Profitieren Menschen mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und vorherigem Schlaganfall von Antikoagulation?23. Mai 2024 Foto: © Swapan – stock.adobe.com Eine Subgruppenanalyse der NOAH – AFNET 6 Studie ergab: Bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und einem vorherigen Schlaganfall führt die orale Antikoagulation zu mehr Blutungen, ohne dass es zu einer deutlichen Verringerung der Schlaganfallhäufigkeit kommt. Dieses Ergebnis stellte Prof. Paulus Kirchhof, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), beim Jahreskongress der Amerikanischen Heart Rhythm Society (HRS) in Boston, USA, vor.1 Device-detektiertes Vorhofflimmern bezeichnet kurze und typischerweise seltene Episoden von Vorhofflimmern, die von Herzschrittmachern, Defibrillatoren und implantierten Ereignisrekordern erkannt werden, die eine kontinuierliche Rhythmusüberwachung ermöglichen. Bei einem Fünftel aller Patienten mit einem am Herzen implantierten elektronischen Gerät kommt es zu Device-detektiertem Vorhofflimmern.2 Device-detektiertes Vorhofflimmern kann zu einem Schlaganfall führen, aber das Schlaganfallrisiko bei Device-detektiertem Vorhofflimmern scheint geringer zu sein als bei EKG-dokumentiertem Vorhofflimmern (1 % pro Jahr). Eine Antikoagulation beugt Schlaganfällen bei Patienten mit EKG-dokumentiertem Vorhofflimmern effizient vor. Besonders wirksam ist sie bei Patienten mit Vorhofflimmern und einem früheren Schlaganfall oder einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA), bei denen ein hohes Risiko für einen erneuten Schlaganfall besteht. Bei Patienten mit einem früheren Schlaganfall ohne EKG-dokumentiertes Vorhofflimmern erhöhen orale Antikoagulanzien hauptsächlich die Blutungsneigung und haben nur eine schwache Wirkung auf ischämische Schlaganfälle. In der NOAH – AFNET 6-Studie (Non-Vitamin-K-Antagonist Oral Anticoagulants in Patients with Atrial High-Rate Episodes) wurde festgestellt, dass eine Antikoagulation bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern Blutungsereignisse wie erwartet erhöhte, während die Schlaganfall-verhindernde Wirkung geringer als erwartet ausfiel.3 Die schwache Wirksamkeit der Antikoagulation zeigt sich auch bei Patienten mit langen Episoden (mindestens 24 Stunden) von Device-detektiertem Vorhofflimmern4 und bei Patienten mit vielen Begleiterkrankungen (CHA2DS2VASc score 5–9).5 Eine Meta-Analyse von NOAH – AFNET 6 und der ähnlichen Studie ARTESiA (Apixaban for the Reduction of Thrombo-Embolism in Patients with Device-Detected Sub-Clinical Atrial Fibrillation) bestätigte eine Zunahme von Blutungen und stellte eine geringe Abnahme von ischämischen Schlaganfällen unter Antikoagulation fest.6 Kirchhof, wissenschaftlicher Leiter der NOAH – AFNET 6 Studie, erklärt: „Patient:innen mit einem Schlaganfall in der Vorgeschichte werden häufig antikoaguliert, wenn bei ihnen Device-detektiertes Vorhofflimmern festgestellt wird. Wir wissen jedoch nicht, ob sie wirklich von dieser Behandlung profitieren. Die Daten über die Wirksamkeit und Sicherheit der Antikoagulation bei dieser Patient:innengruppe sind nicht eindeutig. Wir haben diese vorab festgelegte Teilanalyse des NOAH – AFNET 6 Datensatzes geplant und durchgeführt, um den Behandlungseffekt der Antikoagulation bei Menschen mit Device-detektiertem Vorhofflimmern mit und ohne vorausgegangenen Schlaganfall zu bewerten.“ Die Analysepopulation bestand aus 253 Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und einem vorausgegangenen Schlaganfall oder einer TIA sowie aus 2281 Patienten ohne vorausgegangenen Schlaganfall oder TIA. Die Teilnehmer waren im Durchschnitt 78 Jahre alt. 36,4 Prozent waren Frauen. Alle Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Kohorten eingeteilt, wobei die Teilnehmer der einen Gruppe eine Antikoagulation mit Edoxaban, die der andern Gruppe keine Antikoagulation erhielten. In einer Sensitivitätsanalyse wurden nur Patienten mit einem früheren Schlaganfall berücksichtigt. Diese Patientengruppe lag außerhalb der zugelassenen Indikation für Edoxaban. Bei Patienten mit einem vorangegangenen Schlaganfall oder einer TIA trat ein primäres Ereignis (Schlaganfall, systemische Embolie oder kardiovaskulärer Tod) bei 14 der 122 Patienten mit Antikoagulation (5,7 % pro Patientenjahr) und bei 16 der 131 Patienten ohne Antikoagulation (6,3 % pro Patientenjahr) auf. Dies stellt keinen signifikanten Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen dar. Die Schlaganfallrate war mit und ohne Antikoagulation niedriger als erwartet. Einen Schlaganfall erlitten 4 der 122 Teilnehmer mit Antikoagulation (1,6 % pro Patientenjahr) und 6 der 131 Teilnehmer ohne Antikoagulation (2,3 % pro Patientenjahr). Es gab keine Behandlungsinteraktion zwischen einem früheren Schlaganfall und der Antikoagulationstherapie. Bei Patienten mit vorausgegangenem Schlaganfall oder TIA schien die Antikoagulation im Vergleich zur Behandlung ohne Antikoagulation die Zahl schwerer Blutungen zu erhöhen. Kirchhof kommt zu folgendem Schluss: „Die Ergebnisse stimmen mit denen der Hauptstudie überein: Ohne EKG-dokumentiertes Vorhofflimmern hatte die Antikoagulation nur einen geringen Einfluss auf Schlaganfall und systemische Embolie, selbst in dieser Hochrisikopopulation von Patienten mit früherem Schlaganfall. Es sind weitere Studien erforderlich, um Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern zu identifizieren, die ein hohes Schlaganfallrisiko haben, und um das Risiko und den Nutzen einer Antikoagulation bei diesen Menschen genau zu bestimmen. Unsere Analyse ist die erste ihrer Art, aber sie hat auch ihre Grenzen: In die NOAH – AFNET 6-Studie wurden nur 253 Patienten mit einem vorangegangenen Schlaganfall oder einer TIA aufgenommen, und beim Studieneintritt lagen der Schlaganfall oder die TIA schon mehrere Jahre zurück.“ Weitere Informationen könnten sich aus ähnlichen Analysen der ARTESiA-Studie ergeben. Prof. Andreas Goette, St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn, Deutschland, der an der NOAH – AFNET 6 Studie und an der Metaanalyse beteiligt war, stellt fest: „Die Antikoagulation reduziert Schlaganfälle um einen geringen absoluten Betrag. Dieser erwünschte Effekt wird aber durch eine Zunahme schwerer Blutungen erkauft. Diese Auswirkungen sind bei individuellen Entscheidungen zur Antikoagulation bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern zu berücksichtigen.“
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