Praxisrelevante Besonderheiten der Anatomie auf dem Leipziger Tierärztekongress 20243. November 2023 11. Leipziger Tierärztekongress. 7. bis 9. Juli 2022. Quelle: Leipziger Messe | Foto: © Tom Schulze „Anatomie verlass mich nie“ – dieser Spruch aus dem vorklinischen Studium bewahrheitet sich in der Praxis immer wieder. In einem neuen Themenschwerpunkt des Leipziger Tierärztekongresses 2024 werden einige klinisch relevante anatomische Besonderheiten und damit zusammenhängende Behandlungsmöglichkeiten beleuchtet. Dr. Michele Klymiuk vom veterinäranatomischen Institut der Universität Gießen informiert in seinem Vortrag „Aus Stammzellen werden EV‘s – Perspektiven der Therapie mit extrazellulären Vesikeln beim Hund“ über neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit Behandlungsmöglichkeiten durch extrazelluläre Vesikel (EVs), die von mesenchymalen Stammzellen hergestellt werden. Der Vortrag ist Teil des Themenschwerpunktes „Anatomie verlass mich nie: Praktischen Herausforderungen interdisziplinär begegnen“ auf dem Leipziger Tierärztekongress 2024. Dieser beschäftigt sich neben den Stammzellen mit verschiedenen klinischen Beschwerden von Pferd und Hund, bei deren Entstehung und Behandlung die Anatomie eine wichtige Rolle spielt. Dabei kommen bei den Equiden zum Beispiel klinisch relevante Veränderungen an Hals und Rücken sowie Zahnveränderungen zur Sprache. Hundebezogene Themen umfassen myofasziale Expansionen, das Sakroiliakalgelenk, die Perinealanatomie und den persistierenden rechten Aortenbogen (PRAA). Außerdem wird es einen Beitrag zu den praxisrelevanten anatomischen Besonderheiten bei Alpakas geben. Die Vorträge finden am 20. Januar 2024 zwischen 09:00 und 13:15 Uhr in Raum 11 des CCL der Leipziger Messe statt. Von der „mesenchymalen Stammzelle“ zur „medizinalen Signalisierungszelle“ Stammzellen bieten großes Potenzial bei der Behandlung verschiedener muskuloskelettaler Erkrankungen und kommen in diesem Bereich bereits seit vielen Jahren zum Einsatz. Zu den wichtigen Einsatzgebieten gehören beispielsweise Osteoarthrose und Sehnenerkrankungen. Eine häufig verwendete Form der Stammzellen sind die mesenchymalen Stammzellen. Sie stammen aus dem Bindegewebe und werden üblicherweise aus dem Fettgewebe, seltener aus dem Knochenmark gewonnen. Dabei war die ursprüngliche Idee, dass solche Stammzellen in ein geschädigtes Zielgewebe wie ein osteoarthrotisches Gelenk eingebracht werden, sich dort ausdifferenzieren und so etwa geschädigte Knorpelzellen ersetzen können. Von dieser Vorstellung rücken Forscher inzwischen aber zunehmend ab. „Vielmehr werden die Stammzellen jetzt als Bioreaktoren betrachtet, die eine Vielzahl verschiedener Faktoren sezernieren und so eine Regeneration herbeiführen“, so Dr. Klymiuk. Deshalb werde zunehmend der Begriff „medizinale Signalisierungszelle“ (MSC) gebräuchlich, der die tatsächliche Wirkung dieser Zellen deutlich besser unterstreicht. Extrazelluläre Vesikel – besser als die Stammzelle? Neben zahlreichen Botenstoffen setzen die MSC unter anderem extrazelluläre Vesikel frei. Diese winzigen Partikel sind von einer Doppellipidmembran umgeben und enthalten beispielsweise Peptide, Lipide und Ribonukleinsäuren, deren Zusammensetzung von den Signalisierungszellen bestimmt wird. Außerdem findet sich in ihnen Mikro-RNA (miRNA), die gezielt die Translation von Genen moduliert. Der Inhalt dieser Vesikel lässt sich über die MSCs beeinflussen, beispielsweise indem bestimmte therapeutisch wirksame Substanzen in den Vesikeln angereichert werden. Da es sich im Gegensatz zu den Stammzellen nicht um lebende Zellen handelt, rufen sie keine Abstoßungsreaktionen hervor. Auch tumorartige Wucherungen, die bei den MSCs zu den möglichen unerwünschten Nebenwirkungen gehören, sind beim Einsatz von EVs nicht zu erwarten. Das könnte laut Dr. Klymiuk eine gezieltere und vereinheitlichte Therapie ermöglichen. Ziel sei es, so der Wissenschaftler, den Grundstein für eine neue, zellfreie und dennoch stammzellbasierte Therapie zu legen, die sich je nach Modifikation der EVs für verschiedene Zwecke einsetzen ließe. Aktuelle Forschungsarbeiten Dr. Klymiuk gibt einen Einblick in die aktuelle Forschung zu EVs. Dabei wurden zunächst Methoden entwickelt, die es erlauben, EVs zu gewinnen und zu charakterisieren. Die Charakterisierung erfolgt dabei über spezifische Oberflächenproteine der Vesikel, die sogenannten Tetraspanine. Sie werden mithilfe von Western-Blot, Immunhistochemie und Immuno-Gold-Markierung von Schnitten in der Transmissionselektronenmikroskopie identifiziert. Größe und Anzahl der EVs lassen sich mit Nano-Tracking-Analysen bestimmen. Für die Aufkonzentration haben sich bisher Ultrafiltration und Ultrazentrifugation bewährt. Dadurch wird die Beschaffenheit der Vesikel bestmöglich erhalten. Die Forschenden vermuten deshalb, dass dieses Vorgehen die Funktionalität der EVs am wenigsten beeinträchtigt. In einem nächsten Schritt soll dann der Inhalt der Vesikel bestimmt werden, wobei vor allem die miRNAs von Interesse sind. Mittels Gesamtanalysen (next generation sequencing) sollen therapeutisch besonders wirksame miRNA ausgewählt und deren konkreter Einfluss in einem Schädigungsmodell des Knorpels untersucht werden.
Mehr erfahren zu: "Tiergesundheit: Aktuelle EU-Umfrage zeigt Handlungsbedarf bei Aufklärung und Dialog" Tiergesundheit: Aktuelle EU-Umfrage zeigt Handlungsbedarf bei Aufklärung und Dialog Eine europaweit durchgeführte Umfrage im Auftrag von AnimalhealthEurope zeigt das große Vertrauen der Bevölkerung in tierärztliche Versorgung und Prävention – macht aber auch Informationsdefizite sichtbar, so der Bundesverband für Tiergesundheit […]
Mehr erfahren zu: "Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen" Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen Eine neue internationale Studie konnte nun die Schritte entschlüsseln, die das menschliche Becken im Laufe von Millionen von Jahren so veränderten, dass zweibeiniges Gehen möglich wurde.
Mehr erfahren zu: "Warum das Zwerg-Seepferdchen eine Stupsnase hat" Warum das Zwerg-Seepferdchen eine Stupsnase hat Eine deutsch-chinesische Forschungsgruppe hat das Genom des Zwerg-Seepferdchens sequenziert. Sie konnten dabei unter anderem Genverluste identifizieren, welche für die verkürzte Nase verantwortlich sind.