Psoriasis: Leitlinie integriert alle zugelassenen Systemtherapien

Ärztin untersucht Haut eines Patienten mit Psoriasis
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Die S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis wurde aktualisiert und beinhaltet nun auch die Medikamente Bimekizumab und Deucravacitinib. Zudem wurde die Interdisziplinarität verstärkt und weitere Fachgesellschaften eingebunden.

An Psoriasis vulgaris sind in Deutschland schätzungsweise über zwei Millionen Menschen erkrankt. Mittlerweile stehen 18 zugelassene Systemtherapien zur Verfügung. Bei Auswahl und Durchführung hilft die neue Leitlinie.

Schweregrad der Psoriasis und Therapieentscheidung

„Unverändert ist die Empfehlung, dass bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis eine Systemtherapie indiziert ist“, betont der Leitlinienkoordinator Prof. Alexander Nast, Leiter der Hochschulambulanz der Hautklinik an der Charité, Universitätsmedizin Berlin. Der Entscheidungskorridor wird in der „Übersicht der Therapieoptionen“ dargestellt und „rückt nun in der aktualisierten Fassung der Leitlinie die Möglichkeit einer Erstlinientherapie mit Biologika beziehungsweise mit den neuen zielgerichteten kleinen Molekülen weiter nach vorne“, so der Experte. Ein festes Ranking oder eine fixe Hierarchie einer einzelnen Therapie gegenüber den anderen findet sich nicht in der Leitlinie. Dafür stellt die Leitlinie die Vielzahl der bei der Therapieauswahl zu berücksichtigenden Aspekte dar und enthält Hilfestellungen zur Auswahl und Durchführung. Neben den „konventionellen“ Systemtherapien werden die Biologika und die sogenannten „kleinen Moleküle“ dargestellt, darunter die für die Psoriasis neu zugelassenen Wirkstoffe Bimekizumab sowie der Tyrosinkinase-2(TYK2)-Hemmer Deucravacitinib.

Als weitere Hilfe zur Therapieauswahl wurden neben der Einteilung in leichte bzw. mittelschwere bis schwere Psoriasis auch Kriterien für das Vorliegen einer „besonderen Schwere“ der Psoriasis definiert. Die Einschätzung hängt davon ab, wie viel Haut betroffen ist und wie die betroffene Person die Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität einschätzt. Die Leitlinie definiert eine besondere Schwere der Psoriasis, wenn ein PASI ≥20, wenn ein Dermatology Life Quality Index (DLQI) ≥15 vorliegt, wenn sich der Befund rasch verschlechtert und wenn Hände und/oder Füße, die Kopfhaut, das Gesicht, die Nägel oder der Genitalbereich schwer betroffen sind.

Überarbeitung der Anwendungshinweise zu Methotrexat

Die neue Leitlinie äußert sich zur Darreichungsform von Methotrexat (MTX, Gabe in Tabletten- oder Spritzenform). Insbesondere, wenn Dosierungen von über 15 mg gegeben werden oder das Risiko einer Überdosierung vermieden werden soll, wird die subkutane Zufuhr bevorzugt. Nach Einschätzung der Experten der Leitlinie besteht bei der Tablettenform von MTX eine höhere Gefahr einer Überdosierung, da Patientinnen und Patienten dazu neigen, Tabletten im Gegensatz zu den Spritzen mit größerer Wahrscheinlichkeit täglich, anstatt einmal wöchentlich einzunehmen.

Veränderungen gibt es auch beim Therapie-Monitoring bei MTX: weniger Laboruntersuchungen, Streichung der Röntgenthorax-Aufnahme vor Therapiebeginn, aber bei erhöhten Transaminasen Einschätzung einer möglichen Leberfibrose in interdisziplinärer Kooperation z.B. unter Berechnung des Fibrose-4-Index oder durch Einsatz der Elastographie (Ultraschalldarstellung der Gewebeelastizität).

