PCI 2020 – Fortschritte in der differenzierten Diagnostik bis zur Patienten-spezifischen Therapie der KHK

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In der Therapie des akuten und chronischen Koronarsyndroms hat sich die perkutane Koronarintervention (PCI) mit Stent-Implantation als Goldstandard etabliert und wird dementsprechend in den europäischen Leitlinien empfohlen. Aktuelle Entwicklungen und einen Ausblick in die Zukunft stellte Prof. Holger Nef, Sprecher der DGK-Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK) am 10. Oktober auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Herztage in Berlin vor.

Technische Innovationen ermöglichen komplexere Eingriffe

Der stetige Fortschritt im Bereich der interventionellen Kardiologie erlaubt es, zunehmend komplexere Prozeduren wie beispielsweise Mehrgefäßerkrankungen, Hauptstammstenosen, Bifurkationsstenosen oder auch Wiedereröffnung von chronischen Verschlüssen erfolgreich routinemäßig per PCI durchzuführen. Dies hat dazu geführt, dass nicht nur mehr, sondern auch stetig ältere Patienten durch Koronarinterventionen versorgt werden können, die Begleiterkrankungen und ein höheres Risiko für einen Eingriff mitbringen.

Umso mehr Bedeutung kommt in der aktuellen Entwicklung der PCI der differenzierten Diagnostik zu. Die bisherigen, angiologischen Verfahren zur Beurteilung der Durchblutung des Herzens sind limitiert.

Messung der Fraktionellen Flussreserve wird in den Leitlinien gefordert

„In den letzten Jahren hat sich die Bestimmung der sogenannten „Funktionellen Flussreserve“ (FFR) etabliert, deren Einsatz nachweislich bei KHK-Patienten mit stabiler Angina pectoris auch auf längere Sicht mit einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse im Vergleich zu einer rein medikamentösen Therapie einher geht“, erklärt Nef.

Erst kürzlich konnten die 5-Jahresdaten der FAME-2 Studie vorgestellt werden, wonach die Rate von Todesfällen, Herzinfarkten und ungeplanten Hospitalisierungen in der Gruppe mit FFR-gesteuerter PCI signifikant niedriger als in der Gruppe mit alleiniger medikamentöser Therapie war (13,9 vs 27,0%; HR 0,46; p<0,001).

Entsprechend findet sich in den aktuell erschienenen Europäischen Leitlinien zur Behandlung des chronischen Koronarsyndroms die Aufforderung, bei Vorliegen einer intermediären bis höhergradigen Stenose (nur Stenosen >90% sind ausgenommen) ohne vorhandenen Ischämienachweis eine funktionelle Messung vorzunehmen. Erstmalig wird in den Leitlinien das Vorhandensein einer Funktionsmessung als auch deren Gebrauch bei entsprechenden Stenosen explizit gefordert und nicht nur empfohlen.

Zukünftig scheinen allerdings nicht-invasive Messung mittels 3D-Angiographie und entsprechenden mathematischen Algorithmen eine Alternative zur invasiven Messung darzustellen. Erste Daten bestätigen eine gute Korrelation zur invasiven FFR-Messung.

Intravaskuläre Bildgebung behauptet sich in der Praxis

Ein besonderer Stellenwert in der Behandlung komplexer Läsionen kommt der intravaskulären Bildgebung zu. Sowohl die Strategieplanung als auch die Optimierung des Stentergebnisses kann durch die Verwendung von intravaskulärer Bildgebung vereinfacht werden.

In einer kürzlich publizierten Meta-Analyse, in die mehr als 17.000 Patienten eingeschlossen wurden, kommen die Autoren zur Schlussfolgerung, dass durch den Einsatz intravaskulärer Bildgebung das Risiko für kardiovaskuläre Todesfälle oder Ereignisse reduziert werden kann.

PCI inzwischen gleichwertige Alternative zur Bypass-Operation

Für die Durchblutungsstörung des Hauptstammes galt lange Zeit eine Bypass-Operation als Goldstandard in der Behandlung. Auch hier haben die interventionellen Möglichkeiten aufgeholt:

„Mittlerweile existiert eine robuste Datenlage, die bei Patienten mit niedriger bis mittelschwerer Stenose eine PCI als gleichwertig einstuft”, so Nef. „Die Europäische Leitlinie hat dementsprechend eine Empfehlung für dieses Patientenkollektiv für die PCI als alternative Behandlungsmethode ausgesprochen.“

Dies wird durch die aktuell erschienenen 5-Jahresdaten der EXCEL-Studie gestützt, in der PCI und Bypass-Operation hinsichtlich des Auftretens von Todesfällen, Schlaganfällen und Herzinfarkten vergleichbar gut abschnitten.

Liegt die Zukunft der PCI in der Robotik?

Durch die Spezifität der verschiedenen Techniken, die heute für Koronarinterventionen zur Verfügung stehen, ist die Therapie differenzierter, sicherer und erfolgreicher geworden. Die zentrale Frage bleibt aber auch: Wie wird sich die PCI als Gesamtmethode weiterentwickeln?

In diesem Zusammenhang erscheint insbesondere bei der Behandlung komplexer Läsionen die kürzlich eingeführte Roboter-assistierte PCI in Zukunft einen besonderen Stellenwert einzunehmen.

Hier sind vor allem Operateur-bezogene Effekte, wie z. B. eine signifikant reduzierte Strahlenbelastung, aber insbesondere auch Patienten-bezogene Sicherheitsaspekte in Bezug auf die genauere Positionierung von Ballons und Stents zu erwähnen. Die bisherig verfügbaren Robotik-Systeme konnten einen signifikanten Vorteil gegenüber der Standardprozedur in Bezug auf Strahlendosis nachweisen. Weiterführende randomisierte Studien zur Effektivität dieser Systeme stehen allerdings noch aus.