Prothesenlockerung frühzeitig erkennen26. September 2023 Besprechung des Messkonzeptes am Hüftmodell: Jan Lützelberger, Klaus Stefan Drese (beide Hochschule Coburg), Alexander Franck (Regiomed Coburg) (v.l.). (Foto: Katrin Schwuchow, Hochschule Coburg) Die Hochschule Coburg und Regiomed forschen gemeinsam an der Entwicklung einer Messtechnik, durch die eine Lockerung von Hüftprothesen im Frühstadium erkannt werden soll. Zukünftig soll es möglich sein, Veränderungen basierend auf einer Lockerung oder Entzündung von außen durch ein spezielles Ultraschallverfahren zu entdecken. Mit einer alternden Gesellschaft steigt auch die Zahl der Menschen, die endoprothetisch versorgt werden müssen, was wiederum langfristige Folgen für das Gesundheitssystem haben kann. „In mehr als zehn Prozent der Fälle kommt es innerhalb von 15 Jahren nach einer Hüftoperation zu einer Lockerung der implantierten Prothese“, sagt Dr. Alexander Franck, Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Regiomed Klinikum Coburg. Der Zeitpunkt der Erkennung spielt dem Experten zufolge eine entscheidende Rolle bei der Planung einer unter Umständen notwendigen erneuten Operation: Je früher eine Lockerung erkannt werde, desto geringer seien die Komplikationen im Falle eines Prothesenwechsels. „Das Vorliegen einer mechanischen oder einer aufgrund einer Infektion entstandenen Lockerung beeinflusst maßgeblich die Behandlung und Prognose”, erklärt Franck. Früherkennung ohne Eingriff Gerade im Frühstadium einer Lockerung könne diese mit konventionellen Diagnoseverfahren, wie beispielsweise einem normalen Röntgenbild, häufig nur schwer oder gar nicht erkannt werden. Auch problematisch sei die Unterscheidung zwischen mechanisch bedingter Prothesenlockerung und einer Lockerung, die durch Bakterien verursacht wird. „Für den Prothesenwechsel ist in diesem Fall ein wesentlich komplexeres Verfahren notwendig als im Fall einer mechanischen Lockerung“, sagt der Mediziner. Jan Lützelberger, der Technische Physik an der Hochschule Coburg studiert hat, forschte im Rahmen seiner Bachelorarbeit am Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) der Hochschule Coburg in enger Zusammenarbeit mit dem Mediziner an einem ultraschallbasierten Messverfahren zur Vermessung eines sehr dünnen Spaltes zwischen Knochen und einliegender Prothese. Basierend auf den erhobenen Messdaten erhofft sich das Team, zukünftig eine Aussage über eine frühzeitige Lockerung treffen zu können. Zusätzlich bietet das Verfahren prinzipiell die Möglichkeit, die Bildung eines Bakterienfilms auf der Prothese zu erkennen. „Das spezielle Ultraschall-Messverfahren, das wir am ISAT entwickelt haben, ist nichtinvasiv. Das heißt, dass im Optimalfall kein Gewebe verletzt werden muss und der Patient bei der Anwendung keine Schmerzen hat“, erklärt der Physikingenieur. Jan Lützelberger (l.) und Alexander Franck (Foto: Katrin Schwuchow, Hochschule Coburg) „Die Messmethode wurde an verschiedenen idealisierten Testsystemen, aber auch bereits an einem theoretischen (Echt-)Knochen-Implantat-System erfolgreich erprobt“, ergänzt Prof. Klaus Stefan Drese, Leiter des ISAT und Betreuer der Bachelorarbeit von Jan Lützelberger. Die nächsten Schritte Bis das Verfahren am Patienten zum Einsatz kommt, sind noch viele weitere Tests notwendig. „Der nächste Entwicklungsschritt besteht darin, die Technologie an einem realistischen Knochen-Implantat-System zu erproben und Vergleichsmessungen durchzuführen, damit die Genauigkeit der Ergebnisse bewertet werden kann“, so Lützelberger, der im Rahmen seiner Masterarbeit im Studiengang Simulation und Test die Weiterentwicklung der Sensorik anstrebt, zum weiteren Vorgehen. Bis zur klinischen Erprobung am menschlichen Körper werden wir sicher noch sehr viele Stunden im Labor stehen müssen“, kommentiert Drese. Dabei werde Franck das ISAT-Team mit seiner medizinischen Expertise bei dieser Forschung weiter intensiv unterstützen. „Mit Dr. Franck haben wir einen Fachmann an Bord, der mit großer Leidenschaft seine medizinische Expertise in die Entwicklung neuer Technologien zur orthopädischen Frühdiagnostik einbringt. Dadurch soll den oftmals betagten Patienten unnötiges Leiden erspart und ihre Lebensqualität verbessert werden”, so Drese. Die Kooperation zwischen der Hochschule und den Medizinern von Regiomed im Bereich der medizintechnischen Forschung wird durch die weitere Erforschung des ultraschallbasierten Messverfahrens kontinuierlich vertieft. Dies verspricht weitere Fortschritte in der Früherkennung und Behandlung von orthopädischen Erkrankungen, was letztendlich auch dem Wohlbefinden der Patienten in der Region zugutekommt. Die Forschungsaktivitäten wurden von der Technologieallianz Oberfranken (TAO) unterstützt. Die Ergebnisse der Bachelorarbeit wurden im Juni in der „Fachzeitschrift für Sensorik” veröffentlicht.
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