Plastikpartikel und Klimawandel als Treiber von Antimikrobiellen Resistenzen29. Mai 2024 Foto: Stéphane Bidouze/stock.adobe.com Ein EU-gefördertes Forschungsvorhaben befasst sich mit Plastikverschmutzung und der Ausbreitung von Antimikrobiellen Resistenzen in aquatischen Systemen. Mit Plastikpartikeln und dem Klimawandel als treibende Faktoren für die Ausbreitung von Antimikrobiellen Resistenzen (AMR) in der Umwelt beschäftigt sich ein Forschungsprojekt, das an der Universität Heidelberg und am Universitätsklinikum Heidelberg angesiedelt ist. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher werden sozialökologische Wechselwirkungen in aquatischen Lebensräumen untersuchen, die von Plastikverschmutzung, Verunreinigungen mit Antibiotika und klimatischen Einflüssen betroffen sind, sowie aus einer Planetary-Health-Perspektive die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit analysieren. Geleitet wird das Projekt von Prof. Joacim Rocklöv, Humboldt-Professor am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen und am Heidelberger Institut für Global Health. Daran beteiligt sind elf Projektpartner auf der ganzen Welt, darunter das Research Institute for Tropical Medicine im philippinischen Gesundheitsministerium. Die Europäische Union fördert das internationale Verbundvorhaben für einen Zeitraum von viereinhalb Jahren mit mehr als sechs Millionen Euro. „Es sind wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, um zu zeigen, wie die Verschmutzung von Gewässern durch Plastik in Verbindung mit Verunreinigungen durch Antibiotika zur Verbreitung von Antimikrobiellen Resistenzen in der Umwelt beiträgt und die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen bedroht – insbesondere in Zeiten des Klimawandels“, erklärt Rocklöv, der das Climate-Sensitive Infectious Diseases Lab (CSIDlab) leitet. Antibiotikaresistente Bakterien kommen im Meer, in Flüssen, Teichen oder Seen vor; vor allem bei Menschen, die mit offenen Wunden in solchen Gewässern baden gehen, besteht die Gefahr einer Infektion. Gleichzeitig sind Wasserumgebungen zunehmend durch Mikro- und Makroplastikpartikel verunreinigt. „Sie bieten Flächen für die Bakterien, die hier siedeln, wachsen und ganze Kolonien bilden können – ein auch als ,Plastisphäre‘ bezeichnetes, einzigartiges Mikro-Ökosystem. Wenn die Bakterien Gene austauschen, können darunter auch solche sein, die für Antibiotikaresistenz verantwortlich sind“, sagt Dr. Marina Treskova. Sie ist Nachwuchsgruppenleiterin am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen und leitet die Forschungsarbeiten gemeinsam mit Rocklöv. Plastikpartikel dienen wiederum als Träger, die Bakterien über hydrologische Prozesse von einer Stelle zu einer anderen bewegen. Nach den Worten von Treskova kann der Klimawandel die Ausbreitung von Antimikrobiellen Resistenzen in aquatischen Lebensräumen weiter befördern, etwa durch starken oder ausbleibenden Regen. „Um diese negative Entwicklung zu stoppen und die Gesundheit auf unserem Planeten zu schützen, müssen wir diese Vorgänge und ihre Wechselwirkungen verstehen, um Lösungen für das Monitoring und die Prävention zu finden“, sagt die Wissenschaftlerin. Ein wichtiges Objekt der Untersuchungen sind für die Forscherinnen und Forscher Abwasseraufbereitungsanlagen, da sie Abwässer aus Städten und Krankenhäusern sammeln und somit zum Reservoir für Antibiotika, Bakterien und Plastikmüll werden. Ein Hauptaugenmerk der Forschungsarbeiten im Rahmen des Projekts „Community-based engagement and intervenTions to stem the spread of antimicrobial resistance in the aqUatic environments catalysed by cLImate change and Plastic pollution interactions” (TULIP) liegt auf sozialen und politischen Faktoren. Ziel ist es, ganzheitliche Gegenmaßnahmen zu entwickeln – auch solche, die von der Natur selbst inspiriert sind. Der Forschungsansatz soll auf den Philippinen sowie in Italien erprobt werden. „Mit TULIP wollen wir nicht nur wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu den Wechselwirkungen von Plastikverschmutzung, AMR und Klimawandel gewinnen, sondern diese auch in Empfehlungen für die Politik, gemeinschaftliche Aktionen auf lokaler Ebene und gesellschaftliches Wissen umsetzen. Dazu werden wir Daten vor Ort sammeln, aber auch Computermodelle anwenden, um Indikatoren und Entscheidungshilfen zu entwickeln“, sagt Rocklöv. Der Epidemiologe, Mathematiker und Statistiker forscht zu klimasensitiven Infektionskrankheiten und ihren Auswirkungen unter sich ändernden klimatischen Bedingungen auf die öffentliche Gesundheit – ein interdisziplinärer Ansatz mit herausragender Bedeutung für Medizin, Gesundheitsvorsorge, Klimawandelforschung und Politikberatung. Das TULIP-Projektteam hat die Arbeiten zu Beginn des Jahres aufgenommen. Die Heidelberger Wissenschaftler kooperieren mit Projektpartnern auf den Philippinen, die wesentlich zur Umsetzung und Koordinierung der Forschungsarbeiten und der Outreach-Aktivitäten beitragen. Hinzu kommen Expertinnen und Experten aus Universitäten und Forschungseinrichtungen, außeruniversitäre Partner, kleine und mittlere Unternehmen sowie Nichtregierungsorganisationen in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Schweden, Spanien und Monaco. Die Europäische Union fördert das Projekt TULIP im Rahmen von Horizon Europe; es ist Teil des Planetary Health-Schwerpunkts der EU.
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