Peroxisomen: Recyclingcenter der Zellen organisieren sich selbst24. Februar 2025 Nils Bäcker untersucht die sogenannten Peroxisomen, die in Zellen vielfältige metabolische Aufgaben erfüllen.Foto.©Nils Bäcker Ein internationales Forschungsteam hat die innere Struktur der Peroxisomen entschlüsselt. Peroxisomen funktionieren wie „Mini-Fabriken“ in den Zellen. Peroxisomen, eine Art von „Recyclingzentren“ der Zellen, sind nicht nur einfache Vesikel, sondern besitzen eine innere Struktur, die verschiedene Stoffwechselprozesse effizient trennt. Forscher um die Biologen Nils Bäcker und Dr. Johannes Freitag von der Philipps-Universität Marburg haben nun entschlüsselt, wie sich in diesen Zellorganellen sogenannte Kernstrukturen bilden, die bestimmte Enzyme konzentrieren und andere ausschließen. Diese Selbstorganisation sorgt dafür, dass verschiedene chemische Reaktionen in Zellen nebeneinander ablaufen können, ohne sich gegenseitig zu stören. Die Erkenntnisse, die in der einzelligen Pilzart Ustilago maydis gewonnen wurden, konnten auch in menschlichen Zellen nachgewiesen werden. Sie könnten langfristig helfen, Stoffwechselerkrankungen wie Zellweger-Syndrom oder Adrenoleukodystrophie besser zu verstehen (zwei Krankheitsbilder, die auch mit Augenbeteiligungen einhergehen und zur Erblindung führen, Anm. d. Red.). Zudem könnte dieses Wissen von Nutzen sein, um Peroxisomen für biotechnologische Anwendungen besser nutzbar zu machen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen. Abgrenzung gegen molekulares Reaktionschaos Peroxisomen spielen eine zentrale Rolle beim Abbau von Fettsäuren und anderen Stoffwechselprozessen, zum Beispiel der Biosynthese von Antibiotika oder dem Abbau bestimmter Stickstoffverbindungen. Die neue Studie zeigt, dass ihre innere Organisation gezielt bestimmte Enzyme in sogenannten Kernstrukturen konzentriert, während andere Enzyme, wie jene des Fettsäureabbaus, außen vorliegen. Dies ermöglicht parallele chemische Reaktionen ohne Störungen. „Man kann sich das vorstellen wie eine Werkstatt, in der verschiedene Abteilungen existieren, um Chaos zu vermeiden“, erklärt der Genetiker Freitag. Ein jahrzehntealtes Rätsel gelöst Schon vor langer Zeit entdeckten Forscher, dass einige Peroxisomen verdichtete Kernstrukturen enthalten. Doch ihre Funktion war bislang unbekannt. Das Team konnte nun zeigen, dass sich verschiedene Enzyme selbst zu diesen Strukturen zusammenlagern und dadurch Peroxisomen mit unterschiedlichen Stoffwechselfunktionen entstehen können. „Unsere Studie liefert eine mögliche Erklärung, für die metabolische Vielfältigkeit von Peroxisomen besonders in Pilzen, aber auch darüber hinaus“, betont Gert Bange, Vizepräsident für Forschung an der Philipps-Universität Marburg und einer der Hauptautoren der Studie. Relevanz für Medizin und Biotechnologie Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung wichtig. „In menschlichen Zellen sind Peroxisomen essenziell. Ihr Ausfall führt zu schweren Krankheiten wie Zellweger-Syndrom oder Adrenoleukodystrophie. Beides sind schwerwiegende Stoffwechselerkrankungen“, erklärt Bäcker, Erstautor des Artikels. Die detaillierte Kenntnis ihrer inneren Struktur könnte neue Therapieansätze liefern. Zudem könnten die Ergebnisse helfen, Peroxisomen in Mikroorganismen gentechnisch so zu verändern, dass sie besser zur Produktion von Antibiotika, Biokraftstoffen oder Bioseifen genutzt werden können. Die Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen den Forschungsgruppen von Johannes Freitag (Philipps-Universität Marburg), Gert Bange (Philipps-Universität Marburg), Kay Oliver Schink (Universität Oslo) und Judith Klatt (Microcosm Earth Center, Uni Marburg). Zum Einsatz kamen modernste Methoden der Mikroskopie, Genetik und Biochemie.
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