Prostatakrebs: Neuer Ansatzpunkt für Therapie erforscht

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Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Medizinischen Universität Wien konnte erstmals zeigen, dass das Schilddrüsenhormon eine treibende Rolle bei der Entwicklung und dem Fortschreiten von Prostatakrebs spielt.

Durch Blockade eines bestimmten Schilddrüsenhormon-Rezeptors konnte sowohl in Tiermodellen als auch in Tumorzellkulturen das Krebswachstum gehemmt werden. Damit liefern die aktuell in „Molecular Cancer“ publizierten Studienergebnisse einen neuen Ansatzpunkt für die Therapie von Prostatatumoren, besonders in einer Phase, in der aktuelle Methoden versagen.

Schilddrüsenhormon-Rezeptor TRβ im Fokus

Im Zentrum der Untersuchung des Forschungsteams um Dr. Olaf Merkel, Dr. Brigitte Hantusch und Prof. Lukas Kenner (alle vom Klinischen Institut für Pathologie der MedUni Wien) sowie Erstautorin Aleksandra Fesiuk (Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien) stand die Rolle des Schilddrüsenhormon-Rezeptors TRβ (Thyroid-Hormon-Rezeptor Beta) bei der Tumorentwicklung.

In Laborversuchen führte die Aktivierung des Schilddrüsenhormons Triiodthyronin (T3) zu einer starken Vermehrung von Prostatakrebszellen. Wurde TRβ dagegen mit NH-3, einem derzeit nur in der Forschung eingesetzten Wirkstoff zur gezielten Blockierung von TRβ, gehemmt, nahm das Wachstum der Krebszellen deutlich ab.

NH3 in Modellen für kastrationsresistenten Prostatakrebs besonders wirksam

In Tiermodellen ließ sich dieser Effekt bestätigen: Tumore, die unter Einfluss von NH-3 behandelt wurden, blieben kleiner oder entwickelten sich deutlich langsamer. Besonders wirksam zeigte sich NH-3 in Modellen für kastrationsresistenten Prostatakrebs. Die Blockade von TRβ führte zudem zu einer Abschwächung des Androgenrezeptor-Signals, das normalerweise durch männliche Geschlechtshormone aktiviert wird und eine zentrale Rolle beim Fortschreiten der Erkrankung spielt.

Daten aus Patientenkohorten untermauern diese Ergebnisse: In Gewebeproben zeigte sich eine erhöhte Menge von TRβ in Prostatatumoren im Vergleich zu gesundem Gewebe. Darüber hinaus belegen genetische Analysen, dass die Schilddrüsenhormon-Signalwege bei einem großen Teil der Prostatakrebs-Patienten durch Mutationen verändert sind.

Mit den aktuellen Ergebnissen wurde ein bisher unbekannter Mechanismus identifiziert, der neue Perspektiven eröffnet: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass TRβ nicht nur ein Treiber für das Tumorwachstum ist, sondern auch als möglicher Angriffspunkt für neue Medikamente dienen könnte“, unterstreicht Studienleiter Kenner. Als besonders interessant erwies sich in der Studie die Kombination von NH-3 mit bereits etablierten Hemmstoffen des Androgenrezeptors, die in präklinischen Experimenten eine verstärkte Wirksamkeit zeigte.