Pilotstudie: Prostatakrebs mit eigentlich wirkungslosem Medikament „überlistet“6. Januar 2020 Homburger Pilot-Analyse zeigt drastische Steigerung des Wirkprinzips der PSMA-Radioliganden-Therapie beim fortgeschrittenen Prostatakrebs durch eine Vorbehandlung mit einem scheinbar unwirksamen Medikament. Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs haben oft kaum noch Behandlungsoptionen. Eine besteht darin, radioaktive Moleküle über eine Andockstelle der Tumoroberfläche, PSMA, in die Zelle einzuschleusen, um diese zu zerstören. Nuklearmediziner haben nun herausgefunden, dass viel mehr PSMA-Moleküle auf der Tumoroberfläche entstehen, wenn sie ein eigentlich schon wirkungslos gewordenes Medikament verabreichen. Auf diese Weise gelangt deutlich mehr Radioaktivität in die Tumorzellen als bisher. Prof. Samer Ezziddin und seine Mitarbeiter waren Hinweisen nachgegangen, die sie aufgrund ihrer Spezialisierung in der Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs gemacht haben. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Rezeptoren auf der Tumoroberfläche: Zum ersten das „Prostataspezifische Membranantigen“ (PSMA) Zum zweiten spielt eine Sorte Rezeptoren auf dem Tumor eine Rolle, an die männliche Geschlechtshormone wie Testosteron andocken. „Prostatatumore benötigen Testosteron wie ein Auto Benzin“, erklärt Ezziddin. Daher zielt eine bestimmte Therapie darauf ab, diese Rezeptoren zu blockieren und dem Krebs gleichsam den Treibstoff zu entziehen. „Das funktioniert mit Medikamenten wie zum Beispiel Enzalutamid eine Zeitlang sehr gut, der Tumor schrumpft dann in der Folge. Nach einer gewissen Zeit – einige Monate, vielleicht zwei Jahre, wenn es gut läuft – wirkt das Medikament aber nicht mehr, der Tumor wächst dann wieder.“ Das teure Medikament wird dann meist abgesetzt. Hier kommt nun die Intuition der Homburger Mediziner ins Spiel. Denn was für die eine Therapie schlecht ist (ein wirkungsloses Medikament), kann für die andere Form der Therapie vielleicht gut sein: „Wir hatten den Verdacht und später eindeutige Hinweise, dass die PSMA-Dichte zunimmt, wenn der Androgenrezeptor auf der Tumoroberfläche, an den das Testosteron andockt, blockiert ist“, erläutert er die Ausgangslage. Ihr Bauchgefühl ließ die Nuklearmediziner aber anhand ihrer klinischen Beobachtungen noch stark vermuten, dass das auch funktioniert, wenn das Medikament, das den Rezeptor blockiert, den Tumor eigentlich nicht mehr erfolgreich bekämpfen konnte und abgesetzt wurde. Die Intuition der Ärzte erwies sich als richtig: „Wir konnten nachweisen, dass mit der Gabe von Enzalutamid die PSMA-Dichte auf der Tumoroberfläche deutlich zugenommen hat, selbst wenn es eigentlich gar keine Wirkung mehr in seinem ursprünglichen Sinn gezeigt hat und schon abgesetzt wurde“, erläutert Ezziddin. Zwar umfasste ihre Studie nur zehn Patienten. „Aber wir konnten nach der Gabe von Enzalutamid bei allen einen deutlichen Anstieg der PSMA-Moleküle auf den Tumorzellen feststellen. Auf diese Weise ist es uns möglich, viel mehr radioaktive Substanz in die Tumorzellen einzuschleusen und diese gezielt bis auf Mikrometerebene hinab zu von innen zu bestrahlen.“ Damit lassen sich Prostatatumore künftig viel effizienter und schonender mit der PSMA-gerichteten Radioligandentherapie behandeln. „Diese Studienergebnisse müssen nun in größeren Studien weiter erforscht und untermauert werden“, erklärt Ezziddin. „Wir wollten unser Wissen jedoch so schnell wie möglich verbreiten, da es vielen Patienten helfen kann. Daher haben wir uns für diese ‚short communication‘ entschieden. Denn ich gehe davon aus, dass selbst diese kleine Studie zu einem drastischen ‚Management change‘ in der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakrebses führen wird.“ Publikation: Ezziddin S et al. New insights in the paradigm of upregulation of tumoral PSMA expression by androgen receptor blockade: Enzalutamide induces PSMA upregulation in castration-resistant prostate cancer even in patients having previously progressed on enzalutamide. European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging, https://doi.org/10.1007/s00259-019-04674-0
Mehr erfahren zu: "Patientenversorgung nach bestem verfügbaren Wissensstand bis heute nicht sichergestellt" Patientenversorgung nach bestem verfügbaren Wissensstand bis heute nicht sichergestellt Zum Welttag der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung (20.10.) hat Cochrane Deutschland für das Land noch Nachholbedarf bei diesem Thema ausgemacht.
Mehr erfahren zu: "Klinikfinanzierung: Höhere Ausgaben auch mit Entlastungspaket" Klinikfinanzierung: Höhere Ausgaben auch mit Entlastungspaket Um Beitragserhöhungen zu vermeiden, soll eine Kostenbremse für die Zahlungen an die Krankenhäuser kommen. Die Kliniken können laut Bundesgesundheitsministerium aber trotz des Entlastungspakets für die Krankenkassen mit Mehreinnahmen in 2026 […]
Mehr erfahren zu: "Platinresistentes Ovarialkarzinom: FMP- und LMU-Spin off präsentiert erste klinische Daten zu TUB-040" Weiterlesen nach Anmeldung Platinresistentes Ovarialkarzinom: FMP- und LMU-Spin off präsentiert erste klinische Daten zu TUB-040 Das Unternehmen Tubulis, das 2019 aus dem Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und der LMU München ausgegründet wurde, hat erste klinische Daten aus der Phase I/IIa-Studie NAPISTAR1-01 bekannt gegeben.