Psychische Probleme nach Trauma: Identifikation gefährdeter Personen mit neuartigem Screening-Instrument und Versorgungskonzept7. Dezember 2023 Ein neues Screening-Tool kann Traumapatienten mit einem hohen Risiko für spätere psychische Probleme identifizieren. Symbolfoto: ©Rido/stock.adobe.com Ein neuartiges Screening-Instrument hilft bei der Identifizierung von Traumapatienten im Krankenhaus, bei denen ein hohes Risiko für spätere psychische Probleme besteht. Die Implementation eines gestuften Versorgungskonzeptes ist förderlich, Traumapatienten der geeigneten Behandlung zuzuführen. Das ist das Ergebnis zweier kürzlich im „Journal of the American College of Surgeons“ (JACS) veröffentlichten Studien. „Frühe Reaktionen auf ein Trauma sagen nicht genau voraus, wer psychische Probleme entwickeln wird“, erklärt Dr. Eve Carlson, klinische Psychologin am National Center for PTSD und Hauptautorin einer der beiden veröffentlichten Studie, die die Entwicklung und anfängliche Durchführung eines neuartigen Risikoscreenings für psychische Erkrankungen bei Krankenhauspatienten beschreibt. Dr. David Spain, Unfallchirurg am Stanford Medical Center in Stanford, Kalifornien, der die Studie leitete, merkt an, dass „die bestehenden Screening-Instrumente für psychische Gesundheit ziemlich langwierig sind und nicht in großen Gruppen mit verschiedenen kulturellen oder ethnischen Untergruppen getestet wurden“. Screening auf Risiken für die psychische Gesundheit Carlson und Spain entwickelten gemeinsam ein Screening-Instrument für psychische Risiken, den Hospital Mental Health Risk Screen (HMHRS). Die Forscher untersuchten auch, ob der HMHRS für das Screening von Krankenhauspatienten mit akuten Erkrankungen nützlich wäre, da die Forscher in einer früheren Studie festgestellt hatten, dass unverletzte und verletzte Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt vergleichbare Raten an psychischen Problemen aufwiesen. Zwischen Juni 2018 und Januar 2021 untersuchten die Forscher 1320 erwachsene Patienten aus drei Notaufnahmen von Krankenhäusern, die auch Traumazentren der Stufe I waren. Nahezu 50 Prozent der hospitalisierten Patienten waren akut erkrankt, die übrigen hatten sich bei Autounfällen, Stürzen oder anderen Ursachen verletzt. In die Studie wurden Patienten aufgenommen, die einer oder mehreren von fünf kulturell-ethnischen Untergruppen angehörten: Weiße, Schwarze, Latinos, Asiaten, Menschen mit Wurzeln auf den Pazifischen Inseln oder die gemischten Bevölkerungsgruppen angehörten. Während des Krankenhausaufenthalts wurden Risikofaktoren für die psychische Gesundheit gemessen, und die Forscher führten Analysen durch, um die prädiktivsten Risikofaktoren zu ermitteln, Items zur Bewertung jedes Risikos auszuwählen und die wenigsten Items zu bestimmen, die zur Vorhersage von Symptomen der psychischen Gesundheit bei der Nachuntersuchung erforderlich sind. Zwei bis drei Monate nach der Krankenhausentlassung wurden die psychischen Symptome von 800 Patienten gemessen. Der Studie zufolge haben sowohl kranke als auch verletzte Patienten, die nach der Notfallversorgung ins Krankenhaus eingeliefert wurden, ein erhöhtes Risiko für spätere psychische Störungen. Die Forscher identifizierten zehn HMHRS-Screening-Items, die als schnelles Screening-Instrument das Risiko für die psychische Gesundheit prognostizierten. Bei den zehn Items handelt es sich um akute Symptome von Posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS; 4 Items), Depression und Angst, akute Dissoziation oder das Gefühl, von der Realität abgekoppelt zu sein, frühere psychische Gesundheitsprobleme, alltägliche Diskriminierungserfahrungen und erwarteter Lebensstress. Der 10-Item-HMHRS sagte 75 Prozent der Patienten, die später psychische Probleme hatten, und 71 Prozent der Patienten, die keine psychischen Probleme hatten, korrekt voraus. Die Vorhersagekraft war den Studienautoren zufolge insgesamt sehr gut und reichte von gut bis ausgezeichnet in den fünf ethnischen Untergruppen. Wenn die untersuchten Patienten wüssten, dass ihr Risiko für künftige psychische Probleme hoch ist, erläutert Spain, dann seien sie möglicherweise bereit, Präventivmaßnahmen zu ergreifen, und es sei weniger wahrscheinlich, dass sie psychiatrische Störungen entwickelten. Laut Carlson könnte ein routinemäßiges Screening psychischer Risiken die gesundheitliche Chancengleichheit erhöhen, indem historisch unterversorgte Patientengruppen die gleiche Versorgung erhalten wie privilegiertere Patienten. „Wir gehen auch davon aus, dass die Identifizierung von Patienten mit einem Risiko für psychische Probleme die Forschung im Bereich der präventiven psychiatrischen Versorgung fördern wird.“ Implementation eines gestuften Versorgungskonzeptes an drei US-Traumazentren Die Autoren einer anderen „JACS“-Publikation führten von Juli 2017 bis Juni 2020 eine krankenhausinterne Intervention mit der Bezeichnung Trauma Resilience and Recovery Program (TRRP) durch, um die psychischen Bedürfnisse von 475 erwachsenen Traumapatienten zu adressieren. Die Patienten stammten aus drei Traumazentren der Stufe I oder II. In ihrer Publikation berichten die Autoren von der unterschiedlichen Umsetzung und Implementierung des TRRP in den drei Zentren. Bei TRRP handele es sich um ein abgestuftes Versorgungskonzept, das darauf abziele, die Bedürfnisse der Patienten mit der geeigneten Versorgungsstufe in Einklang zu bringen, erklärt die leitende Studienautorin Dr. Tatiana Davidson, klinische Psychologin an der Medical University of South Carolina in Charleston, die das Programm entwickelt hat. In der ersten von vier Programmstufen wurden alle Patienten einem kurzen Screening auf das Risiko von PTBS und Depressionen unterzogen und im Krankenhaus über die psychische Genesung nach einem Trauma aufgeklärt. Im zweiten Schritt erhielten die Patienten, bei denen ein hohes Risiko festgestellt wurde, 30 Tage lang nach der Entlassung täglich eine Textnachricht, in der sie aufgefordert wurden, die Symptome ihrer psychischen Gesundheit selbst zu überwachen. Drittens wurden diese Patienten erneut auf PTBS- und Depressionssymptome gescreent- Patienten, die dabei schwere Symptome aufwiesen, wurden schließlich zu einer psychiatrischen Behandlung überwiesen. Die Initiative zur Qualitätsverbesserung habe gezeigt, dass TRRP praktisch umsetzbar sei und an die unterschiedlichen Bedürfnisse, Ressourcen und Patientengruppen der einzelnen Traumazentren angepasst werden könne, betont Davidson. Das Programm sei nachhaltig, weil alle Beteiligten bereits in den frühen Phasen der Umsetzung mitwirkten, fügt sie hinzu. „Wir wollen ein Genesungsprogramm, das Bestand hat, damit wir den psychischen Bedürfnissen all dieser Patienten gerecht werden können, die sonst vielleicht keine psychische Behandlung erhalten würden.“ (ah)
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