(Prä)diabetes: Mehr Arthrose, mehr Risiken beim Gelenkersatz2. Dezember 2025 Foto: Henrik Dolle – stock.adobe.com Typ-2-Diabetiker entwickeln nicht nur häufiger eine Arthrose, sie benötigen auch überdurchschnittlich oft ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk. Gleichzeitig tragen sie ein erhöhtes Risiko für Komplikationen rund um den Eingriff – auch schon bei Prädiabetes. Darauf hat die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik im Rahmen ihrer Jahrestagung hingewiesen. Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2DM) haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Knie- oder Hüftarthrose zu entwickeln – nicht allein aufgrund des häufigen Übergewichts. „Der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel führt zu Entzündungsprozessen im Körper und schädigt Knorpelzellen im Gelenk“1, erklärt Priv.-Doz. Dr. Stephan Kirschner, Past-Präsident der AE und Direktor der Klinik für Orthopädie in den ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe. Ein schlecht eingestellter Blutzucker erhöht zudem die Komplikationsrate bei Operationen: Hohe Zuckerwerte schwächen die Immunabwehr und beeinträchtigen die Wundheilung und das Risiko für Protheseninfektionen steigt. Auch Prädiabetes ist ein OP-Risikofaktor – und bleibt häufig unerkannt In Deutschland leben etwa 8,7 Millionen Menschen mit diagnostiziertem T2DM sowie schätzungsweise zwei Millionen, die nichts von ihrer Erkrankung wissen2. Weitere 30 bis 40 Prozent der Erwachsenen sind von Prädiabetes betroffen – erhöhten Blutzuckerwerten unterhalb der Diabetes-Schwelle3. Auch hier werden bereits kleine Blutgefäße geschädigt, was die Durchblutung und damit die Wundheilung und Infektabwehr beeinträchtigt. „Viele bemerken das nicht, weil Prädiabetes kaum Symptome verursacht“, so Kirschner. Risikofaktoren für Prädiabetes sind unter anderem familiäre Vorbelastung, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, nicht-alkoholische Fettleber sowie Übergewicht – insbesondere ein ausgeprägtes viszerales Fettdepot im Bauchraum. „Dieses aktive Fettgewebe beeinträchtigt die Insulinwirkung und führt zu chronischen Entzündungen im Körper und den Gelenken“, erklärt Kirschner. Gut vorbereitet in die Operation – Empfehlungen der AE Da der Einsatz eines künstlichen Gelenkes meist planbar erfolgt, empfiehlt das AE-Komitee „Perioperatives Management“ eine gezielte Vorbereitung von Diabetikern4. Grundsätzlich sollten Patienten auf die Operation vorbereitet werden. Die wichtigsten Aspekte sind5: Blutzuckerwerte kennen und senken: angestrebter HbA1c < 7 % (idealerweise < 5,6 %) Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorab abklären und einstellen Patient Blood Management (körpereigene Blutreserven stärken, um Bluttransfusionen zu vermeiden oder zu reduzieren) und Anämieabklärung Möglichst kein Nikotin und Alkohol sechs Wochen vor OP Mangelernährung erkennen und korrigieren Moderate körperliche Aktivität und Atemtraining Entzündungsherde sanieren: zahnärztliche Untersuchung Gewichtsreduktion, falls möglich Individuelle OP-Planung: Narkose, Stoffwechselkontrolle, perioperatives Risikomanagement. „Eine sorgfältige Vorbereitung und die enge Zusammenarbeit zwischen Hausärzten, Orthopäden und Anästhesisten sind entscheidend, um das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen zu minimieren“, betont Prof. Robert Hube, Präsident der AE und Chefarzt der Orthopädischen Chirurgie in München (OCM). Wenn dies gelingt, steht einem erfolgreichen Eingriff aus Sicht der AE wenig im Wege. „Der Gewinn an schmerzfreier Mobilität durch eine erfolgreiche Endoprothesen-Implantation ist enorm – und regelmäßige Bewegung kann sogar dazu beitragen, einen Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes zu verbessern“, ergänzt AE-Generalsekretär Prof. Georgi Wassilew, Direktor der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie am Universitätsklinikum Greifswald. Literatur: Veronese N et al. Type 2 diabetes mellitus and osteoarthritis. A Semin Arthritis Rheum 2019 Aug;49(1):9-19. https://www.diabinfo.de/zahlen-und-fakten.html#:~:text=Hingegen%20ist%20die%20Zahl%20der,39%2DJ%C3%A4hrigen%20die%20Neuerkrankungen%20ansteigen (Abruf am 23.11.2025) Tamayo T et al. Regional differences of undiagnosed type 2 diabetes and prediabetes prevalence are not explained by known risk factors. PLoS One 2014 Nov 17;9(11):e113154. Müller M, Weber P. Diabetes mellitus und Endoprothetik – was gibt es zu beachten? Orthopädie (Heidelb) 2025 Feb;54(2):129-134. Weber P, Müller M. Perioperatives Management in der Hüft- und Knieendoprothetik. Orthopädie (Heidelb) 2025 Feb;54(2):93-94.
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