Proteotoxischer Stress blockiert T-Zellen und erschwert Krebsimmuntherapie

Warum die Krebsimmuntherapie versagt: US-Forschende bringen sie mit dem Zusammenbruch der Proteinqualitätskontrolle in Verbindung. (Bild: © freshidea – stock.adobe.com)

Warum T-Zellen in der Immuntherapie ihre Wirkung verlieren, war lange unklar. Forschende aus Ohio entdeckten nun, dass fehlgefaltete Proteine eine proteotoxische Stressreaktion auslösen, die T-Zellen in ihrer Funktion lähmt.

Forschende des Ohio State University Comprehensive Cancer Centers (OSUCCC – James) haben in einer präklinischen Studie einen bislang unbekannten Mechanismus der T-Zell-Erschöpfung identifiziert. Dieser kann die Effektivität von Krebsimmuntherapien beeinträchtigen. Für die Studie versuchten die Forscher die Frage zu beantworten: Warum sind T-Zellen manchmal „erschöpft“ und verlieren ihre Wirksamkeit? Die Ergebnisse, die in Nature veröffentlicht wurden, bieten neue Ansatzpunkte für die Optimierung immunonkologischer Therapien.

Neuer Stressmechanismus entdeckt

In ihrer präklinischen Studie deckten die Forschenden eine verborgene Schwachstelle erschöpfter T-Zellen auf: Sie werden von fehlgefalteten Proteinen überwältigt, die einen bisher unerkannten Stressweg auslösen, der TexPSR (proteotoxische Stressreaktion bei Erschöpfung von T-Zellen) genannt wird. Gewöhnliche Stressreaktionen verlangsamen die Proteinproduktion, um den Zellen dabei zu helfen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Im Gegensatz hierzu treibt TexPSR die Proteinsynthese auf Hochtouren. Das Ergebnis ist eine unablässige Ansammlung von fehlgefalteten Proteinen, Stressgranula und toxischen Aggregaten – vergleichbar mit Amyloid-Plaques bei neurodegenerativen Erkrankungen. Diese Überlastung vergiftet die T-Zellen und schwächt ihre Fähigkeit, Tumore anzugreifen. Nature Reviews Immunology beschrieb dieses Phänomen als „proteotoxischen Schock“.

Hemmung von TexPSR als Therapieansatz

Präklinische Modelle zeigten, dass die Hemmung zentraler TexPSR-Signalwege die Erschöpfung von T-Zellen teilweise umkehren und die Wirksamkeit von Krebsimmuntherapien verbessern kann. „T-Zell-Erschöpfung ist das größte Hindernis für die Krebsimmuntherapie. Unsere Studienergebnisse stellen eine überraschende und spannende Antwort auf dieses grundlegende Problem dar. Sie könnten von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung zukünftiger wissenschaftlicher Fortschritte auf dem Gebiet der technisch hergestellten Krebsmedikamententherapien sein, um das Immunsystem zu nutzen“, berichtet der leitende Studienautor Dr. Zihai Li. Er untersucht seit über drei Jahrzehnten den Zusammenhang zwischen Proteinfaltung und Immunität und betont: „Forscher auf der ganzen Welt bekämpfen die Erschöpfung von T-Zellen, indem sie Genetik, Epigenetik, Stoffwechsel und andere untersuchen. Die Rolle der Proteinqualitätskontrolle wurde aber weitgehend übersehen – bis jetzt.“

Klinische Relevanz bestätigt

Das US-Krebsforschungsteam stellte außerdem fest, dass hohe TexPSR-Werte in T-Zellen von Krebspatienten mit einem schlechten klinischen Ansprechen auf die Immuntherapie verbunden waren. Dies deutet darauf hin, dass die gezielte Behandlung von TexPSR eine neue Möglichkeit sein könnte, die Krebsbehandlung in Kliniken zu verbessern. „Wenn T-Zellen erschöpft sind, produzieren sie weiterhin molekulare Waffen, zerstören diese dann aber, bevor sie ihre Aufgabe erfüllen können“, erklärt Yi Wang, Erstautorin und Doktorandin in Lis Labor.

Die Ergebnisse des Teams zeigen, dass ein sich selbst verstärkender Proteinstress ein zentraler Faktor für die Erschöpfung der T-Zellen ist. Dieser Zyklus blockiert letztlich die Funktion der Immunzellen. Die Validierung des Mechanismus erfolgte in mehreren präklinischen und klinischen Modellen unterschiedlicher Krebsarten, darunter Lungen-, Blasen- und Leberkarzinome sowie Leukämien. Er unterstreicht die breite Relevanz der TexPSR-vermittelten T-Zell-Erschöpfung.

(BIERMANN/lj)