Psychotherapieverbände: Vorschläge des GKV-Spitzenverbandes gehen an der Versorgungsrealität vorbei

Der Bedarf an Psychotherapie ist hoch, die Zahl der Therapieplätze hingegen beschränkt. (Foto: © WavebreakMediaMicro – stock.adobe.com)

Um die psychotherapeutische Versorgung zu verbessern, hat der GKV-Spitzenverband unter anderem eine Meldepflicht freier Therapieplätze an die Terminservicestellen gefordert. Für die Psychotherapieverbände* in Deutschland gehen diese Forderungen an der Realität vorbei.

Angesichts der Ressourcenknappheit im Gesundheitswesen sei eine effiziente Steuerung der psychotherapeutischen Versorgung im Sinne einer bestmöglichen Patientenversorgung tatsächlich unumgänglich, erklärten mehrere Psychotherapieverbände in einer gemeinsamen Mitteilung. Bestehende Versorgungslücken müssten geschlossen und vorhandene personelle und finanzielle Ressourcen und Mittel sinnvoll eingesetzt und verteilt werden. Dafür brauche es aber eine „Orientierung an aktuellen Zahlen und Augenmaß“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Die Verbände weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die im Jahr 2017 eingeführte „Psychotherapeutische Sprechstunde“ bereits ein effizientes Steuerungsinstrument sei, mit dem Bedarfe und Indikationen ermittelt und Versorgungsoptionen für rat- und therapiesuchende gesetzlich Versicherte eröffnet würden. 

Allerdings weise die psychotherapeutische Versorgung in strukturschwachen Regionen und dem Ruhrgebiet große Lücken auf, wie Wartezeiten-Studien belegten. Dieses Problem könne auch eine laut Verbände bereits stattfindende Information zu freien Therapieplätzen nicht lösen. „Hier sowie in vielen weiteren Bereichen besteht ein dringender an der aktuellen Versorgungssituation ausgerichteten Steuerungsbedarf. Eine weitere Verknappung der Kassenpraxen kann das nicht sein“, erklärten die Psychotherapieverbände.

Rechnerische Überversorgung, faktische Unterversorgung

Sie kritisieren die Forderung des GKV-Spitzenverbandes nach einer Begrenzung bei den Aus- und Weiterbildungskapazitäten im Bereich der ambulanten Psychotherapie. Die Begründung des GKV-Spitzenverbandes eines grundsätzlichen Anstiegs der Anzahl der Psychotherapeuten greife zu kurz und gebe die Realität nicht wieder, da viele Therapeuten auf halben Kassensitzen arbeiteten. Auch die Altersstruktur der Berufsgruppe bleibe bei den Forderungen des GKV-Spitzenverbandes unberücksichtigt, kritisieren die Verbände. „Eine Senkung von Psychotherapiekosten über die Reduzierung der Zahl an Vertragspsychotherapeut*innen, wie vom GKV-Spitzenverband gefordert, ist kurzsichtig. Eine Begrenzung der Zulassungen ist bereits in der Bedarfsplanungs-Richtlinie geregelt. Hier besteht tatsächlich dringender Reformbedarf, da vielerorts eine rechnerische Überversorgung bei faktischer Unterversorgung und gleichzeitig langen Wartezeiten besteht“, erklärten die Psychotherapieverbände.

Darüber hinaus sehen sie die Finanzierung der Weiterbildung und die Bezahlung von Psychotherapeuten durch die Vorschläge des GKV-Spitzenverbandes in Gefahr.

„Wir als psychotherapeutische Verbände setzen uns für eine gute Versorgung von psychisch kranken Menschen ein und sind uns unserer Verantwortung im individuellen Prozess sowie im gesellschaftlichen Kontext bewusst. Es liegen bereits konkrete und sinnvolle Vorschläge vor, wie psychotherapeutische Versorgung effizient gestaltet werden kann. Den Zugang zum Beruf zu erschweren und die psychotherapeutischen Leistungen insgesamt künstlich zu verknappen, gehören nicht dazu!“, erklärten die Psychotherapieverbände abschließend.

* Beteiligte Psychotherapieverbände:
bkj: Bundesverband für Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie e.V.
DGAP: Deutsche Gesellschaft für Analytische Psychologie e.V.
DGPT: Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie e.V.
DPGG: Deutsche Psychologische Gesellschaft für Gesprächspsychotherapie e.V.
DGVT-BV: Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie – Berufsverband Psychosoziale Berufe (DGVT-BV) e.V.
VPP im BDP: Verband Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im BDP e.V.