünftige Forschungsprojekte.“ Hauptziel von BARB war es, die erste In-vivo-Tumorbehandlung mit radioaktiven Ionenstrahlen und Online-Reichweitenüberprüfung durch PET durchzuführen. Mit den nun vorgelegten Ergebnissen der zentralen Publikation in „Nature Physics“ ist ein entscheidender Schritt dazu getan. „Wir kommen zu dem Schluss, dass die bildgesteuerte Partikeltherapie mit exotischen Strahlen durchführbar, sicher und wirksam ist“, teilen die Forschenden mit und blicken in die Zukunft. Weitere kurzlebige Isotope sollen untersucht werden, von denen sich die Forschung ein stärkeres Signal und eine schnellere Rückmeldung bei der Behandlung verspricht. „Wir planen, diese Experimente am Fragmentseparator Super-FRS durchzuführen, der derzeit bei FAIR gebaut wird und die Intensität der sekundären radioaktiven Strahlen erhöhen wird“, ergänzt Durante und fasst zusammen: „Unsere präklinischen Ergebnisse zeigen die Machbarkeit der RIB-Strahlentherapie und weisen damit den Weg in Richtung zukünftiger klinischer Anwendungen radioaktiver Ionenstrahlen.“ Die letzten Experimente aus dem Projekt BARB wurden vor kurzem im Mai abgeschlossen und werden demnächst publiziert. Die bei BARB gesammelten Erfahrungen sind auch hochrelevant für Durantes neues ERC-gefördertes Projekt mit dem Titel „Heavy Ion FLASH (HI-FLASH)“. Für dieses Projekt hatte der Forscher vor kurzem erst einen weiteren der ERC Advanced Grants des Europäischen Forschungsrats erhalten.
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