Pilze auf der menschlichen Haut könnten neue Antibiotika liefern19. Mai 2025 © deagreez – stock.adobe.com (Symbolbild) Wissenschaftler der University of Oregon, USA, haben ein Molekül identifiziert, das von Hefepilzen auf der menschlichen Haut produziert wird und ausgeprägte antimikrobielle Eigenschaften gegen Staphylococcus aureus zeigt. Die Arbeit wurde in „Current Biology“ veröffentlichten und zeigt, dass der häufige Hautpilz Malassezia Lipide und Fette auf der menschlichen Haut verstoffwechselt und dabei Fettsäuren produziert, die gezielt Staphylococcus aureus eliminieren. Ein Drittel der Menschen trägt Staphylococcus aureus harmlos in der Nase, doch bei Vorliegen von Wunden, Abschürfungen oder Schnitten kann das Bakterium schwere Infektionen verursachen und ist Hauptverursacher von Haut- und Weichteilinfektionen, den sogenannten Staphylokokkeninfektionen. Staphylococcus aureus gilt zudem als Krankenhauskeim, der für seine Resistenz gegenüber gängigen Antibiotika bekannt ist, was den Bedarf an neuen Wirkstoffen weiter erhöht. Viele Studien identifizieren neue Antibiotikastrukturen, erläutert Kowalski, „aber das Interessante an unserer Arbeit ist, dass wir eine Verbindung identifiziert haben, die bereits bekannt ist und zuvor untersucht wurde.“ Die Verbindung ist unter normalen Laborbedingungen nicht toxisch, entfaltet ihre Wirkung jedoch unter Bedingungen, die das saure Milieu gesunder Haut nachbilden. Kowalski ergänzt: „Das könnte erklären, warum wir solche antimikrobiellen Mechanismen bisher übersehen haben – der pH-Wert im Labor war nicht niedrig genug. Die menschliche Haut ist jedoch sehr sauer.“ Das Hautmikrobiom und die Rolle von Malassezia Der Mensch beherbergt eine Vielzahl von Mikroorganismen, das Mikrobiom, doch über die residenten Pilze und ihren Beitrag zur Gesundheit ist wenig bekannt, so Kowalski. Das Hautmikrobiom ist für sie besonders interessant, da im Gegensatz zu anderen Körperregionen, die von zahlreichen Pilzarten besiedelt werden, die Haut überwiegend von einer Gattung, Malassezia, dominiert wird. Malassezia steht zwar in Verbindung mit Schuppen und Ekzemen, gilt aber als relativ harmlos und ist ein normaler Bestandteil der Hautflora. Die Hefe ist so stark an das Leben auf Säugetierhaut angepasst, dass sie ohne die von der Haut abgesonderten Lipide keine Fettsäuren synthetisieren kann. Trotz der Häufigkeit von Malassezia auf der Haut ist sie bislang wenig erforscht, erklärt Kowalski. „Die Haut ist ein paralleles System zum Darm, der sehr gut untersucht ist. Wir wissen, dass das intestinale Mikrobiom Wirtsstoffe modifizieren und eigene Verbindungen mit neuen Funktionen produzieren kann. Die Haut ist lipidreich, und das Hautmikrobiom verarbeitet diese Lipide ebenfalls zu bioaktiven Molekülen. Was bedeutet das für Hautgesundheit und Erkrankungen?“ Mechanismus der antimikrobiellen Wirkung Untersuchungen an Hautproben gesunder Spender und Experimenten mit Hautzellen im Labor zeigten, dass Malassezia sympodialis Wirtslipide in antibakterielle Hydroxyfettsäuren umwandelt. Fettsäuren übernehmen in Zellen vielfältige Aufgaben, sind aber insbesondere Bausteine von Zellmembranen. Die von Malassezia sympodialis synthetisierten Hydroxyfettsäuren wirken wie Detergenzien, zerstören die Membranen von Staphylococcus aureus und führen zum Austritt des Zellinhalts. Dieser Angriff verhindert die Kolonisierung der Haut durch Staphylococcus aureus und tötet die Bakterien laut Kowalski innerhalb von nur 15 Minuten ab. Der Pilz ist jedoch kein Allheilmittel. Nach ausreichender Exposition entwickelten die Staphylokokken eine Toleranz gegenüber dem Pilz, ähnlich wie bei der Übernutzung klinischer Antibiotika. Genetische Analysen zeigten, dass die Bakterien eine Mutation im Rel-Gen entwickelten, das die bakterielle Stressantwort aktiviert. Ähnliche Mutationen wurden bereits bei Patienten mit Staphylococcus-aureus-Infektionen nachgewiesen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Wirtsmilieu und die Interaktionen mit anderen Mikroben die Antibiotikaempfindlichkeit von Bakterien beeinflussen können. „Das Interesse an der therapeutischen Anwendung von Mikroben, etwa zur Prävention pathogener Keime, wächst“, so Kowalski. „Doch das kann Konsequenzen haben, die wir noch nicht vollständig verstehen. Obwohl bekannt ist, dass Antibiotika zur Resistenzentwicklung führen, wurde dieser Aspekt bei der Anwendung von Mikroben als Therapeutika bislang wenig beachtet.“ Perspektiven für die Arzneimittelentwicklung Die Entdeckung erschwert die Arzneimittelentwicklung, eröffnet aber zugleich neue Perspektiven: Kowalski sieht großes Potenzial in den residenten Hautpilzen als Quelle künftiger Antibiotika. Die Identifizierung der antimikrobiellen Fettsäuren dauerte drei Jahre und erforderte eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Kowalski arbeitete mit chemischen Mikrobiologen der McMaster University zusammen, um die Verbindung zu isolieren. „Es war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen – nur dass man die Moleküle nicht sehen kann“, sagt ihr Betreuer Matthew Barber, außerordentlicher Professor für Biologie an der UO. Kowalski arbeitet an einer Folgestudie, die die genetischen Mechanismen der Antibiotikatoleranz weiter untersucht. Zudem bereitet sie die Gründung eines eigenen Labors vor, um die bislang wenig beachtete Rolle des Hautmikrobioms weiter zu erforschen. „Antibiotikaresistente bakterielle Infektionen stellen eine erhebliche Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar und verschärfen sich in gewisser Hinsicht sogar“, so Barber. „Wir müssen sowohl die Mikroorganismen als auch neue Therapieansätze besser verstehen, um Infektionen künftig behandeln oder verhindern zu können.“
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