Patienten mit chronischen Schmerzen warten zwei bis fünf Jahre auf eine qualifizierte Behandlung27. September 2024 Joachim Nadstawek, BVSD-Vorsitzender. (Bild: BVSD) Für rund vier Millionen Patienten mit schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen in Deutschland keine guten Nachrichten. Denn es vergehen im Bundesdurchschnitt rund 3,5 Jahre bis eine Schmerzkrankheit erkannt und adäquat behandelt wird, so das Ergebnis einer aktuellen Schmerzstudie. Zwischen den ersten Symptomen einer chronischen Schmerzerkrankung und dem Beginn von qualifizierten schmerzmedizinischen Maßnahmen liegen in Thüringen bis zu 5,5 Jahre, gefolgt von Berlin (5,09 Jahre), Schleswig-Holstein (4,83 Jahre) und Bayern (4,24 Jahre). Für Schmerzpatienten in Bremen liegt der kürzeste Zeitraum eine geeignete schmerztherapeutische Behandlung zu erhalten (2 Jahre). Diese und weitere Ergebnisse zeigt das „BVSD-Weißbuch Schmerzmedizin 2024“ – eine aktuelle Schmerzstudie des Berufsverbandes der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD). „Nur etwa 420.000 von vier Millionen Patienten mit schweren chronischen Schmerzen können heute in Deutschland von einem der 1400 ambulant tätigen Schmerzmediziner in einem Quartal versorgt werden. Unterversorgung ist ein zu schwacher Begriff, um diese Lage zu beschreiben. Und bei der geplanten Klinikreform wurde die Schmerzmedizin einfach vergessen. Es droht eine weitere Verschlechterung der schmerzmedizinischen Versorgungssituation in Deutschland“, warnte der BVSD-Vorsitzende, Prof. Joachim Nadstawek. Patienten mit schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen benötigten in der Regel eine Therapie durch Schmerzspezialisten, bei der verschiedene Methoden kombiniert werden, die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie. Nadstawek: „Eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie kann jedoch nur in rund 450 Krankenhäusern teil- bzw. vollstationär durchgeführt werden. Noch, denn bei der Klinikreform ist eine Leistungsgruppe Schmerzmedizin nicht vorgesehen. Deshalb drohen diese Behandlungsmöglichkeiten wegzufallen, weil sie nach den bisherigen Planungen unterfinanziert sein werden. Im ambulanten Bereich ist eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie überhaupt nicht in der vertragsärztlichen Versorgung vorgesehen. Hier warten wir seit Jahren auf eine strukturelle Reformlösung, die auf dem Tisch liegt, der politische Wille zur Umsetzung jedoch fehlt.“ Obwohl es keinen Facharzt für Schmerzmedizin und keine schmerzmedizinische Bedarfsplanung gibt, sei die teil- und vollstationäre und ambulante schmerzmedizinische Versorgung unerlässlich für eine Sicherstellung der Versorgung in Deutschland, so Nadstawek weiter. Die Ergebnisse des „BVSD-Weißbuches 2024“ zeigten einen sich offensichtlich verstetigenden Trend hin zu einer zunehmend kritisch beurteilten schmerzmedizinischen Versorgungssituation – sowohl im ambulanten, als auch im voll- und teilstationären Bereich, erklärte der BVSD-Vorsitzende. Eine skeptische Einschätzung der Umfrageteilnehmer über die zukünftige schmerzmedizinische Versorgung dominiere, nicht zuletzt aufgrund des geplanten Krankenhausreformgesetzes und den damit zusammenhängenden möglichen negativen Konsequenzen für die zukünftige schmerzmedizinische Versorgung insgesamt. „Dies verwundert nicht, angesichts der im BVSD-Weißbuch 2024 zum Ausdruck kommenden Diskrepanz zwischen hohen fachlichen und qualitativen Ansprüchen an die Schmerzmedizin, einem hohen Versorgungsbedarf, einer fehlenden wirtschaftlichen Attraktivität schmerzmedizinischer Tätigkeit und einer hohen Altersstruktur der Leistungserbringer. 80 Prozent der Umfrageteilnehmer sind älter als 50 Jahre, nur drei Prozent unter 40 Jahre“, sagte Nadstawek. Weitere Detailergebnisse: Die Mehrheit der Befragten Schmerzmediziner hat Erfahrungen mit der therapeutischen Verwendung von Cannabinoiden (80,9%). Unter den Umfrageteilnehmern, die Erfahrungen mit der Verwendung von Cannabinoiden haben, kommen Dronabinol, Extrakte und Sativex am häufigsten zum Einsatz. Am häufigsten wird Cannabis zur Behandlung von Neuropathie (85,4%), chronischen Schmerzen (74,2%) und Spastik (74,2%) eingesetzt. Ein Großteil der Umfrageteilnehmer berichtet von Problemen bei der Antragsgenehmigung bei den Krankenkassen.
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