Prostatakrebs: Höheres Risiko für Progression bei Verdacht auf erbliches Krebssyndrom in Familie

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Eine erweiterte Familienanamnese, die auf ein erbliches Krebssyndrom hinweist, ist ein unabhängiger Prädiktor für die in der Biopsie erkennbare Progression während der aktiven Überwachung (AS) beim Prostatakarzinom (PCa). Dies ergibt eine aktuelle Studie aus den USA.

Obwohl die Familienanamnese ein etablierter Risikofaktor für PCa ist, ist die Rolle einer breiteren Definition der Familienanamnese, die nicht nur PCa, sondern auch andere genetisch bedingte bösartige Erkrankungen einschließt, bei Patienten unter AS bisher nicht untersucht worden. Mediziner um den Urologen Keyan Salari vom Massachusetts General Hospital in Boston haben nun die Auswirkungen einer erweiterten Definition der Familiengeschichte auf die Ergebnisse bei AS untersucht.

Zunächst identifizierten sie Patienten, die sich von 1997–2019 im Bostoner Krankenhaus einer AS wegen PCa unterzogen und von denen detaillierte Daten zur familiären Krebsvorgeschichte vorlagen. Primärer Endpunkt war das Überleben ohne Progression in der Biopsie, sekundäre Endpunkte waren behandlungsfreies Überleben, ungünstige pathologische Merkmale bei der Prostatektomie und biochemisches Rezidiv nach der Behandlung.

Von den 855 auswertbaren Patienten hatten 300 (35,1%) PCa in der Familienanamnese, und 95 (11,1%) hatten in der Familienanamnese verwandte bösartige Erkrankungen, die auf ein erbliches Krebssyndrom hindeuteten. Die familiäre PCa-Vorgeschichte allein war nicht mit einer Progression in der Biopsie verbunden. Hingegen war eine familiäre Vorgeschichte, die auf ein erbliches Krebssyndrom hindeutete, mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen in der Biopsie erkennbaren Progress verbunden (HR 1,43; 95%-KI 1,01–2,02). Diese Eigenschaft erwies sich in der multivariablen Analyse als unabhängig von anderen bekannten klinisch-pathologischen Risikofaktoren.

In ähnlicher Weise war eine Familienanamnese, die auf ein erbliches Krebssyndrom hindeutete, in der multivariablen Analyse mit einem signifikant geringeren behandlungsfreien Überleben verbunden (HR 1,58; 95%-KI 1,14–2,18). Keinen signifikanten Zusammenhang erkannten die Forscher zwischen der Familienanamnese und nachteiligen Merkmalen im pathologischen Präparat oder bei biochemischen Rezidiven.

Fazit
Eine erweiterte Familienanamnese, die auf ein erbliches Krebssyndrom hinweist, ist ein unabhängiger Prädiktor für die in der Biopsie erkennbare Progression während der aktiven Überwachung (AS) beim Prostatakarzinom (PCa). Die Autoren schließen mit einer Empfehlung: Zwar könne Männern mit einer Familienanamnese, die auf ein erbliches Krebssyndrom hindeutet, weiterhin AS angeboten werden, sie sollten jedoch über das höhere Risiko einer Krankheitsprogression aufgeklärt werden. (ms)

Autoren: Schneider AC et al.
Korrespondenz: Keyan Salari; [email protected]
Studie: Impact of an Expanded Definition of Family History on Outcomes of Active Surveillance for Prostate Cancer
Quelle: J Urol 2023;209(6):1112–1119.
Web: https://doi.org/10.1097/JU.0000000000003396