Projektförderung: Entschlüsselung von Schmerzmechanismen bei Neuropathien

Die Mechanismen hinter Neuropathien stehen im Fokus des europäischen Konsortiums DECIPHER. (Symbolfoto: ©GoodIdeas/stock.adobe.com)

Das europäische Konsortium DECIPHER erhält für seine Forschung zur Entschlüsselung der Rolle von stromalen CD90⁺-Zellen bei Neuropathien rund 1,5 Millionen Euro. Maßgeblich beteiligt an dem Projekt ist eine Arbeitsgruppe aus Würzburg.

Was genau liegt dem kaum zu ertragenden Nervenschmerz bei Neuropathien zugrunde? Und warum leiden manche Patientinnen und Patienten bei gleicher Ursache unter Schmerzen, während andere schmerzfrei bleiben? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das europäische Konsortium DECIPHER. Die Förderung des Projektes erfolgt im Rahmen der Ausschreibung „Interdisciplinary Approaches to the Neuroscience of Pain“ des europäischen Netzwerks ERA-NET NEURON, das die neurowissenschaftlichen Forschung in Europa koordiniert.

Prof. Nurcan Üçeyler, Neurologin und leitende Oberärztin der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) befasst sich seit Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn mit der Frage nach der Pathophysiologie von Neuropathien der groß- und kleinkalibrigen Nervenfasern sowie der Entstehung von neuropathischem Schmerz – im translationalen Ansatz sowohl klinisch als auch grundlagenwissenschaftlich. „Das Projekt unseres neuen Konsortiums DECIPHER ist der logische nächste Schritt meiner Arbeit“, sagt sie.

Dem Konsortium gehören weiterhin an:

  • Franziska Denk, Wolfson Sensory, Pain and Regeneration Centre (SPaRC), School of Neuroscience, King’s College London, Großbritannien
  • Dr. Mateusz Kucharczyk, Łukasiewicz Research Network – PORT, Polish Center for Technology Development, Cancer Neurophysiology Group, Wrocław, Polen
  • Prof. Caroline Ospelt, Zentrum für Experimentelle Rheumatologie, Universitätsklinikum Zürich, Schweiz
  • Prof. Fatma Yeşim Parman, Neurologische Klinik, Universität Istanbul, Türkei.

Stromale CD90⁺-Zellen bei neuropathischen Schmerzen

Unter Leitung von Denk soll in DECIPHER die Rolle stromaler CD90⁺-Zellen bei der Entstehung und Chronifizierung von Nervenschmerzen ermittelt werden. Stromale CD90⁺-Zellen sind eine bestimmte Art von Bindegewebszellen, die vor allem bei Verletzungen im Körper aktiv werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei neuropathischen Schmerzen. So sind sie beispielsweise an der Bildung von Narbengewebe rund um den verletzten Nerv beteiligt. Dies kann dazu führen, dass der Nerv dauerhaft gereizt bleibt. Nach einer Nervenschädigung können sie aber auch entzündliche Stoffe freisetzen, die die Nerven empfindlicher machen.

„In unserem Konsortium konzentrieren wir uns auf genau diese ausgeschütteten schmerzauslösenden Substanzen, die möglicherweise neuropathische Schmerzen bei Neuropathien verursachen beziehungsweise unterhalten“, erläutert Üçeyler.

Die Forschenden verfolgen einen translationalen Ansatz, bei dem die Bereiche Klinik, mehrdimensionale humane Zellkultursysteme und tierexperimentelle Forschung miteinander verzahnt werden. Darüber wollen sie neue Ansatzpunkte für die Behandlung Neuropathie-assoziierter Schmerzen erarbeiten.

Wie sieht der Beitrag aus Würzburg aus?

Die Arbeitsgruppe von Üçeyler bringt auf der klinischen Seite Studienpatientinnen und -patienten ein. Von diesen stellt sie umfassende Charakterisierungen des Krankheitsbildes sowie patienteneigenes Biomaterial bereit. Dies bildet die Grundlage des Projekts. Parallel dazu entwickelt ihr grundlagenwissenschaftliches Team patienteneigene, stammzellbasierte 2D-Nervenzellkulturen. Diese werden mikroskopisch, elektrophysiologisch und molekularbiologisch analysiert.

„Diese Zellmodelle und Methoden stellen wir allen Partnerinnen und Partnern im Konsortium zur gemeinsamen Erforschung zur Verfügung. Durch die komplementäre Verknüpfung von klinischen Daten, humanen in vitro 2D/3D-Kulturen und Organoiden, sowie in vivo und in vitro tierexperimentellen Ansätzen bringen wir in unserem Konsortium alle nötigen Techniken auf höchstem Niveau zusammen. Die gewonnenen Erkenntnisse können wir auf Basis solider klinischer Charakterisierung sinnvoll interpretieren und für unsere Patientinnen und Patienten gewinnbringend einsetzen“, so Üçeyler.

Zudem sei die Einbindung von Patientinnen und Patienten für das Konsortium sehr wichtig. So wird DECIPHER unter anderem von der Selbsthilfeorganisation SchmerzLOS e. V. unterstützt. Der Verein war bereits in die Projektplanung eingebunden. Er wird während der gesamten Projektlaufzeit beratend aktiv sein, um die Perspektive und Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten im Fokus zu behalten.

(ah/BIERMANN)