Projektmanager der Immunabwehr im Gehirn

Dr. Andreas Pavlou, der Erstautor der Studie, im Labor. (Foto: © TWINCORE/T. Damm)

Ein Team von Forschenden am TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover – hat gemeinsam mit Kooperationspartnern herausgefunden, wie die Zusammenarbeit von Immunzellen im Gehirn koordiniert wird.

Mit Viren infizierte Zellen werden vom körpereigenen Immunsystem erkannt und beseitigt. So kann die Verbreitung des Virus verhindert und die Infektion unter Kontrolle gebracht werden. Dieser Prozess erfolgt im Zusammenspiel verschiedener Zellen des Immunsystems. Sogenannte myeloide Zellen, beispielsweise die Makrophagen, erkennen Viren und zeigen T-Zellen, welche Zellen infiziert sind und bekämpft werden sollen. Im Gehirn übernehmen diese Rolle die Mikroglia.

„Die Mikrogliazellen sind sozusagen die Projektmanager des Immunsystems im Gehirn, die die T-Zellen koordinieren”, erklärt Dr. Andreas Pavlou, Wissenschaftler am Institut für Experimentelle Infektionsforschung am TWINCORE und Erstautor der Studie. „Wir konnten jetzt zeigen, dass für diese Aufgabe ein bestimmter Signalweg in den Zellen essenziell ist.“ 

Um zu testen, welche Zellen im Gehirn die entscheidende Rolle spielen, haben die Forscher im Mausmodell das antivirale Signalprotein der Mitochondrien (MAVS-Protein) in verschiedenen Zelltypen ausgeschaltet. Es ist Teil des RIG-I-Signalwegs, der für die Erkennung von Viren wichtig ist. „Wenn in anderen Gehirnzellen wie den Neuronen oder den Astrozyten MAVS ausgeschaltet wurde, haben wir nach Infektion der Mäuse mit dem vesikulären Stomatitis-Virus keine deutlichen Unterschiede festgestellt.“ Die Immunabwehr hat weiterhin funktioniert. Wenn MAVS allerdings in den Mikrogliazellen deaktiviert war, konnte sich die Infektion sehr schnell im Gehirn ausbreiten.

„Die Zahl der myeloiden Zellen und auch die der infiltrierenden T-Zellen im Gehirn war nicht reduziert“, berichtet Pavlou. „Die Mikroglia hatten allerdings weniger Signalrezeptoren auf der Zelloberfläche und die T-Zellen zeigten abweichende Stoffwechselaktivitäten.“ Die Forschenden schlussfolgern daraus, dass hier die Kommunikation zwischen den Mikroglia und den T-Zellen gestört ist. „Wir konnten zeigen, dass MAVS ein essenzieller Baustein in der Verständigung zwischen Mikrogliazellen und Effektorzellen ist“, erklärt Pavlou. „Ohne dieses Signalmolekül können die Mikrogliazellen ihre Rolle als Projektmanager der Immunantwort im Gehirn nicht erfüllen.“

„Diese Erkenntnisse könnten zukünftig dabei helfen, therapeutische Eingriffe bei Infektionen im Gehirn effektiver zu gestalten“, sagt Prof. Ulrich Kalinke, Direktor des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung und geschäftsführender Direktor des TWINCORE. „Wir hoffen, dass wir hiermit den Grundstein für eine verbesserte Behandlung von Patienten mit Hirninfektionen legen können.“