Umgang mit latenter Tuberkulose

Tuberkulose ist laut Robert Koch-Institut von großer Relevanz für die öffentliche Gesundheit. Mit 4481 Tuberkulosefällen im Jahr 2023 zählt Deutschland zu den Niedrig-Inzidenzländern von unter 10/100.000 Einwohner/Jahr. Allerdings kann nur geschätzt werden, wie viele Menschen dagegen eine latente TB-Infektion haben. „Das Risiko der Reaktivierung einer latenten Tuberkulose wird durch Erkrankungen des Immunsystems und auch durch immunsupprimierende Medikamente erhöht“, erklärt Nast. Aus diesem Grund ist das Kapitel zum Umgang mit latenter Tuberkulose bei Einleitung einer Systemtherapie ein wesentlicher Teil der Aktualisierung, so Nast.

Nach Einführung der TNF-Inhibitoren (TNFi) kam es bei damals noch nicht vorgeschriebenem TB-Screening zum gehäuften Auftreten von komplexen und schwer verlaufenden Tuberkuloseerkrankungen, die zur Einführung eines Screenings vor diesen Therapien führte. Für alle danach entwickelten immunmodulatorischen Therapien wurden Personen mit latenter TB-Infektion in den Zulassungsstudien ausgeschlossen oder präventiv antituberkulös behandelt, wodurch die Einschätzung des Reaktivierungsrisikos deutlich erschwert wurde. Bisher wurde daher immer ein Screening mittels Interferon-Gamma-Release-Assays (IGRA) als auch mittels Röntgenthorax zum Ausschluss einer latenten TB-Infektion vor Therapiebeginn empfohlen. Die Durchführung eines IGRA wird auch in der neuen Leitlinie weiterhin empfohlen. Ein Röntgenthorax dagegen nur noch, wenn eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Tuberkulose besteht oder Faktoren vorliegen, die das Risiko eines falsch negativen IGRA-Tests erhöhen.

Bisher war die Einleitung einer präventiven antituberkulösen Therapie vor allen Biologikatherapien Standard, bei den konventionellen Therapien gab es dagegen keine so klaren Regeln und es zeigten sich unterschiedliche Vorgehensweisen in der Versorgung. Klar formuliert ist nun: „Eine präventive antituberkulöse Therapie aufgrund der Therapieeinleitung mit Acitretin, Apremilast, Ciclosporin, Dimethylfumarat oder MTX kann nicht empfohlen werden“, sagt Nast. „Es sei denn, es liegen andere Indikationen zur Einleitung einer präventiven antituberkulösen Therapie vor entsprechend der S2k-Leitlinie Tuberkulose im Erwachsenenalter“, ergänzt er.

Neu und bedeutsam ist die Abschwächung der Empfehlung zur präventiven antituberkulösen Therapie insbesondere bei den Interleukin-17 und Interleukin-23-Inhibitoren, wo es nun in der Empfehlung nur noch „kann erwogen werden“ heißt.

Virushepatitis und weitere schwierige Behandlungssituationen

Ebenfalls interdisziplinär wurde das Kapitel Virushepatitis überarbeitet und die Empfehlungen zur Testung und Therapieauswahl neu und klarer formuliert.

„Die Leitlinie gibt darüber hinaus Hilfestellung bei der Behandlung von Psoriasis-Erkrankten mit sonstiger Komorbidität: von entzündlichen Darmerkrankungen über Depression bis hin zu Nierenerkrankungen“, ergänzt Prof. Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal und Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit der DDG. „Die aktualisierte Leitlinie betrachtet überwiegend die Systemtherapien, da diese neben dem Effekt auf die Psoriasis selbst, sich auch günstig auf ein häufig assoziiertes metabolisches Syndrom auswirken können und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen senken könnten“, so die Expertin.

Bei dieser Leitlinie handelt es sich um eine Adaption der Euroguiderm Guideline on the systemic treatment of psoriasis von Nast A et al., deren finale Fassung auf der Webseite des European Dermatology Forum zur Verfügung steht. Die Evidenzgrundlage des Updates bildet die aktuelle Cochrane-Netzwerkmetaanalyse von Sbidian et al., deren aktualisierte Ergebnisse übernommen und ebenfalls dargestellt werden.