Prostatakrebs: Frühe PSMA-PET/CT könnte jede dritte Therapieplanung ändern

Markus Essler, Nuklearmediziner am Universitätsklinikum Bonn und Co-Autor der Studie zum frühen Einsatz der PSMA-PET/CT zur Prostatakebsdiagnostik. Foto: DGN

Bei Verdacht auf Prostatakrebs könnte eine frühzeitige, hochauflösende Bildgebung mittels PSMA-PET/CT eine gute Entscheidungshilfe für eine anschließende Therapie liefern. Wie eine aktuelle Studie zeigt, würde die zusätzliche Bildgebung in jedem dritten Fall die Therapie ändern, die der Patient ohne sie erhalten hätte.

Bei der Positronenemissionstomographie/Computertomographie mit dem Prostata-Spezifischen Membran-Antigen als Zielstruktur (PSMA-PET/CT) werden Prostatakrebszellen mithilfe eines Radiotracers, der an PSMA bindet, lokalisiert. Bei dem Verfahren machen sich Nuklearmediziner zunutze, dass PSMA besonders häufig auf der Oberfläche von Prostatakrebszellen zu finden ist. „Bislang wird diese Untersuchung nur zur Einschätzung bereits bekannter, fortgeschrittener Tumoren oder bei der Verlaufskontrolle eingesetzt“, erklärt Prof. Markus Essler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Bonn und Experte des Berufsverbands Deutscher Nuklearmediziner (BDN). Essler ist Coautor der Studie, die kürzlich online vorab im „ Journal of nuclear medicine“ veröffentlicht wurde.

PSMA-PET/CT im Rahmen der Erstdiagnostik

Im Rahmen der Studie haben Urologen, Nuklearmediziner und Pathologen das Verfahren auf seine Eignung für die Erstdiagnostik des Prostatakarzinoms untersucht. Als Probanden konnten die Forschenden insgesamt 230 Männer mit Verdacht auf Prostatakrebs gewinnen, bei denen bislang weder eine Bildgebung noch eine Biopsie vorgenommen worden war. Die Teilnehmer wurden dem bisherigen Standard gemäß untersucht, der zunächst eine multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) vorsieht, deren Bilder anschließend mit Live-Ultraschallaufnahmen kombiniert werden, um eine möglichst präzise Biopsie vornehmen zu können. Abweichend vom Standardprotokoll erhielten die Patienten jedoch vor der ultraschallgeführten Biopsie eine zusätzliche PSMA-PET/CT-Bildgebung, die ebenfalls für die Steuerung der Gewebeentnahme verwendet wurde. Anschließend wurde das Tumorstadium für jeden Patienten zweimal unabhängig eingeschätzt: einmal allein aufgrund der Standard-Untersuchung, ein zweites Mal mithilfe der zusätzlichen Informationen aus der PET/CT.

Insgesamt bestätigte sich der Krebsverdacht bei 137 der 230 Patienten. „Im Vergleich der beiden Bildgebungsverfahren zeigte sich, dass die PET/CT-gestützte Biopsie mehr Tumoren identifizieren konnte als die MRT-geführte Biopsie. Durch die Kombination beider Verfahren ließ sich zudem eine differenziertere Aussage über die Tumorausdehnung, die Tumoraggressivität und damit das Tumorstadium treffen“, sagt PD Dr. Philipp Krausewitz, Leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie des Universitätsklinikums Bonn, der als Erstautor federführend für die Studie verantwortlich war. „Es wurden mehr Tumorherde erfasst, und ihre Verteilung und räumliche Struktur wurde deutlicher abgebildet.“

Lokale Intensivierung der meisten Therapien

Bei rund jedem dritten Patienten (34%) hatten diese Erkenntnisse Einfluss auf die Gestaltung der nachfolgenden Therapie. Weil Krebszellen auf PET/CT-Aufnahmen deutlicher zu erkennen sind und das Tumorstadium daher tendenziell höher eingeschätzt wurde, handelte es sich in der Regel um eine Intensivierung der Therapie. Dies betraf vorwiegend die Modifizierung lokaler Therapiestrategien, darunter Lymphknotendissektion (16%), nervenschonende Verfahren (18%) und Anpassungen des Bestrahlungsfeldes (28%). Eine Eskalation der systemischen Therapie war selten (1%). Darüber hinaus begannen 2% der Patienten eine aktive Behandlung, 5% erhielten eine adjuvante Hormontherapie und 7% unterzogen sich einer metastasengerichteten Therapie.

Die PSMA-PET/CT ist ein etabliertes Verfahren, das bei der Untersuchung bereits operierter Prostatakrebs-Patienten eingesetzt wird, wenn ihr PSA-Wert auf eine Rückkehr des Tumors hindeutet. In diesem Fall werden die Kosten auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sofern das PSMA-PET/CT im Rahmen der Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung (ASV) erfolgt. In der Erstdiagnostik ist das bislang nicht der Fall; hier können allenfalls Privatpatienten auf eine Kostenübernahme hoffen. „Noch wissen wir nicht, ob die sehr frühen und detaillierten Erkenntnisse aus der PET/CT sich auch auf den Behandlungserfolg auswirken, also etwa die Gefahr für ein Rezidiv verringern“, erklärt BDN-Experte Essler. Sollten sich in der geplanten Nachbeobachtungszeit bis 2028 jedoch robuste Hinweise für bessere Heilungschancen durch die leistungsstärkere Bildgebung zeigen, wäre eine Kostenübernahme auch in der Erstdiagnostik wünschenswert, so Essler.

(ms/BIERMANN)