Prostatakrebs: Neues KI-Modell zur Risikobeurteilung integriert Biopsie und Multi-Omics

Das KI-Modell aus Wien bezieht eine Vielzahl von Daten in die Risikobeurteilung ein. Grafik: NicoElNino – stock.adobe.com

Ein Forschungsteam der MedUni Wien (Österreich) hat mithilfe von maschinellem Lernen (ML) ein neues Verfahren entwickelt, um das Risiko einer Prostatakrebserkrankung zu beurteilen. Der Ansatz bezieht zahlreiche Parameter ein und hat sich gegenüber der alleinigen Beurteilung des Gleason-Grades anhand von Prostatabiopsien (bxGG) als überlegen erwiesen.

Ziel ist, jene Patienten identifizieren zu können, für die eine chirurgische Therapie die beste Option darstellt. Unnötige Eingriffe bei Patienten mit geringerem Risiko für eine Ausbreitung des Tumors könnten so vermieden werden, hoffen die Wissenschaftler. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal „Theranostics“ publiziert.

Das Forschungsteam um Lukas Kenner (Klinisches Institut für Pathologie der MedUni Wien), Jing Ning und Clemens Spielvogel (Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien) verfolgte im Rahmen der Studie das Ziel, ein neues ML-Modell zur präziseren Beurteilung des Tumors zu entwickeln. „Dazu haben wir die Multiomics-Technologie mit Anwendungen der künstlichen Intelligenz kombiniert“, betont Studienleiter Lukas Kenner den neuen Ansatz. Multiomics ist eine Methode in der medizinischen Forschung, bei der verschiedene „Omics“-Datenquellen wie genetische Informationen (Genomics), bildgebende Merkmale (Radiomics) und Ergebnisse aus pathologischen Untersuchungen (Pathomics) integriert werden. Diese in ein Modell künstlicher Intelligenz (KI) eingespeiste Vielzahl an Daten stammt von 146 Patienten, die sich zwischen Mai 2014 und April 2020 einer operativen Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) unterzogen haben.

Hochrisikopatienten erkennen

Durch die Kombination von Multiomics mit maschinellem Lernen ist ein KI-Modell entstanden, von dem sich die Forscher viel versprechen: „In unserer Studie konnten wir damit die Veränderungen in der Prostata wesentlich genauer und zuverlässiger einschätzen als mit der herkömmlichen Biopsiemethode und dem Gleason-Score“, berichtet Kenner.

Insgesamt testeten die Forscher fünf ML-Modelle. Davon schnitt das sogenannte Random-Forest-Modell (RF) in Bezug auf die Fläche unter der Kurve (AUC) am besten ab. Im Vergleich zur alleinigen bxGG-Bewertung war das RF-Modell in Bezug auf AUC (0,87 vs. 0,75), die Spezifität (0,72 vs. 0,61), den positiven Vorhersagewert (0,79 vs. 0,75) und die Genauigkeit (0,78 vs. 0,77) überlegen; es zeigte allerdings eine leicht verringerte Sensitivität (0,83 vs. 0,89) und einen etwas schlechteren negativen Vorhersagewert (0,80 vs. 0,81).

„Die Ergebnisse unserer Studie unterstreichen das Potenzial von maschinellem Lernen und Multiomics, die Diagnose und personalisierte Therapie von Prostatakrebs zu verbessern“, resümiert Kenner. Weitere Studien zur Überprüfung der Methode sind geplant, um die klinische Anwendung voranzutreiben.

(MedUni Wien / ms)