Pflanzenwirkstoff aus der Ardisie senkt Lungenhochdruck

Daniela Wenzel, Michaela Matthey und Alexander Seidinger (v.l.) testeten die Wirkung der Substanz FR auf den Lungenhochdruck. (Foto: © RUB, Marquard)

Auf der Suche nach neuen Therapien bei Lungenhochdruck haben Forschende die pflanzliche Substanz FR900359 (FR) getestet. Sie setzt an einer anderen Stelle der Signalkette an, die zu Lungenhochdruck führt, als bisher eingesetzte Wirkstoffe.

So hemmt FR gleichzeitig zahlreiche Faktoren, die zur Gefäßengstellung in der Lunge führen, wie Prof. Daniela Wenzel und Dr. Alexander Seidinger vom Lehrstuhl für Systemphysiologie der Ruhr-Universität Bochum erklären. „In unseren Versuchen entspannte FR die Gefäße schnell und stark und hatte gute therapeutische Wirkung“, berichtet Seidiger, Erstautor der Studie.

„Die Ursachen für Lungenhochdruck liegen oft im Dunklen“, erläutert Seidinger weiter. In seiner Doktorarbeit ging es darum, neue Therapieoptionen für die schwere Erkrankung zu finden. Bisherige Medikamente setzen darauf, jeweils einzelne Rezeptoren oder Signalwege zu blockieren, die das Signal zur Engstellung der Lungengefäße an die dortigen Zellen vermitteln. „Es gibt allerdings sehr viele dieser sogenannten Vasokonstriktoren“, sagt Seidinger. „Und jeder hat einen eigenen Rezeptor. Eine einzelne Blockade ist daher wenig erfolgreich.“

Einschreiten erst nach der Signalweitergabe

Die Forschenden wählten einen neuen Ansatz, der darauf beruht, nicht den Signalgeber zu adressieren, sondern später in der Signalweitergabe einzuschreiten. „Innerhalb der Zellen gibt es nur wenige Wege, auf denen das Signal zur Gefäßengstellung weitergereicht wird“, erklärt Seidinger. „An sehr vielen dieser Wege sind sogenannte Gq-Proteine beteiligt. Das macht sie zu einem guten Ziel für ein Eingreifen.“

Vorangegangene Studien hatten gezeigt, dass die Substanz FR aus der Pflanze Ardisia crenata – vielen als Zimmerpflanze unter den Bezeichnungen Ardisie oder Spitzblume bekannt – auf Gq-Proteine wirkt. Die Forschenden hofften daher, mittels FR viele verschiedene Vasokonstriktoren gleichermaßen hemmen zu können. Sie testeten die Substanz zunächst an isolierten Lungengefäßen von Mäusen und konnten so den Erfolg nachweisen. „FR führte schnell zu einer starken Gefäßentspannung“, berichtet Alexander Seidinger. Weitere Tests an Gewebe von Schweinen und menschlichen Proben bestätigten diese Wirkung. Mit Versuchen an Mäusen, die an Lungenhochdruck erkrankt waren, konnten die Forschenden schließlich zeigen, dass die Behandlung mit FR die Symptome milderte und den Gesundheitszustand der Tiere stark verbesserte. „Die Muskelschichtdicke um die Lungengefäße ging dadurch zurück oder sie verstärkte sich gar nicht erst“, so Seidinger.

Die Nebenwirkungen, die in den Versuchen beobachtet wurden, waren gering: Der Blutdruck sank im ganzen Körper geringfügig ab. Dies könnte bei der Behandlung von Lungenhochdruck sogar sinnvoll sein. „FR könnte daher ein aussichtsreicher Wirkstoffkandidat für die Behandlung der Erkrankung sein“, meint Seidinger. „Bis zu einem möglichen Einsatz in der klinischen Praxis wird es aber sicherlich noch viele Jahre intensiver Forschung brauchen.“


Neben den Forschenden der Systemphysiologie der Ruhr-Universität Bochum waren an der Studie Forschende der Pharmacology Research Group, University Hospital of Nottingham, UK, des Massachusetts General Hospital and Harvard Medical School, Boston, USA, der Universität Bonn sowie des Universitätsklinikums der Ruhr-Universität Bochum in Bad Oeynhausen beteiligt.

Die Arbeiten wurden unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (FOR 2372, Projektnr. 288402524, INST 213/973-1) sowie das InnovationsFoRUM der Ruhr-Universität (IF-017-22).