Prädiabetes: Blutzuckerspiegel wichtiger als Körpergewicht1. Oktober 2025 Charakteristisch für Prädiabetes sind erhöhte Blutzuckerspiegel, die langfristig das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Symbolbild ©Photo Sesaon/stock.adobe.com Die Gewichtsreduktion gilt als das oberste Therapieziel bei Menschen mit Prädiabetes. Ein gesunder Lebensstil kann den Blutzuckerspiegel aber auch unabhängig vom Gewicht normalisieren – und das Risiko für Typ-2-Diabetes senken. Das geht aus einer Studie der Universitätsklinik Tübingen hervor. Prädiabetes betrifft Millionen von Menschen weltweit. Schätzungsweise ist jeder zehnte Erwachsene davon betroffen, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegt. Prädiabetes bezeichnet einen Zustand, bei dem die Blutzuckerwerte erhöht sind, aber noch nicht die Diabeteskriterien erfüllen. Da Betroffene zunächst keine Beschwerden haben, bleibt ein Prädiabetes oft lange unentdeckt. Bisher empfohlene Strategien – auch in den gängigen Leitlinien – zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes bei Menschen mit Prädiabetes zielen vor allem darauf ab, durch gesunde Ernährung und mehr körperliche Aktivität Gewicht zu reduzieren. Diese allein auf das Gewicht beschränkte Strategie könnte durch neue Analyseergebnisse erweitert werden. Normaler Blutzuckerspiegel als Wendepunkt Die Tübinger Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie hat in Kooperation mit Forschenden von Helmholtz Munich und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) eine Langzeitstudie durchgeführt: die Prediabetes Lifestyle Intervention Study (PLIS). Die Ergebnisse einer Post-hoc-Analyse wurden jüngst in der Fachzeitschrift “Nature Medicine” veröffentlicht. Sie zeigen, dass von den mehr als 1100 Studienteilnehmern 234 innerhalb eines Jahres kein Gewicht verloren oder sogar an Körpergewicht zunahmen – obwohl sie sich der Lebensstiländerung unterzogen. Dennoch normalisierte sich bei gut 22 Prozent von ihnen der Blutzuckerspiegel. Über einen Zeitraum von bis zu weiteren neun Jahren wurde das Auftreten von Typ-2-Diabetes beobachtet: Ohne Gewichtsverlust hatte diese Gruppe eine bis zu 71 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit an Diabetes zu erkranken. Dieser Wert ist fast identisch zu denjenigen, die mittels Gewichtsabnahme ihr Risiko für Typ-2-Diabetes senken konnten (73 Prozent). Fettverteilung als ausschlaggebender Faktor Ein besonderes Augenmerk der Analyse galt der Fettverteilung. So wurde das Verhältnis zwischen Viszeralfett und Subkutanfett untersucht. Viszeralfett setzt Botenstoffe frei, die Entzündungen fördern und den Hormonhaushalt stören. Das führt zu einer Insulinresistenz und steht im direkten Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes. Gerade diejenigen Studienteilnehmer, deren Blutzuckerspiegel sich ohne Gewichtsabnahme wieder normalisierte, hatten durch die Lebensstilveränderung einen geringeren Anteil an Bauchfett im Vergleich zu denjenigen, deren Blutzuckerspiegel im Prädiabetesbereich verblieben. Körpergewicht nicht mehr alleiniger Indikator „Die Wiederherstellung eines normalen Nüchternblutzuckerspiegels ist das wichtigste Ziel zur Prävention von Typ-2-Diabetes und nicht zwingend die Zahl auf der Körperwaage“, erklärt Prof. Andreas Birkenfeld, Studienleiter und Direktor des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) von Helmholtz Munich an der Universität Tübingen. „Sport und eine ausgewogene Ernährung wirken günstig auf Blutzucker, unabhängig davon, ob Gewicht reduziert wird. Gewicht zu verlieren, bleibt hilfreich, aber unsere Daten weisen darauf hin, dass es nicht zwingend notwendig für den Schutz vor Diabetes ist“, führt er weiter aus. „Die Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Typ-2-Diabetes sollten künftig nicht nur das Gewicht, sondern vor allem die Blutzuckerkontrolle und Fettverteilungsmuster berücksichtigen“, ergänzt Prof. Reiner Jumpertz von Schwartzenberg, der zusammen mit Birkenfeld als Letztautor an der Studie beteiligt war. Gesunder Lebensstil als Erfolgsrezept Die Studienergebnisse legen nahe, wie wichtig es ist, neben Gewichtsreduktionszielen auch glykämische Zielwerte, also Blutzuckerrichtwerte, in die Praxisleitlinien aufzunehmen. Der Rückgang des Prädiabetes ist der wirksamste Weg, um zukünftigem Typ-2-Diabetes vorzubeugen. Die neuen Ergebnisse deuten darauf hin, dass dies teilweise unabhängig von der Gewichtsreduktion ist. Nichtsdestotrotz bleiben ausreichend körperliche Bewegung und eine ausgewogene Ernährung die entscheidenden Mittel, um die Blutzuckerwerte in einen normalen Bereich zu bringen.
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