Prävention von Hörverlust durch Chemotherapie: Gezielte Medikamenten-Gabe ins Innenohr24. September 2024 Bild: Axel Kock/stock.adobe.com Um Hörschäden während einer Chemotherapie vorzubeugen, hat ein US-amerikanisches Team ein neuartiges System zur Verabreichung von Medikamenten entwickelt, das diese ins Innenohr transportiert. Erhält ein Patient Cisplatin, findet das Medikament schnell seinen Weg in die Cochlea. Das Medikament verbleibt dort monatelang und kann Haarzellen schädigen. Das Team um Dr. Vibhuti Agrahari, Assistenzprofessorin an der University of Oklahoma College of Pharmacy (USA) hat eine Methode zu entwickeln, mit der Medikamente im Ohr platziert werden können, wo sie „Wache halten“, wenn Cisplatin dort ankommt. „Um diese Art von Hörverlust zu behandeln, wollten wir uns auf eine prophylaktische Therapie konzentrieren. Wir wollten einen gezielten Ansatz für die Verabreichung von Medikamenten direkt ins Innenohr entwickeln, anstatt eines oralen Medikaments, das durch den Körper transportiert werden muss“, erläuterte Agrahari ihren Forschungsansatz. Das Problem sei vor allem bei kleinen Kindern, die wegen Krebs behandelt werden, von Bedeutung, weil bei diesen die kognitive Entwicklung noch nicht abgeschlossen sei. Agrahari das von ihr und ihrem Team entwickelte System [1] mit einem hochentwickelten Fahrzeug mit einem ausgezeichneten GPS: stabil für die Reise, aber wendig und geschickt, um Hindernisse zu überwinden. Eine weitere Anforderung war, dass der letztlich ins Innenohr transportierte Wirkstoff, genau auf den Mechanismus abzielt, durch den Cisplatin den Hörprozess schädigt. Als „Vehikel“ dient Hydrogel. Dieses ist zunächst flüssig, damit es injiziert werden kann, aber sobald es sich auf Körpertemperatur erwärmt, verwandelt es sich in ein Gel. Das Hydrogel ist biokompatibel, sodass das Immunsystem es nicht als Eindringling ansieht. Im Inneren des Hydrogels befinden sich Nanopartikel, jeder davon 100 Nanometer breit. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 100.000 Nanometer breit. Durch ihre geringe Größe können Nanopartikel die Membran auf dem Weg zur Cochlea passieren. Sobald sie ihren Bestimmungsort erreicht haben, veranlasst die Umgebung der Cochlea die Wirkstoff-Freisetzung. Da sich die Nanopartikel von Hydrogel umschlossen sind, entladen sie sich langsam. Das Gel verhindert auch, dass die Nanopartikel in die Eustachische Röhre rutschen. Agrahari hat ihr Transport-System mit mehreren Medikamenten getestet [2]. Verwendet wurde der Kalzium-Kanal-Blocker Flunarizin, da Kalzium bekanntermaßen die Haarzellen im Innenohr schädigt sowie das Antioxidanz Honokiol, das die Haarzellen schützt und die empfindliche Homöostase des Innenohrs aufrechterhalten. Mithilfe einer mathematischen Modellierungssoftware wählten Agrahari und ihr Team verschiedene Konfigurationen von Wirkstoffmengen und Formulierungsgrößen aus. Das Medikamentenverabreichungssystem wurde in vitro mit Innenohrzelllinien untersucht. Als nächster Schritt wird der Ansatz nun an Tiermodellen getestet. Trotz des frühen Stadiums der Entwicklung habe ihre Forschung bereits positive Ergebnisse gezeigt, sowohl für das Transport-System als auch für Wirksamkeit der getesteten Medikamente Schäden vorzubeugen, die zu Hörverlust führen, so Agrahari. Es wurden bereits Patente angemeldet.
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